Die letzte Reifung
Beste vom Besten. Vesnin ist nun der bedeutendste Käser dieser Tradition im Burgund. Jetzt muss ich mich aber entschuldigen, die Küche ruft. Vorher bekommst du natürlich einen Käseteller, Rugbyspieler-Größe!« Er zwinkerte.
Der Koch rief den Kellner herbei, damit er für den exotischen Gast etwas zusammenstellte. Für Pits Geschmack fehlte Fleisch auf dem Teller, aber ansonsten war es sehr lecker.
Doch plötzlich fühlte er sich nicht mehr wohl.
Eigentlich war Pit davon ausgegangen, dass er mehrere Mägen besaß. So wie eine Kuh. Einen für Fleisch, noch einen für Fleisch, einen für Alkoholika, einen für Sättigungsbeilagen, einen für Süßes – sowie einen verkümmerten für Obst und Gemüse. Und dass es dadurch schlicht unmöglich war, dass sein Verdauungssystem versagte.
Zumindest war ihm Derartiges nie zuvor passiert.
Als Pits Gesicht einen leicht grünlichen und an der Nasenspitze ockerfarbenen Ton annahm, rief der Oberkellner panisch den Notarzt.
Kurze Zeit später durchsuchte eine Schwester im Krankenhaus von Dijon Pits Sakko, um Namen und Adresse des Bewusstlosen zu erfassen. Sie fand jedoch nur einen kleinen handgeschriebenen Zettel. »Letzte Warnung!« stand darauf. Auf Deutsch, sehr krakelig geschrieben. Da sie kein Deutsch konnte und eine ordentliche Person war, warf sie ihn fort.
Es würde schon nichts Wichtiges sein.
KAPITEL 3
Die Schönheit der Charolais-Rinder
Im Traum sah Jan eine Horde kleiner Zwerge mit Zipfelmützen durch sein Haus in Meursault jagen. Als er die Augen öffnete, kam jedoch nur ein hechelnder Benno von Saber auf ihn zugetrabt. Ohne Zipfelmütze, dafür mit irrem Blick. Er bellte auf. Wie konnte aus einem so kleinen Hund ein solcher Lärm dringen? Jan drückte seinen Kopf ins Kissen. Vielleicht lag es auch an der Flasche Wein, die er gestern allein gelehrt hatte, weil seine beiden Untermieter nicht zur Nachtruhe erschienen waren. Ohne etwas zu sagen.
Sollten sie doch bleiben, wo der Pfeffer wuchs!
Was seines Wissens nach Indien war.
Doch Benno von Saber, der sich nun wild im Kreis drehte, um seinen eigenen Stummelschwanz zu jagen, ließ ihn unruhig werden. Es sah dem guten Adalbert so gar nicht ähnlich, seinen vierbeinigen Gefährten allein zu lassen. Als Jan ihm über den Kopf strubbelte, sauste er davon in den nächsten Raum, und so ging es bis auf den Speicher. Doch kein Bietigheim. Und auch kein Pit.
Jan beschloss, erst einmal zu frühstücken und seinem Hirn lebenswichtige Vitamine in Form eines Croissants und einer Tasse schwarzen Kaffees zuzuführen. Also hieß es einkaufen. Auf dem Dorfplatz fand sich nur François, der örtliche Säufer, mit der schätzungsweise vierten Flasche Bier in der Hand. Er verschenkte morgens keine Zeit, um auf Touren zu kommen.
Die Verkäuferin im kleinen Supermarkt bedachte Jan mit einem kurzen Lächeln, und er spürte Wärme durch seinen Körper fließen. Er lächelte viel zu charmant zurück, was ihm im selben Moment peinlich war. Mein Gott, wenn ihn schon ein einfaches Lächeln aus dem Konzept brachte, wie sollte er da jemals wieder einen Kuss überleben? Er beschloss, aus dem Kaffee einen doppelten zu machen, und trug seine Einkäufe zurück in die Höhle, wo ihn Benno bereits im Flur erwartete. Jan hob den Terrier auf den Arm und trug ihn in die Küche, wo er ihm etwas Thunfisch auf ein Tellerchen löffelte. Dann stellte er das Radio an, setzte den Kaffee auf, betrachtete ihn versonnen beim Durchlaufen und lehnte sich mit der gefüllten Tasse im Stuhl zurück. Die Lokalnachrichten begannen gerade. Gut, denn die Kraft zum Zeitunglesen war ihm noch nicht in die Glieder geflossen. Es reichte gerade, um ins Croissant zu beißen.
»Die Lebensmittelfirma Frombel hat Interesse an der Käserei Epoigey der kürzlich verstorbenen Elisabeth Poincaré bekundet. Die Übernahme müsse schnell realisiert werden, so ein Sprecher des Unternehmens, damit die für die Qualität des Käses wichtigen Mikroorganismen nicht verloren gehen.«
Hätte Jan nicht übermenschliche Selbstkontrolle bewiesen, wäre ihm der heiße Kaffee durch die Nase herausgespritzt. Das musste er unbedingt Adalbert erzählen! Die Leiche der armen Madame Poincaré war noch nicht einmal kalt, da nagten schon die Geier an ihr.
Und wenn er sich nicht täuschte, nagte Benno gerade an seinem Schuh. Das Verschwinden seines Herrchens brachte ihn anscheinend um den Verstand.
Einen normalen Menschen hätte Jan einfach auf dem Handy anklingeln können. Aber es handelte
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