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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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herunter, und die Zuschauer starrten sie an. Grace wartete nicht auf eine weitere Reaktion. Sie drehte sich um und ging weg, wobei sie eine gewaltige Zielstrebigkeit vortäuschte. Erst als sie stehenblieb, wurde ihr bewußt, daß sie am ganzen Leib zitterte.
    »Etwas zu trinken, Mylady?«
    Der Sprecher war ein großer, eleganter Mann in einem perlgrauen Wams. Den silbergrauen Schläfen und den tiefen Linien um den Mund nach zu urteilen, mußte er um die Vierzig sein. Eine dünne Narbe zog sich die rechte Wange hinunter, aber der Effekt war eher eindrucksvoll als schmälernd. Er stützte sie mit einer starken Hand. Sie akzeptierte den Pokal und trank. Ihre Begegnung mit den Adligen von Boreas' Hof und mit Lord Olstin war eine größere Zerreißprobe als gedacht gewesen.
    »Danke«, sagte sie schließlich.
    Er lächelte und nahm den leeren Pokal entgegen. »Das habt Ihr geschickt gemacht, Mylady. Woher habt Ihr gewußt, daß Olstin ein Trunkenbold ist? Zwar wissen das einige von uns, trotzdem gibt er sich große Mühe, es geheimzuhalten, selbst vor seinem Lehnsherrn.«
    »Seine Augen«, sagte Grace. »Das Weiße ist gelblich verfärbt. Das hat mir verraten, daß seine Leber nicht richtig funktioniert. Die kaputten Adern auf seiner Nase sind ein weiteres Zeichen. Das waren genug Hinweise für mich, zusammen mit den schlechten Zähnen – Wein ist säurehaltig, und so kam ich darauf, was sein bevorzugter Zeitvertreib ist.«
    »Ihr wißt viel, Mylady.«
    »Eigentlich nicht. Aber ich sehe so etwas ständig in der …« Sie unterbrach sich rechtzeitig. »Ich habe es schon zuvor gesehen.«
    Der Mann verbeugte sich tief, um ihr seinen Beifall zu bezeugen. Grace fühlte Wärme in ihren Wangen aufsteigen – der Wein mußte stärker als gedacht sein. Der Fremde bot ihr seinen Arm, und sie spazierten gemeinsam durch den Saal.
    »Lord Olstin ist ein Prahlhans und Narr«, sagte ihr Begleiter. »Natürlich ist er ein Brelegonder, und es hat fast den Anschein, als müßten sie das sein, wenn sie dazugehören wollen. Dennoch spricht er einige Befürchtungen laut aus, die andere von uns teilen.«
    »Befürchtungen?« Grace versuchte die Frage natürlich klingen zu lassen.
    »Ich möchte Euch nicht in eine unangenehme Position zu Eurem Gastgeber bringen, Mylady.«
    »Er ist im Moment auch Euer Gastgeber, Mylord«, machte Grace ihn aufmerksam.
    Er lachte, ein volltönender Laut, der in Graces Brust widerhallte.
    »Treffend gesprochen, Mylady. Also gut. Es ist einfach so, daß keiner die genauen Gründe kennt, aus denen Boreas den Rat der Könige einberief. Die Einladung, die er in die anderen Domänen schickte, war alles andere als hilfreich. Meine Königin hat das sehr … beunruhigt.«
    Grace kam der Verdacht, daß das ein wesentlich milderer Ausdruck war, als er selbst gewählt hätte. »Hätte sie … also Eure Königin … die Einladung nicht einfach ablehnen können?«
    »Nein, Mylady. Mit der Einberufung der Ratsversammlung ist viel Brauchtum und Geschichte verbunden. Selbst Boreas, der nun mal schnell in Wut gerät und handelt, würde den Rat nicht ohne guten Grund einberufen. Und die Weigerung einer Domäne, hier zu erscheinen, wäre ein kriegerischer Akt.«
    Grace dachte über das Gehörte nach. Irgendwie schien es wichtig zu sein, obwohl sie nicht zu sagen vermocht hätte, warum das so war.
    Mit einer energischen Bewegung befreite er sich von ihrem Arm. »Ich muß mich verabschieden, Mylady. Ich muß heute abend noch mit anderen sprechen. Obwohl, wie ich fürchte, keiner davon auch nur annähernd so charmant wie Ihr sein dürfte. Ich verlasse mich darauf, daß wir uns wiedersehen.«
    Grace öffnete den Mund, um darauf etwas zu erwidern, brachte aber keinen Ton hervor, was möglicherweise gar nicht so schlimm war. Er machte eine anmutige Verbeugung und setzte sich in Bewegung.
    Panik ergriff von ihr Besitz. »Wartet! Ich habe vergessen, Euch nach Eurem Namen zu fragen.«
    Weiße Zähne blitzten auf. »Logren von Eredane.« Dann war er auch schon in der Menge verschwunden.
    Vielleicht war es der Wein oder möglicherweise auch ihr kleiner Sieg über Lord Olstin, aber plötzlich fühlte sich Grace richtig mutig.
    Sobald sie Zeit zum Nachdenken hatte, fiel ihr auch wieder ein, wer Logren war. Aryn hatte seinen Namen zusammen mit denen der anderen Repräsentanten erwähnt. Logren war der Erste Berater Königin Emindas von Eredane. Es war eine glückliche Begegnung gewesen. Oder war sie gar nicht zufällig erfolgt? Grace ging

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