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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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als am Rat teilzunehmen. Logren sagte mir, daß die Weigerung einen …«
    Plötzlich ging ihr ein Licht auf. Sie sah Durge an.
    »… einen kriegerischen Akt darstellt«, vollendete er ihren Satz.
    Sie nickte. Der Gedanke war so beunruhigend, daß sie ihn fast nicht weiterdenken wollte. Was war, wenn Boreas gehofft hatte, eine der anderen Domänen würde nicht zum Rat erscheinen?
    Durge strich sich die herabhängenden Schnurrbartenden. »Ich kann nicht behaupten, daß ich viel über die Tätigkeit eines Spions weiß. Ich nehme jedoch an, daß die erste Regel darin besteht, jedermann mit Mißtrauen zu begegnen. Das schließt mich natürlich ein.« Er runzelte die Stirn. »Was wohl bedeutet, daß Ihr nicht auf meinen Rat hören solltet.«
    Grace schüttelte den Kopf. »Nein, er ist gut. Euer Rat, meine ich. Ihr habt recht – wenn ich heute abend eins gelernt habe, dann die Tatsache, daß ich keinem vertrauen kann.« Nicht einmal König Boreas, fügte sie in Gedanken hinzu.
    »Ihr sagt also, ich sei Euch eine Hilfe gewesen, Mylady?«
    Sie berührte seine Hand. »Ja, das wart Ihr.«
    Das Bankett ging seinem Ende entgegen, und Grace ertappte sich dabei, daß sie gähnen mußte. Die Geräusche der Unterhaltungen wurde in ihren Ohren zu einem leisen Summen, und der Qualmgeruch machte sie benommen. Sie trank langsam ihren Wein und sah geistesabwesend auf einen Stapel Immergrünzweige in einer Ecke.
    Das Immergrün erwiderte ihren Blick.
    Grace setzte sich kerzengerade hin. Dort, inmitten der ineinander verkeilten Zweige, blickten sie haselnußbraune Augen direkt an. Etwas bewegte sich und erschütterte die Zweige. Für einen kurzen Moment sah sie ein rundes, bärtiges Gesicht und kleine Hände. Aber das war nicht einmal das Seltsamste daran. Gesicht, Hände und Bart waren so grün wie die Sträuße.
    Grace drehte sich um und ergriff Durges Arm. »Seht doch!« flüsterte sie. »Da drüben in der Ecke!«
    Aber bereits in dem Moment, in dem sie sich wieder zurückdrehte, wußte sie, daß es weg war. Die Zweige lagen unbewegt da.
    »Ich kann nichts sehen, Mylady.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, daß er da war. Ein kleiner Mann mit braunen Augen und grüner Haut …«
    Noch während sie es aussprach, erkannte sie, wie absurd das klingen mußte.
    »Vielleicht war es ja der Wein«, sagte Durge.
    Grace seufzte und hielt sich den Magen. »Vielleicht waren es die Finessen.«
    Was nun auch der Grund war, sie beschloß, den Abend zu beenden. Sie verabschiedete sich von Durge, wünschte dem König eine gute Nacht und fand einen Pagen, der bereit war, sie zu ihrem Gemach zurückzubringen.
    Und die ganze Nacht lang träumte sie von Finessen, die wie kleine grüne Männer geformt waren.

50
    Am Tag nach dem Feuer auf dem Gut des verrückten Lords erhielt Travis seine erste Lektion in Runenzauberei.
    Sie ließen den Flammenschein des brennenden Herrenhauses weit hinter sich und ritten die Nacht durch. Kurz nach Sonnenaufgang und von der Zerreißprobe erschöpft entschied Falken, eine Rast einzulegen, aber dann kam Beltan von seinem Spähtrupp zurück. Der große Ritter hatte eine Prozession aus mit Kutten bekleideten Männern und Frauen gesehen, die sich dem Königinnenpfad näherten. Die anderen tauschten erschrockene Blicke aus. Vielleicht waren die Anhänger des Rabenkultes zufällig auf der Straße. Aber vielleicht auch nicht – denn Travis hatte den anderen von dem glühenden Brandeisen erzählt, mit dem Sebaris seine Stirn hatte zeichnen wollen. Die vier Reisenden verbargen sich in einem dichten Gebüsch am Straßenrand und beobachteten, wie die Kultangehörigen vorbeizogen. Einige trugen mit schwarzen Federn verzierte Stäbe, und sie alle hatten das Zeichen des Raben mit Asche auf die Stirn gezeichnet.
    Als der Weg frei war, verließen sie ihr Versteck, dann ritten sie den ganzen Morgen bis weit in den Nachmittag hinein weiter nach Süden. Schließlich kamen sie zu einem Talathrin, der zur Hälfte verborgen in einer Senke neben der Straße lag. Der kühle Geruch nach Alasai war Balsam für ihre vom Feuer in Mitleidenschaft gezogenen Lungen.
    »Hier wird uns kein Rabenpriester stören«, sagte Melia.
    Travis wußte nicht genau, ob dieser Behauptung die dem Wegkreis innewohnende Gutartigkeit zugrunde lag oder etwas, das die Frau mit den Bernsteinaugen selbst arrangiert hatte. Auf jeden Fall ließ seine Furcht nach, als sie abstiegen und den Kreis der Bäume betraten.
    Sie errichteten ihr Lager und aßen

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