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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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drückte der Kaufmann sie gegen die Mauer. Im nächsten schrie er. Er taumelte von ihr fort und schlug auf die Flammen ein, die vom Rücken seines Wamses aufstiegen.
    Jetzt blieben die Leute stehen und starrten sie an. Der Kaufmann fiel in den Schlamm und zerrte mit blasenübersäten Händen an seinem lodernden Wams. Die Menge kreiste ihn ein, doch Grace konnte nicht sagen, ob sie ihm helfen oder nur zusehen wollte. Sie schob sich seitwärts an der Mauer entlang, drehte sich um und floh über den Hof.
    Ein smaragdgrünes Aufblitzen ließ sie stehenbleiben.
    »Lady Grace, alles in Ordnung?«
    Die Welt drehte sich. Nur mit reiner Willenskraft schaffte sie es, nicht in den Dreck zu stürzen. Sie biß die Zähne zusammen und zwang die Dinge zurück in die richtige Perspektive.
    »Ja, mir geht es gut. Danke, Lady Kyrene.«
    »Ihre Majestät sucht nach einem Ballen Stoff für ein neues Gewand«, sagte Kyrene überheblich. »Sie bat mich, ihr zu helfen. Und warum seid Ihr heute auf dem Markt, Lady Grace?«
    »Ich …« Grace warf einen Blick über die Schulter. Die Menge hatte sich bereits zerstreut, von dem Kaufmann fehlte jede Spur. Vielleicht war er davongestolpert, vielleicht hatten die anderen ihn auch weggetragen. »Ich wollte bloß einen Spaziergang machen, das ist alles.«
    Die Gräfin von Selesia entblößte die kleinen weißen Zähne zu einem Lächeln. »Wirklich? So wie letztens? Ich hatte leider keine Möglichkeit, Euch zu sagen, wie schön es doch war, Euch zu sehen, meine Liebe.«
    Trotz ihres verwirrten Zustands hatte Grace ihre Sinne genügend beieinander, um bei diesen Worten zusammenzuzucken. Sie suchte nach einer Erwiderung, brachte aber nur ein Stottern zustande. Dann ertönte eine andere Stimme.
    »Betreibt hier keine Konversation, Lady Kyrene. Seht Ihr nicht, daß unsere Schwester erschöpft ist?«
    Erst die helle Stimme machte Grace klar, daß Kyrene in Begleitung war. Sie war groß, so groß wie Grace, und in Blaugrau gekleidet. Juwelen funkelten in ihrem Haar. Was hatte Kyrene gesagt? Ihre Majestät …
    »Königin Ivalaine!« Eilig machte Grace Anstalten, einen Hofknicks zu machen.
    »Bitte, Schwester. Erhebt Euch.«
    Schwester. Der Händler, der versucht hatte, sie … Der Händler hatte dasselbe Wort benutzt. Aber aus dem Mund der Königin klang es so anders. Nicht spöttisch, sondern warm und geheimnisvoll und einladend. Grace blickte in die eisfarbenen Augen. Die Schönheit dieser Frau raubte ihr die Furcht.
    »Vielen Dank, Euer Majestät.«
    Jetzt erkannte sie, daß sie recht gehabt hatte – Frauen von Adel wagten sich nicht ohne Eskorte auf den Unteren Burghof. Hinter der Königin standen mehrere Uniformierte sowie eine rothaarige Frau. Sie war pummelig und hübsch; ihr Gesicht zeichnete sich durch feine, weise Züge aus. Grace erkannte sie, sie gehörte zum Gefolge der Königin. Ihr Name war Tressa, und sie war Ivalaines erste Hofdame und, Aryn zufolge, ihre engste Beraterin.
    »Sagt, Lady Grace, ist Euch etwas Böses zugestoßen?«
    Grace erstarrte. Wie bei einem verwundeten Tier war ihr erster Instinkt, ihre Verletzung zu verbergen, sie an einem dunklen und privaten Ort zu heilen. Erzählte man es jemandem, wie konnte man dann jemals so tun, als wäre es nie geschehen? Aber etwas an der Stimme der Königin beruhigte sie.
    »Da war ein Händler, der Kuchen verkaufte … ich aß einen, hatte aber kein Geld … er war wütend und versuchte … er wollte mich festhalten, aber … ein Funken aus dem Ofen muß auf ihm gelandet sein … sein Wams fing Feuer und …«
    In die Augen der Königin trat ein harter Ausdruck, und sie nickte, als würde sie bedeutend mehr verstehen, als Graces zusammenhanglose Worte allein verraten hatten.
    »Macht Euch keine Sorgen, Schwester«, sagte Ivalaine. »Wenn die Flammen ihn nicht verzehrt haben, dann wird man ein anderes Ende für ihn finden. Dafür sorge ich.«
    Die Königin sprach die Worte in einem kühlen Tonfall – nicht wütend, auch nicht rachsüchtig, sondern ganz nüchtern. Sie nickte einem der bewaffneten Wächter fast unmerklich zu. Der verbeugte sich und bahnte sich entschlossen einen Weg durch die Menge. Grace erschauderte. Sie hatte nicht den geringsten Zweifel, daß der Wille der Königin ausgeführt werden würde.
    Sie befeuchtete sich die Lippen. »Sollten wir nicht König Boreas berichten, was geschehen ist? Schließlich ist das sein Schloß.«
    »Aber meine Liebe, wir sind Frauen«, sagte Kyrene schnurrend. »Es ist unnötig,

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