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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Maus mit den Schnurrbarthaaren, ohne daß Ihr darüber Bescheid wißt. Ich bezweifle, daß Ihr genau in diesem Augenblick zufällig durch diesen ganz bestimmten Korridor spaziert.«
    Kyrenes volle Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Eine kätzchenrosa Zunge fuhr über kleine, milchweiße Zähne. »Oh, Ihr seid aber ein schlaues kleines Ding, nicht wahr?« Die Bemerkung war nicht als Kompliment gedacht. Der Blick der Lady – grün, kühl und mit einem Hauch von Neugier – wanderte zu Grace und nahm jede Einzelheit auf. »Und wer begleitet Euch auf Eurem wichtigen Botengang?«
    »Bitte erwartet doch nicht von mir zu glauben, daß Ihr das nicht schon längst wißt.«
    Kyrenes Miene zeigte einen Hauch Verärgerung. »Was seid Ihr doch für ein wildes Ding, Lady Aryn. Fehlen Euch die nötigen Manieren, um mich dem neuesten Gast am Hof so vorzustellen, wie es sich gehört?« Sie schüttelte den Kopf und seufzte. »Aber es ist gemein von mir, Euch zu schelten. Das ist kaum Euer Fehler, wurdet Ihr doch von diesem ungeschlachten Bullen von König erzogen, und das ohne den Beistand des besänftigenden Einflusses einer Frau. Ihr müßt mir verzeihen, meine Liebe.«
    Aryn knirschte mit den Zähnen. »Oh, denkt Euch nichts dabei.« Sie holte tief Luft. »Kyrene, das ist die Lady Grace von Beckett. Grace, erlaubt mir, Euch der Lady Kyrene vorzustellen. Kyrene ist die Gräfin von Selesia im Süden Calavans.«
    Grace hatte nicht die geringste Idee, was sie erwidern sollte. Sie beschränkte sich auf ein »Erfreut, Euch kennenzulernen«.
    »Aber natürlich seid Ihr das, meine Liebe«, sagte die Gräfin. In ihrem trägen Blick flackerte Interesse auf. »Es ist ziemlich ungewöhnlich, daß eine reisende Lady so bald nach ihrem Eintreffen zum König zitiert wird, findet Ihr nicht auch? Wißt Ihr, was er von Euch will?«
    Grace schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, ich kann Euch darauf keine Antwort geben.«
    Kyrene kniff die Augen zusammen. »Wie ich sehe, spielt man in Eurem Beckett das Hofspiel genauso geschickt wie hier auf Calavere. Das werde ich mir merken müssen.«
    Was hatte das denn nun schon wieder zu bedeuten? Grace versuchte kein Spiel zu spielen, sie war einfach nur ehrlich. Trotzdem betrachtete die Gräfin sie mit … ja, mit was? Faszination? Verachtung? Mißtrauen?
    Kyrene wandte sich Aryn zu. »Ich muß weiter, meine Liebe.« Sie nickte Grace zu. »Ich wünsche Euch viel Glück bei Eurer Audienz mit dem König, Mylady. Aber ich werde nicht Lebewohl sagen. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir uns wiedersehen.«
    Grace war sich nicht sicher, ob das nun eine Drohung oder ein Versprechen war. Gräfin Kyrene schob sich mit raschelndem Gewand an ihnen vorbei, schwebte den Korridor entlang und war verschwunden.
    Aryns Miene verriet zu gleichen Teilen Entsetzen und Bewunderung. »Sie hat absolut kein Schamgefühl.«
    »Dafür ist in diesem Kleid auch kein Platz«, sagte Grace.
    Aryn biß sich auf die Lippe. »Ich bin eine Baronesse und sie nur eine Gräfin, aber irgendwie gelingt es ihr jedesmal, daß ich mich fühle, als sei ich eine Dienstmagd und sie eine Königin.« Sie schüttelte gedankenverloren den Kopf, dann stieß sie einen leisen Aufschrei aus. »König Boreas!« Voller Panik ergriff sie Graces Ellbogen. »Wir müssen uns beeilen!«
    »Was wird der König tun, wenn wir uns verspäten?«
    »Das willst du nicht wissen.«
    Grace brauchte keinen weiteren Ansporn. Mit dem Wächter im Schlepptau eilten sie den Korridor entlang tiefer ins Herz von Calavere.
    Sie betraten einen Seitengang und blieben vor einer breiten Tür stehen. In das Holz war ein verschnörkeltes, mit silbernen Einlegearbeiten versehenes Wappen eingraviert worden: Unter einer neunzackigen Krone kreuzten sich zwei Schwerter.
    Der Wächter, der sie begleitet hatte, räusperte sich und sprach Grace an. »Der König erwartet Euch, Mylady. Ihr dürft sofort eintreten.« Der Mann klopfte an der Tür, öffnete sie und hielt sie Grace auf. Dahinter flackerte ein roter Lichtschein.
    Aryn drückte Graces Hand warmherzig. »Viel Glück. Und versuche dich an das zu erinnern, was ich dir gesagt habe.«
    Blankes Entsetzen übermannte Grace. »Aber kommst du denn nicht mit?«
    Die Baronesse schüttelte den Kopf. »Dich will man sehen, Grace, nicht mich. Aber ich weiß, du wirst es genau richtig machen.« Das Funkeln in ihren saphirblauen Augen war nicht mehr ganz so zuversichtlich wie zuvor. »Möge Yrsaias Stärke mit dir sein.« Und Aryn zog die Hand

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