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Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige

Titel: Die letzte Rune 02 - Der fahle Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Artefakts von Malachor neben ihr schwebte das Eisenherz, das sich noch vor wenigen Augenblicken in Logrens Brust befunden hätte. Grace nahm die Worte, die über einem Faden der Weltenkraft vibrierten, wie aus weiter Ferne und doch klar wahr.
    Woher hast du das gewußt?
    Später, Aryn. Ich erkläre alles später.
    Die Bedrohung durch die Feydrim hatte aufgehört, aber Grace verspürte eine neue Angst und trat vom Rand des Podiums weg. Ein anderer benötigte dringend ihre Aufmerksamkeit. Die Herrscher und Berater warfen erstaunte Blicke in ihre Richtung, aber sie ignorierte sie. Sie ging zu der Gestalt in Rauchgrau, die verkrümmt an der Wand hockte.
    »Durge«, flüsterte sie, als sie neben ihm niederkniete.
    Der Kopf des Ritters war nach vorn gebeugt, sein braunes Haar und der Schnurrbart waren blutverkrustet. Zahllose Risse in der Kleidung zeigten Schnittwunden. Seine Hand lag still – schrecklich still – auf dem Griff seines Breitschwerts.
    Grace wollte ihn untersuchen, verharrte dann aber. Was sollte sie tun? In ihrem Hals bildete sich ein Kloß, ihre Augen brannten so sehr, daß sie ihn kaum noch erkennen konnte.
    Was soll ich bloß tun?
    Sie konnte es nicht verstehen. Sie behandelte die Verletzten und Gebrochenen immer mit kühler Effizienz. Aber jetzt war ihre Hand wie erstarrt, ihr Kopf leer.
    Dann erkannte sie den Grund. Nie zuvor war die verletzte Person vor ihr ein Freund gewesen.
    Sei Ärztin, Grace. Du bist seine Freundin, aber wenn er eine Chance haben soll, mußt du jetzt Ärztin sein. Sie atmete tief durch und zwang ihre zitternde Hand dazu, an seinem Hals nach seinem Puls zu fühlen.
    Nichts. Nicht das geringste Flattern. Sie verspürte einen Stich der Furcht. Sie legte die Finger ein Stück tiefer. Vielleicht war es das Blut oder die Position seines Kopfes oder …
     … ihre Finger verharrten. Unter ihnen pulsierte der Rhythmus des Lebens langsam und beständig.
    Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Jetzt war sie wirklich Ärztin, und sie untersuchte ihn mit schnellem Geschick und erstellte einen Katalog seiner Verletzungen. Es waren viele, aber nur wenige der Wunden waren sehr tief, und keine davon befand sich in der Nähe einer lebenswichtigen Stelle. Ja, er würde genesen, sie mußte die Wunden bloß sauberhalten, sich darum kümmern, daß es zu keiner Infektion kam …
    Er schlug die braunen Augen auf, nur einen Spaltbreit, aber er war wach. Grace unterbrach ihre Untersuchung und musterte ihn mit zusammengepreßten Lippen. Seit über zwanzig Jahren hatte sie nicht mehr geweint. Jetzt strömten ihr die Tränen die Wangen hinunter.
    »Weint nicht, meine Feenkönigin«, sagte Durge heiser. »Bitte weint nicht. Bin ich tot? Bin ich also ins Zwielichtreich gereist?«
    Grace mußte lachen, obwohl ihre Tränen weiter flossen, es war unmöglich, aber wunderbar, wie Regen aus einem sonnigen Himmel. »Nein, Durge. Ihr seid am Leben.«
    Der Ritter schien über ihre Worte nachzudenken, dann seufzte er. »Oje.«
    Grace warf die Arme um ihn.
    Ein tiefer Laut hallte durch den Saal, eine eisige Böe fuhr durch Graces Haar und ließ alle Fackeln flackern. Die Gäste keuchten auf. Grace erhob sich und atmete sauberen Schneegeruch ein.
    Die Flügeltür des Großen Saals hatte sich geöffnet. Dahinter lag kein steinerner Schloßkorridor, sondern ein kaltes Tal, das von einem Mond erhellt wurde, der über zerklüfteten Bergen schwebte. Grace sah verzaubert zu, wie sie hochgewachsen, schlank und strahlend durch die Tür glitten.
    So sieht das Feenvolk also aus.
    In ihren Armen trugen sie eine scheinbar schlafende Gestalt. Es handelte sich wohl um einen Mann, aber es war nicht eindeutig festzustellen, da das weiche Licht, das von ihnen ausging, die Sicht erschwerte. Begleitet von einem leisen, hellen Klang, der an ein Glockenspiel erinnerte, durchquerten die Abgesandten des Feenvolkes den Saal. Die Menge teilte sich vor ihnen. Melia war erwacht und stützte sich gegen Falken. Der Barde und die Lady betrachteten die Lichtelfen nachdenklich.
    Boreas hatte sich mit Kylars und Ivalaines Hilfe auf die Füße gekämpft, seine Augen waren schmerzverschleiert, aber er war bei klarem Bewußtsein. Tressa hatte Emindas Leiche mit einem Umhang zugedeckt. Jetzt stellte sich die rothaarige Hexe neben ihre Königin. Alle verfolgten gebannt, wie das Feenvolk auf das Podium schwebte. Die Lichtelfen bückten sich und setzten ihre Last zu Graces Füßen ab. Dann richteten sie sich wieder auf, und Grace blickte in

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