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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Falsches tun wollte.
    Die Luft jenseits der Gassenmündung schimmerte und tanzte über dem verwitterten Asphalt. Der Nachmittag hatte das Tal in seine erstickende goldene Gaze gehüllt und die Sonne am Himmel festgezurrt. Es hatte den Anschein, als wollte dieser Tag niemals enden. Aber das mußte er: auf die eine oder andere Art.
    Travis zog ein zerknittertes Papier aus der Hemdtasche. Nachdem er stundenlang durch die Stadt geschlichen war und darauf geachtet hatte, von niemandem gesehen zu werden, hatte er es gegen Mittag endlich bis zu Max’ Wohnung geschafft. Es war ein deutliches Zeichen seiner Furcht, gesehen zu werden, daß er etwas getan hatte, das er seit seiner Rückkehr zur Erde noch nicht versucht hatte. Travis hatte eine Rune gesprochen.
    Es war Alth, die Rune der Schatten. Wie immer kribbelte seine rechte Hand, als er die Rune sprach, und ein Rauschen dröhnte in seinen Ohren. Aber das Geräusch klang, als käme es aus weiter Ferne und wäre hohl, und es endete viel zu schnell. Die Luft um ihn herum schien sich zu verdunkeln, aber das war alles. Doch selbst dieses geringfügige Ergebnis kostete ihn zitternde Glieder und ein Gefühl der Schwäche. Offensichtlich war seine Macht hier nur ein Bruchteil von dem, was sie auf Eldh darstellte.
    Eigentlich hätte ihn das erleichtern müssen – schließlich hatte er sie nie haben wollen. Am Ende konnte einem Macht nur schaden. Aber selbst er mußte zugeben, daß seine Fähigkeiten als Runenmeister jetzt ganz nützlich gewesen wären.
    Es war unmöglich festzustellen, ob die schwache gesprochene Rune ausgereicht hatte oder er nur niemand aufgefallen war, aber er schaffte es ungehindert bis zu Max’ Apartment. Doch noch bevor er anklopfte, war ihm schon klar, daß sein Partner nicht zu Hause war. Ihm entfuhr ein Seufzer der Erleichterung, dann rief er sich zur Ordnung. Max ging es gut, etwas anderes durfte nicht sein.
    Travis wollte gehen, aber dann fiel sein Blick auf den neben dem Türknopf steckenden Zettel. Als er nun in der Gasse stand, entfaltete er bestimmt zum dutzendsten Mal das von einem gelben Block abgerissene Blatt Papier und las die Worte in Max’ sauberer, beidhändiger Handschrift.
    Travis, da Du dies liest, bedeutet das, daß ich recht hatte und Du vorbeigekommen bist. Tut mir leid, daß wir uns verpaßt haben. Ich werde den ganzen Tag unterwegs sein – Arztbesuche und dergleichen mehr –, aber triff mich bei Sonnenuntergang im Saloon. Ich helfe Dir bei der Arbeit.
Max
    Travis grinste – wie eine Leiche in der Wüste grinste, wenn Hitze und Trockenheit die Haut des Schädels schrumpfen läßt. Triff mich bei Sonnenuntergang im Saloon. Das klang wie ein Dialog aus einem Western im Spätprogramm: irgendein apokalyptischer Showdown in einem Pferdepferch deiner Wahl. Aber es war bloß ein Zettel, und Max konnte nicht gewußt haben, was Travis in weniger als einem Tag alles passiert war. Max war krank gewesen, aber jetzt ging es ihm wieder besser, und er wollte bloß wieder zurück an die Arbeit.
    Aber in gewisser Weise würde es doch so etwas wie ein Showdown sein. Schließlich würden sie den Saloon beobachten und auf ihn warten. Duratek und die Sucher. Travis faltete den Zettel wieder zusammen und schob ihn zurück in die Tasche.
    Ein Motorengeräusch ließ ihn aufsehen. Ein dunkles Gefährt fuhr die Elk Street entlang. Er spannte sämtliche Muskeln an, obwohl er gar nicht wußte, wo er hätte hinlaufen sollen.
    Der Wagen fuhr an der Gasse vorbei: ein marineblauer Pick-up. Travis seufzte, dann hielt er sich den Bauch. Es war nur schwer zu sagen, wo die Furcht endete und der Hunger begann. Er hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Und er war es leid, sich in den Schatten zu verbergen.
    Er traf eine Entscheidung. Vielleicht war es dumm, vielleicht würde er sich bloß erwischen lassen, aber bis zum Sonnenuntergang dauerte es noch drei Stunden, und er konnte unmöglich länger hier stehenbleiben. Außerdem kam es nur noch darauf an herauszufinden, ob mit Max alles in Ordnung war. Wenn sie ihn erwischten, würde er ihnen trotzdem nicht helfen, er würde ihnen nichts von Grace oder Eldh erzählen.
    Glaubst du wirklich, sie haben keine Methoden, Leute zum Sprechen zu bringen, Travis? Am Ende werden sie kriegen, was sie wollen. Das hat er gesagt, und du weißt, daß es stimmt.
    Nein, er konnte das nicht glauben. Es ging nicht. Hätte er auf Eldh so gedacht, hätte der Fahle König mittlerweile alle Domänen in Eis erstarren lassen.

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