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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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selbst so erschöpft.
    Sie konnte Durges Erstaunen fühlen, als das Leben zwischen ihnen hin- und herfloß. Lirith versuchte die Rückflut zu blockieren, aber sie war zu langsam. Bilder und Gedanken rasten den Faden aus Weltenkraft entlang auf sie zu: Erinnerungen, die nicht ihr gehörten.
    Sie sah Durge als blutjungen Mann, kaum älter als neunzehn, wie er nur mit Hosen bekleidet am Ufer eines silbern schimmernden Sees stand, auf seine Weise ein ansehnlicher Bursche mit breitem Grinsen und wehendem Haar, an dessen Armen und Brust bereits harte Muskeln hervortraten, als er ein Breitschwert schwang: ein frisch ernannter Ritter.
    Das Bild veränderte sich. Jetzt kämpfte Durge in einer blutigen Schlacht, schwang sein Breitschwert mit tödlicher Gewalt, grinste noch immer, während vor ihm Männer starben.
    Und wieder wechselten die Bilder. Diesmal war Durge etwas älter – er war nun in seinen Zwanzigern. Er riß eine schlanke junge Frau mit braunen Augen in die Arme. Er wirbelte sie herum, und beide lachten. Dann war da eine kleine Gestalt auf ihren Armen. Ein Kind. Durge beugte sich herunter, um das Baby zu küssen.
    Nebel zog auf und ließ das Bild verschwimmen, und als es wieder klarer wurde, war Durge allein. Er kniete mit gesenktem Kopf auf dem Boden vor zwei frischen Gräbern: das eine war groß, das andere klein.
    Jetzt kamen die Bilder immer schneller. Noch mehr Schlachten, aber das Grinsen war nun verschwunden, und Durges Gesicht war älter, härter und grimmiger. Alles war nur noch ein endloser Strom aus Grau und Rot. Aber dann, gerade als Lirith es schaffte, sich abzuwenden, erhaschte sie einen Blick auf einen winzigen leuchtenden Farbtupfer. Es war wieder eine hübsche junge Frau. Nur diesmal waren ihre Augen nicht braun, sondern saphirblau.
    Lirith riß die Augen auf, sie taumelte von Durge weg. Der Ritter hob eine Hand an die Stirn und starrte sie an. Voller Entsetzen.
    »Was … was habt Ihr mit mir gemacht, Mylady?«
    Sie schüttelte den Kopf. Es tut mir leid, wollte sie sagen. Es tut mir so leid, Durge. Das wollte ich nicht. Aber als sie dann sprach, sagte sie etwas anderes.
    »Es ist Aryn, nicht wahr? Von ihr hat der Drache gesprochen. Ihr liebt sie, Durge – nicht wahr?«
    Die Angst verschwand aus Durges Antlitz und wurde von einem so strengen Ausdruck ersetzt, daß er wie aus Stein gemeißelt erschien. Er stolperte vorwärts und packte sie bei den Armen. Hart.
    »Ihr dürft es ihr niemals verraten, Mylady.« Seine Worte trafen sie so schmerzhaft wie der durch die Luft peitschende Sand. »Das müßt Ihr mir schwören. Jetzt und bei allem, was Euch heilig ist.« Er schüttelte sie mit furchtbarer Kraft. »Ihr dürft ihr niemals sagen, daß Ihr es wißt!«
    Lirith war vor Entsetzen über das, was sie da getan hatte, wie gelähmt. Sie konnte den Ritter nur anstarren.
    »Schwört es!«
    Sie stöhnte schmerzvoll auf. »Ich schwöre es bei Sia!«
    Durge ließ sie los. Auf seinen Zügen zeichnete sich nun abgrundtiefe Müdigkeit und Scham ab. Er wandte sich von Lirith ab und rang die Hände. »Vergebt mir, Mylady. Bitte vergebt mir. Ich wollte Euch nicht weh tun.«
    Ich Euch doch auch nicht, wollte sie erwidern, aber sie schluchzte. Was hatte sie ihm nur in ihrer Dummheit angetan? Sie hatte etwas tief Verborgenes und Privates genommen und es ihm gestohlen. Mit zitternder Hand griff sie nach seinem breiten Rücken.
    Knirschende Schritte ließen sie innehalten. Sie und Durge blickten auf und sahen eine dunkle Gestalt über ihnen aufragen.
    »Falken!«
    Der Ritter fing den Barden auf, als dieser heruntersprang und zusammensackte, dann setzte er ihn behutsam auf den Boden. Lirith ging neben ihm in die Hocke und hielt ihm die Wasserflasche an die Lippen. Der Barde trank einen Schluck, hustete und trank noch einen Schluck.
    Dann drückte er die Flasche beiseite. »Danke, Lirith. Ich … mir geht es gut, wirklich.«
    Sie betrachtete ihn, von seinen Worten nicht besonders überzeugt. Auch ohne den Staub, der sein Gesicht wie eine Maske bedeckte, war er bleich und sah erschöpft aus. In seinen Augen lauerten Schatten.
    »Was ist, Falken?« fragte Durge. »Habt Ihr Dakarreth gefunden?«
    Falken schüttelte den Kopf. »Er ist nicht hier.«
    Lirith konnte ihn bloß anstarren.
    »Ich verstehe nicht«, sagte der Ritter.
    Der Barde hielt sich die Hände, bekam ihr Zittern aber nicht unter Kontrolle. »Er ist nicht in der Festung. Dakarreth. Ich habe überall gesucht, aber sie ist leer. Allem Anschein nach ist er

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