Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung
Jahrhunderten als Kopie des alten tarrasischen Stils gebaut worden. Fine Reihe rechteckiger Becken erlaubten es dem Badenden, sich an das von Mal zu Mal heißer werdende Wasser zu gewöhnen. Auf dem Grund schwammen blaue Mosaikdelphine, auf den Wänden flossen grüngekachelte Wellen.
Es war leicht gewesen, den Aufenthaltsort des Regenten herauszufinden – für Beltans Geschmack sogar viel zu leicht. Es waren nur ein paar Fragen nötig gewesen, und ein Diener hatte ihn zum Eingang der Bäder geführt. Er hatte befürchtet, dort von Wächtern aufgehalten zu werden. Aber in dem feuchten Vorraum waren nur zwei Diener gewesen, die ihm das Schwert abgenommen und ihn dann mit geschickten Händen ausgezogen hatten. Sie hatten ihm einen kurzen Leinenrock gegeben, den er sich um die Hüfte geschlungen hatte, und dann kommentarlos zugesehen, wie er einen Dolch aus dem zusammengefalteten Wams nahm und unter den Rock schob.
Er konnte die Klinge bei jedem Schritt heiß auf der Haut spüren. Er berührte sie unter dem Stoff, um sich zu vergewissern, daß sie noch immer verborgen und sicher an Ort und Stelle war. Schweiß perlte über seine Haut, er schob sich feuchtes Haar aus der Stirn.
»Dakarreth, wo seid Ihr?« Sein Flüstern verschmolz mit dem Zischen des Wasserdampfes. »Wo steckt Ihr?«
Sein Blick fiel auf ein Mosaik, das braunhäutige Männer in einem Boot zeigte, die mit Speeren schwarze Robben in azurblauem Wasser jagten. War der Mond schon untergegangen? Hatten Falken, Lirith und Durge die verborgene Tür mit ihrem Boot erreicht? Schon möglich, aber er konnte unmöglich die Zeit bestimmen.
Er hatte das Portal gefunden, das ihm der Spinnenmann Aldeth beschrieben hatte. Er hatte es geöffnet und auf der anderen Seite das an die Mauer schwappende, nebelverhangene Wasser des Sees gefunden. Eine Zeitlang hatte er in das Zwielicht gestarrt und darauf gewartet, daß der Barde und die anderen kamen. Aber warten war nichts für ihn. Also hatte er von einer verloschenen Fackel ein Stück Holzkohle abgebrochen und so gut er konnte die folgenden Worte auf die Rückseite von Aldeths Karte geschrieben:
Melia, Travis, Grace im Turm mit den zwei Fahnenstangen. Suchen Stein des Feuers. Trefft sie dort. Beltan
Er hatte die Nachricht in den Türspalt geklemmt und sich dann aufgemacht, den Regenten zu finden. Melia und Travis brauchten Zeit, um den Stein des Feuers zu finden, und er würde dafür sorgen, daß sie ihn bekamen. Vielleicht würde es der letzte Dienst sein, den er jemals für sie tun konnte – er wußte, daß er einem ehemaligen Gott auf keinen Fall gewachsen war –, aber konnte ein Ritter-Hüter auf eine bessere Art sterben als in Ausübung seiner Pflicht?
Mal davon abgesehen, daß Melia ihn eigentlich nicht brauchte. Beltan hatte es immer gewußt – als ehemalige Göttin stand sie so hoch über ihm wie der Mond am Himmel. Aber um seinetwillen, aus Freundlichkeit oder vielleicht auch aus Mitleid hatte sie seinen Schwur akzeptiert. Und obwohl er es besser wußte, hatte er sich zu dem Glauben verleiten lassen, daß er wirklich die Macht hatte, sie zu beschützen.
Natürlich war Melia nicht sein einziger Schützling. Und Travis braucht dich noch weniger als sie. Du bist schlimmer als ein Narr, weil du etwas haben wolltest, von dem du wußtest, daß du es nicht haben kannst. Du hättest dich mit seiner Freundschaft zufriedengeben sollen, aber selbst das mußtest du dir verderben.
Was hatte er sich dabei nur gedacht?
Irgendwo plätscherte Wasser. Beltan blieb stehen, griff nach dem Messer unter dem Rock. Dampfwolken erfüllten die Luft und vernebelten ihm die Sicht.
»Ist da jemand?« rief er, und seine Stimme hallte laut zurück.
Es trat wieder Stille ein, dann plätscherte Wasser, gefolgt von einer Stimme, die wie reines Gold klang. »Kommt näher.«
Trotz Wärme und Schweiß fröstelte Beltan. Dann trat er zwischen zwei Säulen. Die Dampfschwaden klafften vor ihm auf. Er stand am Rand eines Raumes, am Rand eines Beckens, das mit Sicherheit das letzte und das heißeste von allen war. Dampf kräuselte sich auf der Wasseroberfläche und stieg auf wie aus einem Becher frisch aufgebrühten Maddok.
Ein Mann stand in dem Becken, bis zum Hals eingetaucht, den Kopf abgewandt. Beltan konnte nur sein gelbbraunes Haar sehen; das brodelnde Wasser machte alles andere unkenntlich. Der Ritter wollte etwas sagen, aber der andere kam ihm zuvor.
»Ich wußte, daß Ihr kommt, Sir Beltan. Ich wußte es, als ich Euch heute
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