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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Grace begriff, daß sie nicht allein war, war der andere bereits in Bewegung. Er sprang auf, schnappte sich das Schwert, das griffbereit auf einem Stein lag, und fuhr mit erhobener Klinge herum.
    »Grace!«
    Beltan senkte das Schwert, als Erkennen in seinen Augen aufblitzte. Wasser strömte aus seinem weißblonden Haar auf die nackte Haut seiner Brust.
    Grace hob eine Hand an die Kehle. Wäre sie ein Räuber gewesen, so wäre sie jetzt tot, da gab es keinen Zweifel. Das war eine wertvolle Erinnerung für sie. Beltan war stets freundlich und gutmütig, und darum hatte sie vergessen, was er war: ein Anhänger von Vathris und ein Mann des Krieges. Die Narben, die sich über seine blasse, schmale Brust zogen zeugten von einer Gewalt, die sie nie erlebt hatte. Besonders ein dicker Strang Narbengewebe, der sich die Seite herunter schlängelte, fiel ins Auge – die Wunde, die er in der Nacht der Wintersonnenwende davongetragen hatte. Sie war geheilt aber allem äußeren Anschein nach erst vor kurzem.
    Grace wurde sich bewußt, daß sie ihn anstarrte. Sie zwang sich dazu, wieder Atem zu holen. »Es tut mir leid, Beltan. Ich wollte dich nicht überraschen.«
    »Schon in Ordnung. Ich habe dich nur nicht in den Schatten gesehen.« Er strich sich das nasse Haar aus der Stirn und bückte sich dann, um das Schwert zurück in die Scheide zu stecken.
    Grace runzelte die Stirn. Der Schrecken war vergessen, aber da war noch etwas anderes, das sie aus dem Gleichgewicht gebracht hatte – es hatte mit dem zu tun, was gerade passiert war.
    Beltan sah sie besorgt an. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    Sie starrte ihn an, und dann wußte sie es. Ihr Name. Die Art und Weise, wie er ihren Namen ausgesprochen hatte.
    Grace!
    Als sie in ihrer Vision Travis vor dem Grauen Turm an einen Stein gefesselt gesehen hatte, hatte er sich umgedreht, die Augen aufgerissen und ihren Namen so überrascht ausgesprochen wie gerade eben Beltan. Sie war der Meinung gewesen, er hätte sie nicht sehen können, hätte ihren Namen aus Verzweiflung ausgerufen. Aber was, wenn dem nicht so war? Was, wenn er sie gesehen hatte?
    Ich habe dich nur nicht in den Schatten gesehen …
    Eine tiefe Überzeugung erfüllte sie. Ja, es konnte nicht anders sein – Travis hatte ihren Namen ausgesprochen, weil er sie tatsächlich gesehen hatte. Allerdings konnte er sie unmöglich als Vision gesehen haben. Es gab weder einen Körper noch sonst etwas, das für das Auge sichtbar gewesen wäre. Was nur eine Möglichkeit offenließ.
    »Du warst da, Grace«, murmelte sie. »Ich meine, du wirst da sein. Nur so kann er dich gesehen haben.«
    Beltan legte den Kopf schief. »Grace, alles in Ordnung?«
    Sie grinste den Ritter an. »Wir werden es schaffen, Beltan. Ich weiß es jetzt. Ich war da, vor dem Stein. Ich meine, ich werde da sein. Denn das habe ich in meiner Vision gesehen. Ich werde da sein, um Travis zu helfen.«
    Der blonde Mann grinste zurück. »Ich habe nicht die geringste Vorstellung, wovon du da sprichst, Grace. Aber wenn du sagst, daß wir da sein werden, dann werden wir auch da sein.«
    Zum ersten Mal seit dem Zwischenfall an der Brücke verspürte Grace Hoffnung – echte Hoffnung – in ihr aufsteigen. Mit einem Lachen warf sie die Arme um seine nassen, nackten Schultern und verblüffte ihn noch einmal.

10
    Diesmal traf sich der Chor der Runensprecher im Morgengrauen. Rotes Licht sickerte durch die Fensterschlitze in den Raum mit der Kuppeldecke. Travis wußte, daß es sich dabei nur um die Morgensonne handelte. Aber das Licht sah wie Blut aus, und obwohl die Brüder in ihren grauen Kutten nur leise murmelten, wußte er, daß er in Gefahr schwebte – einer vielleicht größeren Gefahr, als er jemals auf Eldh gegenübergestanden hatte.
    Auch wenn er sich vor dem fürchtete, was er bringen würde, war er doch froh, daß der Morgen endlich gekommen war. Die Nacht war eine dunkle und stille Ewigkeit gewesen, die er allein in seiner Zelle hatte verbringen müssen. Er hatte nicht an der Tür rütteln müssen, um zu wissen, daß sie mit Banu, der Rune der Verriegelung, verschlossen war. Statt dessen hatte er die Stunden damit verbracht, auf dem Bett zu sitzen und nach Jacks Stimme zu lauschen, sie anzubetteln, ihm doch zu verraten, was er tun sollte. Aber die einzige Stimme, die er in Gedanken gehört hatte, war die Oragiens.
    Bei Olrig, was habt Ihr getan?
    Trotz Oragiens Worten hatte die Zerstörung des Runensteins nichts mit Olrig zu tun gehabt. Travis hatte es für

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