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Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung

Titel: Die letzte Rune 04 - Die Flammenfestung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Aber was das anging, nannte man sie nicht immer so – die Leute, die eine Wahrheit aussprachen, die keiner hören wollte? Wurden die, die anders waren, nicht immer auf diese Art gekreuzigt … an Pfählen, an Felsen, an Kreuzen?
    Draußen flammten die kupferfarbenen Flecken auf und verbreiteten sich über den ganzen Himmel. Jenseits der Tür erschollen die ersten Schritte.
    »Keine gute Tat bleibt ungesühnt«, murmelte Travis.
    Aber vielleicht war das ja gar keine so schlechte Art, die Dinge zu einem Ende zu bringen. Vielleicht würden es die Runensprecher niemals begreifen, aber er hatte ihnen geholfen. Jetzt würden sie lernen – weil sie es mußten. Er schätzte, daß eine Menge Leute gestorben waren, die weniger erreicht hatten. Er faltete die Hände auf seinem Schoß und wartete auf sie.
    Beim Feuer in Dumachs Schmiedeofen! Läßt du dir das einfach von ihnen gefallen, Travis?
    Er zuckte zusammen, als die Stimme in seinem Kopf erklang. »Jack.«
    Travis war sich nicht sicher, ob er froh war, daß die Stimmt’ endlich zu ihm sprach, oder nicht. Ja, sie hatte ihm in Momenten der Gefahr geholfen. Aber manchmal schien sie eher ein Fluch als ein Segen zu sein – ein Andenken an das, was man ihm angetan hatte, wie sehr er verändert worden war.
    Travis, das ist lächerlich. Diese Narren sind nur ein schwacher Abklatsch der Runensprecher der Vergangenheit. Und du bist ein Runenmeister. Sie sollten deinen Befehlen gehorchen, nicht deine Handlungen in Frage stellen.
    »Ich habe ihren Runenstein zerbrochen, Jack.« Er sprach es laut aus, weil es auf diese Art irgendwie weniger verrückt erschien.
    Und was war das für eine Show, Travis! Bei Olrig, du bist mutiger, als ich je gedacht hätte. Ich glaube nicht, daß das viele von uns zustande gebracht hätten. Andererseits bist du der letzte, den es noch gibt. Du bist alles, was wir jemals waren.
    Einen kurzen Augenblick lang hatte es den Anschein, als gäbe es außer Jack noch andere Stimmen in seinem Kopf – ein großer Chor, der in völliger Harmonie sprach. Dann war es nur wieder sein alter Freund.
    Das muß doch nicht sein, Travis. Sobald sie die Tür öffnen, kannst du sie alle mit einer Rune zu Boden werfen und diesen Ort verlassen. Du hast die Macht.
    Travis ballte die rechte Hand zur Faust. »Nein, Jack. Ich werde sie nicht verletzen. Ich werde niemanden verletzen. Das habe ich geschworen, und ich werde diesen Schwur halten. Ich habe nicht um diese Macht gebeten.«
    Was für ein erbärmlicher Schwachsinn! Niemand bittet um Macht – außer Idioten und Verrückte. Aber du hast sie, Travis, und es ist deine Pflicht, sie zu benutzen.
    Travis schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn das bedeutet, Menschen zu verletzen. Wenn ich von dem Nullstein wegkommen kann, nachdem sie mich hingebracht haben, dann werde ich das tun. Aber man kann dort keine Rune sprechen – ich weiß es, ich habe es versucht. Also kann mir nichts helfen.«
    Das darauf folgende Schweigen war so lang, daß Travis glaubte, daß ihn nun in seiner letzten Stunde selbst die Stimme verlassen hatte. Dann ertönte sie wieder, ein Flüstern tief in seinem Bewußtsein.
    Du irrst dich, Travis. Der Nullstein ist alt, aber es gibt Mächte, die noch viel älter sind. Olrigs Hand wird dir helfen.
    Das war ein böser Scherz. Travis hieb sich die Faust auf die Hüfte. »Aber Olrig ist nicht mehr hier. Schon vergessen? Die Alten Götter sind gegangen.«
    Sind sie das?
    Travis öffnete den Mund und machte ihn wieder zu. Jede Erwiderung war sinnlos. Die Stimme war weg, als wäre in seinem Bewußtsein eine Tür ins Schloß gefallen. Im selben Augenblick öffnete sich eine andere Tür – die zu seiner Zelle. Drei Gesellen traten ein. Travis stand auf.
    »Das ist nicht nötig«, sagte er, als einer ein Lederband hochhielt. Aber der Mann ignorierte ihn und knebelte ihn damit. Anscheinend wollten sie kein Risiko eingehen, daß er erneut die Rune der Stille brach. Die anderen ergriffen ihn bei den Armen und schoben ihn unsanft durch die Tür.
    Ein halbes dutzendmal hätte er ihnen beinahe die Mühe, ihn zum Nullstein zu schaffen, abgenommen, indem er sich auf der Treppe den Hals brach, da sie ihn die Stufen hinunterstießen. Aber sie hielten ihn unsanft fest, und er schaffte es nach unten. Sie führten ihn durch das Tor.
    Das Licht des sterbenden Tages strömte wie Blut über das Plateau vor dem Turm. Alle Runensprecher waren da und hatten sich in einem nach Westen ausgerichteten Halbkreis versammelt. Sie

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