Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter
Aber sind Sie sicher, dass Sie nicht zehn wollen? Dann können Sie die ganze Mannschaft auf einmal kriegen.«
Travis fuhr sich mit der Hand über den rasierten Kopf. »Bleiben wir bei fünf. Schließlich bin ich auch nur ein Mensch.«
Es war nur kurz zu sehen, aber Grace entging die Grimasse nicht, die er zog, als er dies sagte. Marji ging es ebenso, denn sie runzelte kaum merklich die Stirn.
»Na klar, Süßer. Sind wir das nicht alle?« Sie nahm fünf der Kerzen, stellte sie auf die Theke und wickelte sie in purpurfarbenes Papier ein. Als sie fertig war, wandte sie sich Grace zu. »Und was kann ich für die Königin tun?«
Grace trat einen Schritt zurück. »Warum haben Sie mich so genannt?«
Marji zuckte mit den Schultern und hob dann die Hände – eine elegante Bewegung, wie im Wasser treibende Bänder. »Sie sind so hübsch wie eine Königin, Süße, das ist alles. Vielleicht möchten Sie ja ein Walkürenzauber-Armband.« Sie griff unter die Theke und holte eine schmale Silberkette hervor. Winzige Anhänger baumelten daran und produzierten eine leise, aber dennoch hörbare Melodie, die an fallende Schneeflocken erinnerte. »Ich kann sehen, dass sie Ihnen gefallen.«
»Was denn?«
»Runen.« Marji fuhr mit dem Finger über die Anhänger. »Wie die auf Ihrer Kette, Süße. Obwohl, ich bin ein Mädchen, das sein Futhark kennt, wie ich gern sage, und das sind keine Wikingerrunen, die Sie da tragen. Wissen Sie, wo die Schrift herkommt? Das ist doch kein Minoisch, oder?«
Grace packte die Kette. Sie musste aus dem Pullover gerutscht sein, als sie in den Laden geeilt waren. »Nein, nein« sagte sie und schob den Anhänger zurück. »Und ich nehme das Armband. Es ist perfekt.«
Marji packte es ein. Sie rechnete den Betrag zusammen, und Travis bezahlte bar. Sie gab ihm die Papiertüte.
»Vielen Dank, Miss.«
»Keine Ursache, Süßer.«
Travis machte einen Schritt von der Theke fort, dann warf er Grace einen Blick zu. Keiner von ihnen wusste, ob es draußen wieder sicher war. Die Ladenfenster wurden von Hindu-Wandteppichen und ägyptischen Kameldecken verdeckt, die den Ausblick unmöglich machten.
Marji verschränkte die Arme und beugte sich über die Theke. »Also gut, ihr beiden. Warum sagt ihr mir nicht, warum ihr wirklich reingekommen seid? Und ich glaube nie und nimmer, dass ihr wie Bonnie und Clyde auf der Flucht hier reingestürmt seid, weil ihr unbedingt Kerzen und ein hübsches Schmuckstück gebraucht habt.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Und sagt Marji zu mir. Mich hat keiner mehr Miss genannt, seit mich Bobby Farrell hinter der Zuschauertribüne erwischt hat.«
Travis wollte darauf antworten, aber Grace kam ihm zuvor, was sie überraschte. Sie konnte nicht lügen, aber wie sich herausstellte, war sie ganz gut darin, wenn es um die Wahrheit ging.
»Vor dem Laden steht ein Streifenwagen. Wir sind reingekommen, um ihm aus dem Weg zu gehen.«
Marji musterte Grace mit freundlichen braunen Augen, die mit Mascara umrandet waren. Dann ging sie um die Theke herum und legte eine ihrer langen, wunderschönen Hände auf Graces und drückte kurz zu. »Ich weiß, wie das ist, Süße. Nicht gesehen werden zu wollen.«
Grace erwiderte den prüfenden Blick der Frau und nickte. Natürlich. »Ich schätze, das tust du.«
Marji nahm Graces Hand und drehte sie um. Sie zeichnete die Linien mit einem roten Fingernagel nach.
»Was tust du da?«
»Entspanne dich, Süße. Ich bin ein Profi. Außerdem willst du noch nicht nach draußen gehen, oder? Also atme tief durch und lass deine Schwester Marji ihre Arbeit tun.«
Schwester. Das Wort hatte tröstende Wirkung auf Grace. Marjis Berührung war so warm und leicht wie die eines Kolibris.
Marji murmelte anerkennend. »Ich habe noch nie eine so starke Lebenslinie gesehen, Süße. Hier, sie wurde direkt nach ihrem Anfang unterbrochen, und dann nicht lange später noch einmal, aber jedes Mal ist sie weitergegangen. Und hier ist noch ein kommendes Ereignis, das dich erwischen will, aber dein Leben ist zu stark, um einfach aufzuhören.«
Grace biss sich auf die Lippe. Vielleicht war Marji ja doch kein Profi. Sie war immer der Ansicht gewesen, dass sie ihr Leben bestenfalls nur dürftig im Griff hatte.
»Nun, deine Kopflinie ist scharf und tief, also bist du der totale Verstandesmensch. Ich glaube, das war uns allen klar. Und was deine Herzlinie angeht …«
Marji keuchte leise auf.
Grace erstarrte. »Was ist denn?«
Sanft schloss Marji Graces
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