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Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Aber er konnte die Brille nicht zurücklassen – Jack hatte sie ihm geschenkt. Verzweifelt griff er zwischen die Trümmer. Seine Finger berührten Draht und Glas, dann schlossen sie sich um die Brille.
    Mit einem Aufschrei warf sich Travis nach vorn und stürzte in das knisternde Tor.

38
    Steine regneten in die Etherion herab. Unter einem Trümmerhaufen regte sich etwas. Eine Gestalt erhob sich; ihr schwarzes Gewand bestand nur noch aus Fetzen und war grau vom Staub, das heitere goldene Gesicht eingebeult, aber intakt. Die Gestalt war schwer gezeichnet und blutete, aber sie war nicht tot.
    Der Spalt im Boden klaffte auf wie ein hungriger Rachen. Die hohen Wände ächzten und neigten sich nach innen. Im nächsten Augenblick würde alles einstürzen.
    Dann entdeckte die Gestalt es keine zehn Schritte entfernt: ein schwarzes Oval aus Nichts, das von blauem Feuer umzüngelt wurde. Ein Tor – sie hatten ein Tor geöffnet. Aber es war im Begriff, sich zu schließen.
    Die Gestalt setzte sich in Bewegung, ignorierte ihren Schmerz, während sie auf allen vieren über die spitzen Steine kroch. Ein letztes Stöhnen zerberstenden Steins zerriss die Luft, dann stürzten die Reste der Kuppel und der Mauern nach innen.
    Mit einem Aufschrei warf sich die Gestalt in dem zerrissenen Gewand nach vorn – und glitt durch die sich zusammenziehende Iris des Tors.
    Das Tor schloss sich wie ein Auge und verschwand einfach, und die Etherion von Tarras – die zweitausend Jahrs lang in ihrer ganzen Pracht die Stadt überragt hatte – brach zusammen und verwandelte sich dabei in ihren eigenen Begräbnishügel.

39
    Grace drängte sich an die anderen und sah zu, wie sich die große blaue Kuppel der Etherion nach innen neigte und einstürzte. Ohrenbetäubendes Donnern erfüllte die Luft, und eine gewaltige weiße Staubwolke stieg in den Himmel.
    Die Bürger von Tarras drängten sich in den Straßen des Zweiten Kreises, zeigten und schrien auf, als sie dem Zusammenbruch des großen Gebäudes zusahen. Soldaten liefen in alle Richtungen und brüllten Befehle. Keiner schenkte den Gefährten auch nur die geringste Aufmerksamkeit, so wie auch niemand sie aus der Etherion hatte stürmen sehen, da eine Wolke aus Steinstaub aus dem Eingang hervorgeschossen war und ihre Flucht verborgen hatte.
    Jeder wird glauben, dass ein Erdbeben die Etherion zerstört hat. Sie werden nie etwas von dem Dämon erfahren, der um ein Haar die ganze Stadt und jeden ihrer Einwohner verschlungen hätte.
    Aber vielleicht war das auch besser so. Vielleicht war es besser, wenn sie es für einen Akt der Natur hielten statt einer uralten und hungrigen Magie. Manchmal war es besser, nicht zu wissen, welch finstere Geschöpfe auf der Welt lebten.
    Jetzt stürzten die Mauern der Etherion ein und schickten noch mehr Staub in den Himmel. Aryn seufzte und legte den Kopf auf Graces Schulter, und sie legte einen Arm um die junge Baronesse.
    Schon gut, webte sie durch die Weltenkraft, darüber erstaunt, wie einfach das war. Wir sind jetzt in Sicherheit, Aryn.
    Ich weiß, erwiderte Aryn und seufzte wieder.
    Beltan und Vani standen nahe beieinander und wirkten nachdenklich. Grace wurde sich plötzlich bewusst, was für einen strahlenden Eindruck der große, blonde Mann neben der dunkelhaarigen Meuchelmörderin machte. Sie war wie die tiefe, geheimnisvolle Mitternacht, und er im Vergleich dazu wie der helle, strahlende Tag. Sie konnte sich keine zwei Leute vorstellen, die unterschiedlicher gewesen wären.
    Aber sie haben etwas gemeinsam, nicht wahr? Beide lieben sie Travis. Beltan, weil ihm sein Herz das sagt, und Vani, weil die Karten es ihr vorhergesagt haben.
    »Ich ertrage es nicht, mir das anzusehen«, sagte Melia leise; auf ihren kupferfarbenen Wangen schimmerten Tränen.
    Sie wandte sich von der Zerstörung ab, und Falken hielt sie mit grimmigem Gesichtsausdruck. Die Lady hielt ein kleines schwarzes Kätzchen im Arm. Grace fragte sich, wo das wohl hergekommen war. Das Kätzchen miaute leise und strich mit der Pfote über Melias Wange.
    Mehr Soldaten rannten herbei und brüllten die Zuschauer an, zurückzubleiben.
    »Wir sollten keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen«, sagte Vani. »Hier könnten sich noch immer Scirathi herumtreiben. Wir können nicht davon ausgehen, dass sie alle in der Etherion vernichtet worden sind.«
    Sie begaben sich in die Einmündung einer schmaler Straße, wo sie das Chaos aus kühlem Schatten heraus beobachten konnten. Wieder erbebte die Luft, und noch

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