Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt

Titel: Die letzte Rune 06 - Die sterbende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
Draht kurzschließen, davon war er fest überzeugt. Sie gehörte zu diesem Menschenschlag, der alles konnte. Im Gegensatz zu ihm, der stets der Meinung gewesen war, einen Anlass zum Feiern zu haben, wenn er sich daran erinnerte, wie der Dosenöffner funktionierte.
    Er war froh, dass sie auf ihrer Seite stand.
    Die Sucher hatten sie so nahe an den Duratek-Komplex gebracht, wie sie es gewagt hatten. Das hier war Commerce City – ein leuchtender, optimistischer Name, der jedoch nicht die Tatsache verleugnen konnte, dass es sich um ein düsteres, schmutziges Industriegebiet nördlich von der Innenstadt handelte, ein Heim für Ölraffinerien, Lagerhallen und Hundefutterfabriken.
    Vor hundert Jahren war das alles hier von Feuchtgebieten durchsetztes Prärieland gewesen. Jetzt erhoben sich Schornsteine über die Viadukte und spien wallende Rauchwolken aus, die mit den braun gefärbten Wolken verschmolzen. Aber das war der Preis für den Kommerz. Zweifellos fühlte sich Duratek hier wie zu Hause. Und wenn es nach ihnen ging, würde Calavan oder Toloria in ein paar Jahren genauso aussehen.
    Sie hatten sich mit knappen Worten von Farr und Deirdre verabschiedet. Aber schließlich hatten sie ihren dürftigen Plan ein Dutzend Mal auseinander genommen. Und was sollte man schon jemandem sagen, der, wenn alles wie geplant verlief, bald eine ganze Welt weit weg sein würde? Wir sehen uns? Lasst uns in Verbindung bleiben? Travis hatte sich darauf beschränkt, Farr die Hand zu schütteln und Deirdre auf die Wange zu küssen, während er Danke flüsterte.
    Pass auf dich auf, mein sanfter Krieger, hatte sie erwidert.
    Und erst als er und Grace sich ihren Weg durch das Labyrinth aus Parkplätzen, Fabrikgebäuden, Schrottplätzen und Lagertanks gebahnt hatten und Vani in einer peinlichen Imitation ihrer geschmeidigen schleichenden Bewegungen gefolgt waren, war ihm die Absurdität dessen, was sie da eigentlich machen wollten, erst richtig zu Bewusstsein gekommen.
    Das ist doch unmöglich. Selbst wenn wir wie durch ein Wunder Beltan aus Durateks Festung herausholen können, wie sollen wir das Artefakt benutzen, um das Tor zu öffnen? In diesem Fall weiß nicht mal Vani alle Antworten.
    Ein weiterer Lastwagen. Noch mehr Zementschnee.
    Grace schüttelte ihn sich aus dem Haar. »Wenn er nicht bei Bewusstsein ist, wie sollen wir ihn dann transportieren?«
    Travis zog den schwarzen Trenchcoat enger. »Was?«
    »Das haben wir vergessen. Wir können ihn nicht tragen und gleichzeitig kämpfen. Und selbst wenn er bei Bewusstsein ist, er leidet unter einer schweren Muskelatrophie. Er wird nicht gehen können. Vielleicht sollten wir ihn bei ihnen lassen, zumindest bis er wieder bei Kräften ist.« Sie lehnte sich gegen ein verrostetes Gitter. »Aber was werden sie in der Zwischenzeit mit ihm machen? Nein, es muss jetzt sein.«
    Travis ging zu ihr, wich einer öligen Pfütze aus, nur um in die nächste hineinzutreten. Er starrte seinen nassen, schnell auskühlenden Fuß an. Vielleicht spielte es keine Rolle, was man tat; vielleicht war das Resultat das Gleiche, ganz egal, welchen Weg man einschlug. Vielleicht war das alles bloß Schicksal, genau wie Vani gesagt hatte.
    »Grace, du redest Unfug.«
    Sie streckte den Arm nach ihm aus, ergriff seine Hand. Er drückte fest.
    Kies knirschte, dann war Vani neben ihnen.
    »Ich glaube, ich kann ihre Festung sehen. Seht ihr sie auch? Jenseits dieser Mauer dort, neben dem leeren Feld.«
    Travis folgte ihrer Geste nicht. Er sah stattdessen sie an. »Wie war das eigentlich?«, wollte er wissen. »Durch das Tor zu treten und dabei ganz genau zu wissen, dass man möglicherweise nie wieder nach Hause kommt?«
    Sie richtete den Blick ihrer goldenen Augen auf ihn. »Ich werde nach Hause zurückkehren. Die Karten haben es mir gesagt.«
    Ihre Worte waren voller Selbstvertrauen, aber da war auch eine leise Unsicherheit, die ihm keineswegs entging. Sie schaute zur Seite. Also glaubte nicht einmal Vani uneingeschränkt an das Schicksal. Vielleicht war es nicht zu spät, vielleicht konnte er das ganze Unternehmen noch abblasen, bevor …
    Das Handy, das Farr Grace beim Verlassen der Limousine in die Hand gedrückt hatte, läutete schrill.
    Grace betätigte eine Taste. »Hallo?«
    Sie hörte ein paar Augenblicke lang zu, dann senkte sie das Handy. »Es ist so weit.«
    Vani huschte aus der Deckung des Mülls unter der Unterführung und schob sich in die Lücke zwischen zwei Zäunen, an der Unkraut wucherte. Travis und Grace

Weitere Kostenlose Bücher