Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
der in der Burg zurückgeblieben war, oder sich zu fragen, ob die Dienstmagd Mirdrid entkommen war. Im blutigen Feuerschein konnte Grace ihren verzweifelten Blick sehen, der sich auf den polierten Oberflächen von zehn schwarzen Harnischen widerspiegelte. Mit blanken Klingen in den Fäusten trieben die Ritter ihre Pferde an und schlossen den Kreis.
Grace griff nach dem Messer, das in ihrem Stiefel steckte, hielt dann aber inne. Das war doch lächerlich. Was wollte sie damit anfangen? Durch ihre Rüstung schneiden, als wäre es Käse? Sie ließ das Messer los und griff mit ihren Gedanken zu, packte die glühenden Lebensfäden um sie herum, ohne darauf zu achten, wem sie gehörten: Männern, Pferden, den vom Wind verkrüppelten Pflanzen, die in der harten Erde des Heidelands ihr kümmerliches Dasein fristeten. Sie wusste nicht, was sie mit den Fäden anstellen sollte, nur, dass ihr bloß Augenblicke blieben, um sie zu einem Zauber zu verweben.
Sie war sich vage bewusst, dass die anderen ein Dreieck um sie herum bildeten. Beltan hielt das Schwert, das Elwarrd ihm gegeben hatte. Vanis goldene Augen leuchteten in der Dunkelheit, ihre Hände waren erhoben, zum Schlag bereit. Falken hielt nur einen schmalen Dolch in der Silberhand. Er hätte genauso gut seine Laute halten können, was den Nutzen anging.
Der riesige Ritter – der mit den drei Kronen des Anführers auf dem Harnisch – war ihr am nächsten, die drei anderen standen dicht hinter ihm. Die übrigen sechs Ritter bewegten sich ebenfalls, aber der Anführer hob die freie Hand und hielt sie zurück. Zweifellos wollte der riesige Mann etwas Raum für sich und die anderen drei haben, um die Schwerter schwingen zu können. Selbst mit Beltan und Vani an ihrer Seite wusste Grace, dass vier Ritter mehr als ausreichten. Schließlich brauchte man nur einen, um ihr den Kopf abzuschlagen. Und das war es doch, was sie wollten, oder? Sie wollten nicht die anderen, sie wollten nur sie – die Erbin von Malachor. Sie hatten versucht, sie zu töten, seit sie ein Säugling war. Und jetzt würden sie es endlich schaffen.
»Mach dich bereit«, knurrte Beltan an ihrer Seite.
Grace umklammerte die Kette an ihrem Hals und webte hektisch die Fäden der Weltenkraft. Nebel stieg aus dem feuchten Boden auf. Ja, sie konnte mit dem Nebel einen Zauber weben. Sie hatte es schon zuvor getan, auf dem Dorfplatz von Falanor. Sie benutzte die Macht der Weltenkraft, um den Nebel zusammenzuziehen, ihn dichter zu machen, ihn zu sich zu ziehen. Von den Rittern unbemerkt stieg hinter ihnen eine graue Mauer auf. Wenn es ihr gelang, sie näher kommen zu lassen, die Ritter damit einzuhüllen, ihnen die Sicht zu rauben, dann hatten sie vielleicht eine Chance, hier wegzukommen.
Der Anführer der Ritter brachte sein Schlachtross vor ihr zum Stehen; in seiner schwarzen Rüstung sah er mehr wie eine Maschine als wie ein Mensch aus. Seine drei Gefährten ritten an seine Seiten, die anderen hielten den weiten Kreis aufrecht, aus dem es kein Entkommen gab.
»Ihr wisst, was zu tun ist, Brüder!«, rief der Hüne. »Die Zeit ist gekommen, dass der Tod jene trifft, die ihn verdient haben. Jetzt!«
Beltan hob das Schwert. Vani setzte sich in Bewegung, ihre dunkle Gestalt verschmolz mit dem Zwielicht. Wie einstudiert hoben die vier Ritter die Schwerter …
… und trieben die Pferde an, um sich ihren sechs Brüdern zuzuwenden. Der Hüne stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus, trieb das Schlachtross an. Die drei Ritter an seiner Seite folgten seinem Beispiel.
Grace starrte ihm nach, der Zauber löste sich auf, als ihr Verstand zu begreifen versuchte, was hier geschah. Offensichtlich hatten die sechs Ritter genauso wenig mit dieser Wendung der Ereignisse gerechnet wie Grace. Bevor einer von ihnen eine Bewegung machen konnte, schwang der Hüne sein Schwert. Ein helles Klirren hallte durch die Luft. Ein Helm fiel zu Boden, mitsamt dem darin befindlichen Kopf, ein lebloser Körper folgte, die Rüstung schepperte wie ein Haufen Schrott.
Jetzt reagierten die übrig gebliebenen fünf Ritter. Laute Flüche ausstoßend richteten sie ihre Schwerter gegen die Angreifer. Aber sie waren nicht schnell genug. Ein weiterer kippte vom Pferd und stürzte zu Boden, wo er reglos liegen blieb.
Es war das blanke Chaos. Reiterlose Pferde wieherten. Der Nebel, den Grace herbeigerufen hatte, zerbrach in rasende Wirbel, die die Sicht versperrten. Wieder und wieder erklang der Laut von Stahl auf Stahl.
»Was passiert da?«,
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