Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
denken, und wir werden bei Sia um deine Sicherheit beten.
Und wir werden mit dir sprechen, sagte Aryn. Ich weiß, dass ich dich nun immer finden werde, ganz egal, wo du bist. Die Weltenkraft wird mich zu dir führen.
Grace lachte trotz ihrer Tränen. Dann werde ich nie allein sein, oder?
Zögernd löste sie sich von den beiden Hexen. Tarus warf ihnen einen misstrauischen Blick zu.
»Haben sie gerade einen Zauber gewoben?«, fragte der rothaarige Ritter.
Sareth grinste. »Das ist so gut wie sicher.« Der Mournisch trat näher heran und küsste Grace auf die Wange. Er duftete nach Gewürzen. »Lasst das Schicksal Euch leiten.«
Sie erwiderte den Blick aus seinen dunklen Augen und nickte. »Ich werde es versuchen.«
»Mein Bruder hat Recht«, sagte Vani und kam heran. »Das Schicksal wird dich dorthin führen, wo du hingehen musst, wenn du es zulässt.«
Grace lächelte und ergriff die Hand der T'gol. Dann erblickte sie über ihre Schulter hinweg eine hoch gewachsene, sehnige Gestalt. Beltan.
Sprich mit ihm, Vani, webte sie mit der Weltenkraft, und an den weit aufgerissenen goldenen Augen der T'gol erkannte Grace, dass sie es verstanden hatte.
Vani sagte kein Wort, aber sie nickte, bevor sie sich abwandte. Dann war Beltan da und umarmte Grace so fest, dass es wehtat, aber das war ihr egal, und sie drückte so fest zurück, wie sie konnte.
»Das fühlt sich falsch an«, sagte er. »Mir ist egal, was König Boreas sagt. Ich sollte dich jetzt begleiten und nicht warten, bis der Rest der Krieger von Vathris dem Waffenruf folgt.«
»Boreas braucht dich als Befehlshaber.«
»Mein Platz ist an deiner Seite, Grace.«
Sie brauchte nur einen kurzen Augenblick, um darüber nachzudenken. »Ist das wirklich wahr, Beltan? Ist dein Platz nicht an der Seite von jemand ganz anderem?«
Sie fühlte, wie er sich anspannte. War das richtig? Arbeitete sie dem Schicksal entgegen, oder tat sie genau das Falsche? Sie wusste es nicht; sie wusste nur, dass sie das hier tun musste.
Grace ging so nah an ihn heran, bis ihre Lippen fast sein Ohr berührten. »Es gibt eine Möglichkeit, wie du und Vani zu ihm könnt. Du musst ihn finden und zurückbringen. Eldh braucht ihn. Wir alle brauchen ihn.«
Beltan zitterte jetzt am ganzen Körper. »Travis«, flüsterte er. »Du sprichst von Travis.«
»Ja. Du musst wissen, ich habe …«
»Das reicht, Beltan«, sagte eine polternde Stimme. »Jetzt bin ich an der Reihe.«
Grace und Beltan fuhren auseinander, als König Boreas auf sie zuschritt. Beltans Gesichtsausdruck zeigte Staunen und Verwirrung. Vani warf ihm einen scharfen Blick zu, und Beltan erwiderte ihn, aber der König schien nichts davon zu bemerken.
»Mylady«, sagte König Boreas zu Grace. »Oder sollte ich besser sagen meine Königin – Ihr vollbringt heute eine tapfere Sache für die Domänen und für ganz Eldh. Und ich werde Euch auch nicht beleidigen, indem ich so tue, als wäre es kein gefährliches Unternehmen.«
Sie brachte ein schwaches Lächeln zu Stande. »Wisst Ihr, das ist alles nicht besonders tröstlich, Euer Majestät.«
Er ließ ein breites Grinsen aufblitzen. »Nicht wahr? Nun, nur Mut, Mylady. Auch wenn es schwierig werden wird, Ihr müsst Burg Todesfaust nur für kurze Zeit halten. Die Männer von Vathris haben meinen Ruf gehört. Es wird nicht lange dauern, bis sich hier ein großes Heer versammelt. Und dann werden die Krieger so schnell sie können nach Norden marschieren, um Euch zur Hilfe zu kommen.«
Grace nickte und hoffte, dass man ihr das Entsetzen nicht zu deutlich vom Gesicht ablesen konnte. Aber vielleicht konnte man das doch, denn er kam näher und nahm ihre Hand.
»Es war ein glücklicher Tag, als Sir Durge Euch im Dämmerwald fand, Lady Grace.« Seine Stimme war leise und schroff, so dass allein sie sie hören konnte. »Glücklich für Eldh und glücklich für mich.«
Er lächelte, und diesmal war der Ausdruck gar nicht mehr so wild. »Ich habe Königin Narenya geliebt, und als ich sie verlor, glaubte ich, keine Frau mehr zu brauchen, dass die Herrschaft über die Domäne ausreichen würde, um mich zu beschäftigen. Aber im vergangenen Winter, als Ihr das Schloss betreten und seine Säle erhellt habt, erkannte ich, wie sehr ich mich geirrt hatte. Es gibt Augenblicke, in denen ich mich einem Tagtraum hingebe, Mylady. Und es ist ein äußerst verführerischer Tagtraum. Denn darin sitzt Ihr und ich Seite an Seite auf dem Thron von Calavere und herrschen weise. Zusammen.«
Grace war es
Weitere Kostenlose Bücher