Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
ausmachen.
Travis stand dem Podest am nächsten. »Ich weiß nicht, wer sie sind«, sagte er hart. »Aber ich würde die Großen Steine darauf wetten, dass es die Sieben von Orú sind.«
Jenseits der Vermummten konnte Grace mehrere lange, rechteckige Umrisse sehen. Es waren Steinsarkophage. Das Tor schien etwas höher positioniert zu sein als der Raum auf der anderen Seite, als würde es hier wie dort auf einer Art von Podest ruhen. Grace konnte gerade eben in einen der Sarkophage hineinsehen. Dort lag ein goldenhäutiger Mann, dessen Augen geschlossen waren, als würde er schlafen.
Eine feine Schweißschicht trat auf Graces Stirn. Wenn das die Schicksalslosen waren, dann befand sich der Raum auf der anderen Torseite auf …
»Die Erde«, sagte sie. »Das ist die Erde auf der anderen Seite.«
Aber wo auf der Erde? Und wer waren die Gestalten in den schwarzen Gewändern, wenn nicht die Scirathi?
»Wir müssen durch das Tor«, sagte Travis. »Larad, bringt die Großen Steine mit. Ich glaube, Farr hat Recht. Das Perihel kommt. Wir müssen die Steine mit den Sieben in Kontakt bringen.«
Ja, das war es, dachte Grace. Ihre kühle Ärztinnenlogik überwand das fiebrige Chaos in ihrem Verstand. Sie überdachte das Wissen, das sie von den Symbolen an den Wänden des Thronsaals erhalten hatten. Das Universum litt unter einer fatalen Krankheit, und die Risse waren ein Symptom, und die einzige Möglichkeit zur Genesung des Patienten bestand darin, das Ungleichgewicht umzukehren, das die Krankheit überhaupt erst hervorgerufen hatte. Die Imsari mussten mit dem Blut der Sieben vereint werden.
Aber was hat das mit der Letzten Rune zu tun? Sfithrisir hat gesagt, nur die Letzte Rune könnte die Risse heilen.
Larad starrte das Tor an: Auf seinem Narbengesicht zeichnete sich Staunen ab, dann setzte er sich in Bewegung. Travis lief bereits die Stufen des Podestes hinauf.
»Wir dürfen auf keinen Fall getrennt werden«, sagte Vani und nahm Nim auf den Arm.
Farr folgte der T'gol, aber Grace zögerte. Noch vor kurzem war sie mit Hilfe von Farrs Silbermünze ein paar Augenblicke lang zur Erde zurückgekehrt. Als sie in den Abgrund gesprungen waren, war keine Zeit für genaue Überlegungen gewesen, wo die Münze sie hinbringen sollte; sie hatten nur einen Sekundenbruchteil gehabt, um sich einen Ort einfallen zu lassen, den sie beide kannten, den sie sich beide vor ihrem geistigen Auge vorstellen konnten. Grace war einer eingefallen. Als sich ihre Hände berührt hatten, hatte sie mit Hilfe der letzten Fasern der Weltenkraft Farr ein Bild übermitteln können. Und dort waren sie hingegangen.
Das Beckett-Strange-Heim für Kinder.
Sie hatten nur wenige Sekunden lang unter dem blauen Himmel von Colorado gestanden. Grace hatte die vom Feuer zerstörte Ruine angestarrt, zu keiner Bewegung oder Wort fähig. Der Wind war durch das kurze Gras gerauscht. Hier hatte alles angefangen. Hier hatte sie das erste Mal erfahren, was es bedeutete, verletzt zu werden …
Und hier hatte sie zum ersten Mal die Macht kennen gelernt, die das Heilen mit sich brachte.
Mit diesem Gedanken hatten sich die Furcht, das Entsetzen und die Trauer in ihrem Inneren aufgelöst. Es war kein Fehler gewesen, an diesen Ort zu kommen. Im Gegenteil, es hatte sie daran erinnert, wer sie wirklich war. Keine Königin, keine Hexe und auch nicht die Erbin einer Prophezeiung, sondern – letztlich – eine Heilerin. Sie hatte Farr die Münze abgenommen, und sie waren mit einem Gedanken nach Eldh zurückgekehrt, zu der Brücke außerhalb des Thronsaals.
Grace ließ jedes Zögern hinter sich und rannte hinter den anderen her. Einen Augenblick lang hatte sie die schreckliche Vorstellung gepackt, niemals nach Eldh zurückkehren zu können, wenn sie durch das Tor zur Erde trat. Nicht zu ihrer Festung und auch nicht zu ihrem Volk. Aber das spielte keine Rolle – das wusste sie jetzt.
Grace hatte niemals beabsichtigt, zu ihm zurückzukehren.
Sie zwang sich, schneller zu laufen. Travis näherte sich schon dem Thron.
Eine Hand griff durch das Tor, tastete umher.
Travis hielt kurz vor dem Tor abrupt an. Die Hand griff nach ihm, die schmalen Finger ausgestreckt. Eine Frauenhand. Auf der anderen Seite drängten sich mehrere der Vermummten vor dem Tor. Die Frau führte sie an; ihr Gesicht wurde von einem Schleier statt von einer Kapuze verhüllt. Sie griff durch das Tor. Nach Travis?
Nein. Ihre Hand griff an ihm vorbei, nach dem Thron. Die Fingerspitzen erreichten gerade
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