Die letzte Schlacht
feierlich.«
Kreysun war klar, dass er es nicht tun sollte, doch er konnte nicht anders. Das Lager der Toten war still, der Gestank überwältigend. Er stellte sich vor, wie die Krankheiten durch jede Körperöffnung und jeden kleinen Schnitt in ihn eindrangen. Seine Augen brannten, seine Nase tat weh, und die Kehle wurde ihm eng. Doch es gab keine andere Möglichkeit.
Mitten im Lager stand der offene Wagen, umringt von zehnfach gestaffelten toten Wächtern. Kreysun schritt darauf zu. Eine Gestalt löste sich aus der Menge und wandte sich an ihn.
»Hasheth.«
»Kreysun.« Hasheth lächelte, die spitz zugefeilten Zähne schimmerten. »In unseren Reihen gibt es Unruhe. Haben wir ein Problem, über das mein Herr Gorian unterrichtet werden sollte?«
Kreysun spuckte aus, der Speichel landete zwischen Hasheths Füßen.
»Der König weiß alles. Euer König. Es ist an der Zeit, dass Ihr und Euer Unrat entscheidet, wem Ihr dienen wollt.«
Hasheth lachte, und hundert Tote stimmten flüsternd ein. Kreysun schauderte.
»Nein, Prosentor. Ich habe schon vor langer Zeit entschieden, wem ich dienen will. Nun müsst Ihr entscheiden, aber entscheidet Euch bald. Die Morgendämmerung und der Ruhm sind nahe.«
25
859. Zyklus Gottes,
12. Tag des Genasab
H altet die Köpfe unten und blickt nach vorn«, schnauzte Davarov. »Ich will nicht, dass auch nur einer von euch stirbt, ist das klar?«
Die Soldaten gaben Davarovs Worte auf der ganzen Juwelenmauer und auch an die weiter, die hinter dem großen Wall angetreten waren. Überall brannten Pechfeuer, die Katapultarme waren ebenso gespannt wie die Bogensehnen. Pfeilspitzen und Steine lagen bereit und konnten jederzeit in die Flammen getaucht werden. Das Pulver, das großen Schaden anrichten würde, wie Davarov Jhered versichert hatte, war in Flaschen abgefüllt und zusammen mit Steinen in Netzen verstaut, die in Brand gesteckt und über die Mauer geschleudert werden konnten. Unten standen weitere Kästen mit Flaschen bereit, die die Kämpfer mithilfe von Seilen schnell auf den Wehrgang ziehen konnten.
Die Rufe, die Davarov antworteten, die wehenden Flaggen und die hochgereckten Fäuste sprachen eine deutliche Sprache.
»Die Toten kommen, um gegen uns zu kämpfen, doch sie werden nicht über diese Mauer klettern. Lasst euch nicht von ihnen erwischen. Jeder, der fällt, stärkt unsere Feinde. Achtet auf eure Freunde und eure Brüder. Ihr wisst, was ihr tun müsst. Und blickt nicht nach Neratharn zurück. Dort kämpfen die stärksten Kräfte, die wir überhaupt kennen, gegen unsere Feinde. Ich glaube an die Aufgestiegenen. Ich habe sie bei der Arbeit gesehen, und sie werden nicht zulassen, dass die Toten unsere Freunde holen.«
Davarov hielt inne und blickte von seinem Platz über den Toren auf die atreskanische Ebene hinaus. Noch eine Meile waren sie entfernt und zogen eine schwarze Spur hinter sich her. Die Toten rückten auf einer drei Meilen breiten Front vor. Es waren Tausende und Abertausende. Furcht wehte mit dem Wind heran, der auch den Verwesungsgeruch mitbrachte. Schweigen breitete sich vor den Toten aus. Am Horizont bewegten sich Geschütze.
»Lasst euch nicht von euren Albträumen überwältigen. Die Herren der Himmel und der Sterne blicken auf euch herab. Heute wird die Welt wieder ins Gleichgewicht gebracht. Die Toten sollen unter der Erde ruhen, und nur die Lebenden werden auf ihr wandeln. Ihr alle werdet euren Beitrag dazu leisten. Für Atreska, für Neratharn, für Estorea und für mich!«
Davarov hob sein Schwert, und die Sonne spiegelte sich auf der langen, schweren Klinge. Wie seltsam und ungewohnt sie sich anfühlte. Doch er hatte genug damit geübt. Auch die Sarissenträger, die Axtkämpfer und die mit Hämmern bewaffneten Infanteristen. Es war viel zu wenig Zeit geblieben, um sich auf einen Krieg vorzubereiten, der anders war als alle Auseinandersetzungen, die sie bisher erlebt hatten.
»Erntet diese Früchte für mich«, sagte er leise, als seine Legionäre begeistert brüllten. »Zerhackt sie und verbrennt sie.«
»Eine gute Ansprache«, lobte Roberto ihn.
Davarov lächelte. »Nun ja, ich habe dir vermutlich oft genug zugehört. Da bleibt was hängen.«
»Wenigstens war sie nicht sehr lang.«
»Bleibst du hier bei mir?« Davarovs Lächeln verblasste, als er den gehetzten Ausdruck in Robertos Augen bemerkte. »Solltest du nicht besser auf der anderen Seite sein?«
Roberto schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht dort hingehen. Ich kann
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