Die letzte Schlacht
Sonne in der Mitte.
Sie lächelte in Richtung der Aufgestiegenen. Es war ein so warmes Lächeln, dass sogar Arducius einen Moment schwankte. Ihre Energien schimmerten jetzt in einem sanften Grün und einem langsam pulsierenden Blau. Sie besaß eine Selbstbeherrschung, die man nur bewundern konnte, denn dies entsprach natürlich nicht ihren wahren Gefühlen, obwohl ihre Energiestruktur es zu beweisen schien. Sie strahlte nichts als Liebe und Vergebung aus.
»Ich beginne keineswegs jeden Tag damit, jemanden zu hassen. Niemand, der an einem von Gott gesegneten Tag die Augen öffnet, kann so eine Dunkelheit im Herzen tragen. Die Freude, die uns der Allwissende mit jedem Atemzug schenkt, fegt diese Finsternis fort. Wir alle haben unter dem Antlitz Gottes die Freiheit, unser Leben nach seinen Regeln zu führen. Als Lohn schenkt er uns dafür die wundervolle Welt, in der wir leben.
Doch in dieser schlichten Schönheit liegt auch ein Makel, denn das Böse lebt. Wäre dem nicht so, dann könnte ich die Ritter Gottes nach Hause schicken, nicht wahr?«
Ein Kichern lief durch die Zuschauerbänke. Viele lächelten, aber keineswegs alle.
»Es ist meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Böse nicht die Oberhand gewinnt und nicht etwa die Werke des Allwissenden besudelt oder die Gläubigen auf einen falschen Weg führt. Ich fürchte, durch das Böse des Aufstiegs sind schon viele in die Irre gegangen, und sogar kluge Köpfe waren darunter. Seit mehr als zehn Jahren sind die Verbrechen gegen den Allwissenden ungesühnt geblieben, ja sie wurden sogar von jenen gebilligt, deren Stellung ihnen dies eigentlich verbieten sollte.
Allerdings werde ich jetzt nicht die ganze Liste vorlesen. Schließlich wollen wir heute Nacht noch schlafen, nicht wahr?«
Wieder kicherten die Leute, und einige zustimmende Rufe wurden laut, die aber rasch wieder verstummten.
»Ich habe sie aber dabei, falls jemand darauf besteht …« Die Kanzlerin deutete hinter sich. »Ich werde die Angelegenheit sehr einfach halten, aber zuerst will ich eine Frage beantworten, die vielen hier durch den Kopf geht. Hasse ich jene, die eine Ketzerei begehen? Ist es Hass, der mich treibt, ihre Schuld festzustellen und sie vernichten zu lassen?«
Sie drehte sich wieder zu den Bänken der Aufgestiegenen um und setzte abermals ihr strahlendes Lächeln auf. Arducius konnte kaum glauben, was sie als Nächstes sagte.
»Nein, natürlich nicht. Der Hass hat keinen Raum im Herzen eines Priesters des Allwissenden. Genau wie meine Sprecher und Leser empfinde ich vor allem Bedauern. Bedauern, dass jemand den rechten Weg verlassen hat und dem Bösen folgt. Bedauern, dass es irgendjemanden auf der Welt gibt, der das Werk Gottes zerstören will.
Ich lebe jedoch in dieser Welt und verstehe, dass es immer Menschen geben wird, die sich gegen den Allwissenden stellen und versuchen, den Glauben an ihn zu ihrem eigenen Vorteil zu unterhöhlen. Deshalb liegt es nicht nur bei mir, dieses Böse zu suchen und zu vernichten. Es ist die Pflicht jedes gläubigen Bürgers, der wie ich jeden Morgen erwacht und die Schönheit dieser Welt sieht.
Natürlich ist Vernichtung der einzige Weg, denn jene, die sich für die Ketzerei entscheiden, können nicht in die Umarmung Gottes zurückgeführt werden. Sie müssen denen als warnendes Beispiel dienen, die daran zweifeln, dass der einzige Weg der Weg im Namen Gottes ist. Nicht Hass, sondern Bedauern leitet mich, und ich weine ebenso wie mein Gott um jeden von ihnen, der brennen muss.«
Die Kanzlerin hielt inne. Trotz seiner Empörung über die Ungerechtigkeit musste Arducius sie bewundern und verstand sie sogar ein wenig besser. Ihm wurde allmählich bewusst, warum sie so mächtig und so beliebt war, obwohl sie nicht mehr die Unterstützung der Advokatin genoss. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich hatte. Aurelius war nun der Schlüssel. Er, Marcus Gesteris und Elise Kastenas.
»Wie ich schon sagte, will ich es einfach halten. Ich muss keine Vielzahl einzelner Verbrechen beweisen, die für sich genommen vielleicht nicht einmal als Ketzerei zu bewerten wären. Manch einer mag sogar einwenden, es sei ein Akt der Gnade, ein Leben aus Gottes Händen zurückzuholen. Ich bin dieser Debatten müde. Nein. Ich kann dank ihrer eigenen Worte schlüssig beweisen, dass diese Aufgestiegenen und ihre Unterstützer Ketzer sind.«
Arducius knuffte Ossacer. »Jetzt kommt es, Ossie. Pass auf.«
»Ossacer Westfallen, ich
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