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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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riesigen, angsterfüllten Augen, aus denen sie sich ständig furchtsam umblickte, als erwarte sie jeden Moment, das leibhaftige Verhängnis zur Tür hereinkommen zu sehen. Um nicht ungerecht zu sein, rief er sich immer wieder ins Gedächtnis, dass sie Schlimmes erlebt und daher jedes Recht hatte, die Welt als bloßes Grauen zu empfinden. Aber warum sie hier in diesem harmlosen Städtchen, weit weg von London, derartig herumzitterte, mochte ihm nicht ganz einleuchten.
    Sie ist traumatisiert, und traumatisierte Menschen agieren nicht logisch, sagte er sich.
    Er trank ein wenig zu viel Bier, eigentlich nur, um den Zeitpunkt des Aufbruchs hinauszuzögern. Da er Alkohol in recht ordentlichen Mengen gewohnt war, spürte er es nicht, aber zweifellos hätte er nicht mehr fahren sollen. Egal. Irgendwie mussten sie schließlich in ihre Nobelherberge kommen.
    Im Auto sagte Pamela plötzlich: »Ich verstehe nicht, weshalb sie nach Pit fahnden müssen. Warum verhaften sie ihn nicht einfach in seiner Wohnung?«
    »Weil er wahrscheinlich nicht zu Hause war, als sie aufkreuzten«, sagte Cedric, »und möglicherweise bislang auch nicht erschienen ist. Bestimmt observieren sie seine Wohnung. Irgendwann tappt er in die Falle. Vielleicht hat er es sogar schon getan.«
    »Es sei denn, er weiß, dass Ron verhaftet wurde.«
    »Woher sollte er das wissen?«
    Sie zuckte mit den mageren Schultern. »In diesen Kreisen sprechen sich solche Dinge rasch herum. Wenn Pit bis jetzt nicht gefasst wurde, ist ihm mit Sicherheit von irgendeiner Seite zugetragen worden, dass sie Ron geschnappt haben. Und dann geht er im Leben nicht in seine Wohnung zurück.«
    »Muss er denn aus Malikowskis Verhaftung zwangsläufig schließen, dass ihm das Gleiche droht?«
    »Er wird es zumindest befürchten. Pit ist nicht dumm. Er ist gefährlich und krank, aber er ist absolut clever. Und er kennt Ron. Die beiden sind dicke Freunde, aber jeder würde den anderen sofort verpfeifen, wenn er einen Vorteil davon hätte.«
    »Sehr ehrenhaft«, murmelte Cedric.
    »Ehre ist ein Wort, das die nicht kennen«, sagte Pamela, »und wenn sie es kennen würden, würden sie darüber lachen. «
    Cedric fluchte leise, weil er merkte, dass er an der Abzweigung zu Mrs. Blums Haus vorbeigefahren war. Den schmalen, dunklen Waldweg konnte man bei Nacht leicht übersehen. Er legte den Rückwärtsgang ein, fuhr ein Stück zurück und bog dann ab. Als sie vor dem einsamen Haus hielten, wandte er sich an Pamela.
    »Pamela, wo ist denn das Problem? Okay, nehmen wir an, Wavers rechnet mit seiner Verhaftung und hält sich versteckt, und meinetwegen tut er das mit großer Geschicklichkeit und Umsicht. Aber gerade darum wird er nicht losziehen und versuchen, seine abartigen Rachegelüste an Ihnen auszuleben. Er ist vollauf damit beschäftigt, seine Haut zu retten. Und wie sollte er uns finden? Schauen Sie sich doch um! Hier findet uns niemand!«
    Er konnte mehr spüren als sehen, dass sie zitterte. »Sie kennen ihn nicht«, flüsterte sie.
    »Nein, ich kenne ihn nicht, aber es gibt ein paar Dinge, die sagt mir einfach mein gesunder Menschenverstand«, erklärte Cedric und stieg aus. »Pamela, hören Sie auf, sich zu fürchten. Ich verstehe, was in Ihnen vorgeht, aber Sie haben keinen Grund, sich so verrückt zu machen.«
    Und mich auch, fügte er in Gedanken hinzu.
    In tiefster Dunkelheit suchten sie sich den Weg zur Haustür. Cedric sperrte auf. Sie machten Licht und traten in ihre Wohnung. Der Gasofen ächzte und stank, verbreitete jedoch wenig Wärme. Es war noch immer sehr kalt in den Räumen.
    »Sind die Betten bezogen?«, fragte Cedric.
    Pamela spähte in eines der Schlafzimmer. »Nein.«
    Das hatte er befürchtet. »Dann müssen wir erst einmal nach Bettwäsche suchen. Hoffentlich gibt es hier so etwas!«
    Sie fanden die Bezüge in einem kleinen Schrank im Wohnzimmer. Sie wirkten sauber, fühlten sich jedoch klamm an und rochen etwas muffig. Pamela schien sich daran nicht allzu sehr zu stören, aber Cedric fing allmählich an, dieses Abenteuer zu verfluchen.
    Im ersten Tageslicht, schwor er sich, brechen wir hier auf. Und suchen uns irgendwo ein hübsches und gepflegtes Hotel.
    »In welchem Zimmer möchten Sie schlafen?«, fragte er. »Sie können es sich aussuchen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte überhaupt nicht schlafen. Ich bleibe hier im Wohnzimmer sitzen.«
    »Warum das denn?«
    »Ich bin dann weniger angreifbar.«
    »Das kann doch nicht wahr sein! Pamela, Sie brauchen Ihren

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