Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung von Esra Schwarz zu genehmigen.
»Keinen Grund?«, schnaubte Assaf ärgerlich. »Der Typ hat kein Alibi und ein Motiv. Wenn das kein Grund ist ...«
»Anscheinend sieht Richter Cohen das anders. Hier, ich lese es dir gerne vor«, sie suchte in dem Dokument, das sie auf seinen Tisch gelegt hatte, »›und daher halte ich das angegebene Motiv für konstruiert und einer tiefergehenden Prüfung nicht bestandsfähig‹.«
»Dieser Hornochse! Für eine tiefergehende Prüfung brauche ich ja eben den Beschluss.«
»Er begründet seine Entscheidung außerdem damit, dass Esra Schwarz ein unbescholtener Bürger ohne Vorstrafen sei«, fügte Zipi hinzu.
Assaf schnaufte.
»Der Afrikaner Moses Okoye war auch ein unbescholtener Bürger, und trotzdem ging es da ganz schnell«, mischte sich Yossi ein, der das Gespräch von nebenan mitgehört hatte und nun im Türrahmen erschien. »Übrigens, Assaf, ich habe die Dame von der Hilfsorganisation für Gastarbeiter und Flüchtlinge zurückgerufen. Sie hat sich beschwert, dass wir Moses so lange festgehalten haben.«
Assaf blickte seinen Kollegen erstaunt an, während er ihm in den Vorraum folgte: »Woher wusste die denn, wie lange Moses hier war?«
»Ja, das habe ich sie auch gefragt. Aber sie wollte mir darauf nicht konkret antworten. Ich glaube, für die sind wir alle die gleichen Bullenschweine. Dabei schätze ich ihr Engagement für die Afrikaner sehr, und das habe ich ihr auch gesagt.« Yossi atmete tief ein.
Assaf ahnte, dass nun eine moralische Rede zur Lage der Flüchtlinge in der Nation Israel folgen würde.
»Gerade am Wochenende«, setzte sein Kollege an, »habeich einen Kommentar von einem Soziologen gelesen, wie gefährlich es ist, dass wir die Schwarzen einfach in den Süden von Tel Aviv gesteckt haben und sie dort nun sich selbst überlassen sind. Niemand scheint sich für sie zu interessieren, und das, obwohl Schätzungen nach bereits fünfzigtausend und mehr im Land sind. Und jetzt will man sie nicht einmal mehr arbeiten lassen. Was sollen die armen Teufel denn dann tun? Da bleibt ja nur die Flucht in die Kriminalität.«
»Aber die sind doch nicht nur im Süden der Stadt!«, widersprach Assaf. »Überall sieht man sie mittlerweile. Nicht nur in den Restaurants, sondern am Strand, auf der Dizengoff. Und immer öfter sehe ich welche, die besoffen irgendwo herumtorkeln! Und weißt du, Yossi, warum es so viele sind? Weil die gezielt nach Israel geschickt werden. Sogenannte Hilfsorganisationen bequatschen die Afrikaner, was Israel für ein Schlaraffenland sei, und überzeugen sie, geradewegs hierherzukommen. Und warum? Weil sie Israel muslimischer machen wollen.«
»Wer sagt denn so was?«
»Guy Bechor«, erwiderte Assaf mit einem Lächeln, weil er wusste, dass der anerkannte Akademiker und Nahost-Experte auch von seinem Kollegen geschätzt wurde.
»Wirklich? Schick mir mal den Link! Das kann ich nicht glauben«, antwortete Yossi misstrauisch.
Assaf kehrte an seinen Schreibtisch zurück und rief den Richter Itzhak Cohen an, der ihm den Durchsuchungsbeschluss verweigert hatte. Weil er ihn nicht persönlich erreichte, bat er die Sekretärin um dessen Rückruf.
Dann ging er mit der Rechtsmedizinerin Liat Schapira essen. Gerade als der Kellner eine dampfende Pasta vor Assafauf den Tisch stellte, klingelte sein Handy. Wäre es nicht Yossi gewesen, hätte der Kommissar das Klingeln einfach ignoriert.
»Assaf«, rief Yossi aufgeregt ins Telefon, »ich glaube, Joy wurde gefunden. Sie ist ... tot.«
»Woher weißt du das?«, fragte Assaf. Seine Stimme klang blechern.
»Ich habe einen Anruf von einem Kollegen bekommen, der unsere Fahndung gesehen hat«, erklärte Yossi.
»Ich komme sofort.« Assaf erklärte Liat, was passiert war. Dann liefen sie gemeinsam zurück zum Revier. Auf dem Parkplatz sprangen sie in den Wagen, in dem Yossi bereits mit laufendem Motor wartete.
»Wo hat man Joy gefunden?«, fragte Assaf außer Atem.
»Im Jarkon. Sie wurde an einer kleinen Anlegestelle im Park angeschwemmt.«
Die drei durchquerten fast die ganze Stadt auf dem Weg nach Norden zum Tel Aviver Park, durch den der Jarkon floss. Früher konnte man unter der grünen Brühe kaum einen Fluss erkennen, aber in den letzten Jahren hatten Umweltschützer und Stadtverwaltung das Gewässer gereinigt.
Sie fuhren fast bis an den Fundort heran. Die Leiche war in der Nähe der Brücke, die zum Open-Air-Stadion führte, aufgefunden worden. Dieselbe
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