Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
Richter nicht mein Onkel ist.«
»Sehr witzig«, antwortete Anat beleidigt.
Ihr Telefon klingelte. Assaf beobachtete sie, wie sie angespannt zuhörte. Sie nickte schnell und sagte dann: »Ich komme sofort.« Ehe Assaf sich versah, sprang sie auf und sammelte ihre Aufzeichnungen ein. »Assaf, ich bin gleich wieder da. Ich erkläre dir dann alles«, rief sie und ließ den Kommissar verdutzt zurück.
Assaf ging langsam in sein Büro und setzte sich an seinen Schreibtisch. Nachdem er einige Minuten einfach nur so dagesessen und auf die weiße Wand vor ihm gestarrt hatte, raffte er sich auf, die Zwischenberichte zu schreiben. Vielleicht half es auch, die ganzen Informationen und Gedanken noch einmal zu notieren. Auch das Verhör mit EsraSchwarz las er sich noch einmal durch. Anat hatte recht. Vielleicht war alles viel einfacher, und es gab keinen Zusammenhang zwischen dem Mord an Marina und dem tödlichen Unfall Joys.
»Dudu hat ...« Das waren Joys Worte am Telefon gewesen. Dass dieser Dudu vor nichts zurückschreckte, war allgemein bekannt.
Der Kommissar blätterte alle Dokumente durch, die sie in dem Mordfall gesammelt hatten. Plötzlich stieß er auf den Namen Dadusch. Eran Dadusch war der Kommissar vom Drogendezernat, der ihm die Liste der Drogenbosse zusammengestellt hatte. Assaf konnte sich keinen Reim darauf machen, was dieser Name in dem Dienstplan bei Tibi zu suchen hatte. Es war schwer vorstellbar, dass der Leiter des Drogendezernats mit einem Kriminellen kooperierte. Vielleicht sollte er einmal mit Eran Dadusch persönlich sprechen. Bevor Assaf dazu kam, diesen Gedanken zu Ende zu denken, störte ihn das Telefonklingeln.
Wieler.
»Assaf, ich wollte dich nur daran erinnern, dass wir uns morgen Abend zum Schabbatessen sehen.«
Daran hatte Assaf überhaupt nicht mehr gedacht.
»Ich mache jetzt nämlich Feierabend«, erklärte Chaim Wieler schnaufend.
Assaf blickte auf seine Uhr, es war kurz vor vier. »Ja, ich freue mich«, entgegnete Assaf zerstreut. »So gegen sieben, richtig?«
Statt einer Antwort tutete es in Assafs Ohr. Chaim Wieler hatte bereits aufgelegt.
Assaf widmete sich wieder seinen Unterlagen. Vielleicht hatte Tibi einen Informanten im Drogendezernat. Wahrscheinlichmüsste er wirklich einmal mit Eran Dadusch ... Aber auch diesen Gedanken brachte er nicht zu Ende, weil plötzlich seine Bürotür aufflog und eine aufgeregte Anat hineingestürmt kam.
»Assaf«, rief sie, »Batito hat ausgesagt, dass Marina Koslovsky ihn vor ihrem Tod angerufen hat.«
Assaf schaute seine Kollegin verwirrt an. »Ja, das weiß ich doch.«
»Und sie hat ihm gesagt, dass sie später kommt, weil sie erst noch das Geld von Esra Schwarz in Empfang nimmt.«
»Was?« Dem Kommissar klappte förmlich die Kinnlade herunter.
»Hier, ich lese es dir vor: ›Marina rief mich an und meinte, sie komme etwas später. Ich habe sie gefragt, was los sei, und sie sagte, dass sie jetzt das Geld bekommt, das Esra Schwarz uns schuldet.‹«
»Und warum sagt er das erst jetzt? Und warum dir? Und warum hast du mich nicht mitgenommen zu dem Verhör?«
»Ich dachte, er will zu dem Joy-Fall etwas aussagen. Sein Anwalt hat mir extra gesagt, dass Batito ausschließlich mit mir reden will. Dem geht der Arsch auf Grundeis, und er will jetzt mit der Polizei kooperieren. Aber nur so weit, wie er sich nicht selbst belastet.«
Assaf schaute Anat immer noch entgeistert an.
»Ich wusste ja nicht, dass er Informationen zu dem ersten Mordfall preisgeben will«, fügte Anat entschuldigend hinzu.
»Vielleicht hat Tibi Wind von der Sache bekommen und ihn zu der Aussage gedrängt. Er hat mir selbst heute gesagt, dass er den Mörder ebenfalls sucht. Möglicherweise haben die beiden sich auch abgesprochen. Aber wenn die wissen,wer der Mörder ist, warum haben die sich nicht selbst um Esra Schwarz gekümmert?«
»Keine Ahnung. Vielleicht hatten sie nicht genug Zeit. Oder der Fall war ihnen momentan zu heiß. Ist doch auch egal, Assaf. Jetzt kriegst du deinen Durchsuchungsbefehl ganz bestimmt«, sagte Anat euphorisch.
KAPITEL 16
Am nächsten Morgen machte sich Assaf mit einem flauen Gefühl im Magen auf den Weg zur Beerdigung von Joy. Um ihn zu beruhigen, hatte Anat angeboten, ihn zu begleiten. Der Rest der Kollegen befand sich bereits im Wochenende.
Als er mit Anat auf dem christlichen Friedhof in Jaffa ankam, fühlten sich die beiden, als seien sie in einer Parallelwelt gelandet. Auf der Straße vor der Trauerhalle, an die der Friedhof
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