Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
Tomaten-Schafskäsesalat und eine gegrillte Dorade. Anat entschied sich für die Artischocken und Shrimps. Dazu bestellten beide ein GlasWeißwein, nachdem der Kellner mehrmals begeistert angepriesen hatte, dass sie für 50 Schekel so viel Wein trinken konnten, wie sie wollten. Sie entschiedenen sich für einen Sauvignon Blanc aus den Golanhöhen.
Assaf berichtete Anat ausführlich von seinem Vormittag. »Ich weiß nur nicht, warum der Kerl partout nicht gestehen will – obwohl wir doch so viel gegen ihn in der Hand haben«, beendete er seinen Bericht.
»Vielleicht brauchst du nur ein bisschen Geduld«, sagte Anat nachdenklich.
»Na davon hab ich ja auch so viel«, meinte Assaf seufzend.
»Ja, das kenne ich. Ich sitze nicht einmal eine Woche an dem Fall von Joy, und mir ist schon längst die Geduld mit diesen hartgesottenen Kriminellen und ihrer extremen Widerstandsenergie ausgegangen.«
Assaf pfiff beeindruckt. »Widerstandsenergie? Was für ein schöner Begriff aus der Polizeischule«, befand er lächelnd. »Ich glaube, mein Kandidat hat weder eine besondere Widerstandsenergie noch eine überdurchschnittliche Widerstandsintelligenz. Und trotzdem redet er nicht.« Assaf nahm einen Schluck von dem eiskalten Wein. »Aber kommst du grundsätzlich voran in dem Fall Joy?«, fragte er. Sein Gesicht verfinsterte sich.
Anat schaute Assaf mitfühlend an. »Hör auf, dir Vorwürfe zu machen, Assaf. Und jetzt lass uns nicht mehr über die Arbeit reden.«
Assaf war so überrascht, dass die arbeitswütige Anat Cohen nicht über die Arbeit reden wollte, dass er nur zu gerne auf ihr Angebot einging.
Sie redeten und tranken, tranken und redeten. Anaterzählte Assaf von ihrer Hippie-Gluckenmutter, und Assaf erzählte von seiner irakischen, jiddischen Mamme, bis sie beide feststellten, dass wohl alle Israelis einen Mutterkomplex hatten.
»O Gott, es ist ja schon so spät«, entfuhr es Anat plötzlich beim Blick auf ihre Armbanduhr.
»Deswegen trage ich keine Uhren. Die rauben mir die Freiheit«, erklärte Assaf lachend.
»Ja, und du brauchst viel Freiheit was, Assaf Rosenthal?«, neckte ihn Anat beschwipst. Sie hatte mittlerweile ihr Haar geöffnet.
Assaf nahm eine Strähne zwischen seine Finger und spielte damit. Wie auf Befehl stimmte Elvis das nächste Lied an. So, my darling, please surrender. »Bist du etwa betrunken, Geveret Anat Cohen?« Assaf grinste sie an.
Sie legte ihren Arm auf seine Schulter. »Das ist alles wegen dir. Und deinem schlechten Einfluss! Jetzt hänge ich hier schon während der Arbeitszeit mit dir in Restaurants ab«, sagte sie scheinbar verzweifelt.
»Komm«, beschloss Assaf, »wir gehen ans Meer und lassen uns den Wind ein wenig um die Nase wehen.« Er reichte ihr die Hand und zog sie vorsichtig von ihrem Stuhl hoch. Dann stand sie vor ihm. Auf Augenhöhe, hochgewachsen wie sie war. Und ihre blauen Augen funkelten übermütig, bevor ihre Lippen schließlich seine berührten.
KAPITEL 18
Als Assaf zurück ins Büro kam, berichtete ihm Yossi, dass der Parkplatzwächter leider nicht hatte sagen können, wie viele Personen in dem Ford weggefahren waren oder ob der Wagen jemand abgeholt hatte. Zipi richtete ihm aus, dass ein gewisser Moses Okoye für ihn angerufen hatte. Assaf rief Moses sofort zurück. Der Afrikaner wollte sich erkundigen, ob es schon Neuigkeiten über Marinas Mörder gab. Assaf versicherte ihm, dass sie kurz vor dem Durchbruch standen und einen Hauptverdächtigen festgenommen hatten. Er versprach Moses, ihn sofort zu informieren, wenn der Fall abgeschlossen war. Der Afrikaner bedankte sich überschwänglich und gab dem Kommissar zur Sicherheit noch einmal seine Handynummer, die Assaf sorgfältig in sein Notizbuch schrieb.
Danach verließ Assaf gutgelaunt das Büro. Nicht ohne vorher noch einmal bei Anat anzuklopfen, die aber nicht an ihrem Platz war. Er hinterließ ihr ein gelbes Post-it an ihrem Computerbildschirm, in dem er ihr noch einen schönen Abend wünschte. Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: » PS : War toll heute.«
Den Abend verbrachte Assaf entspannt vor dem Fernseher. Er schaute die Nachrichten, in denen von den immer stärker werdenden kulturellen Spannungen innerhalb Israelsberichtet wurde. Nicht nur hatte es im Sommer die großen Demonstrationen für mehr soziale Gerechtigkeit und bessere Bedingungen für die israelische Mittelschicht gegeben, immer öfter kam es auch an anderen Stellen zu Protesten. Die Säkularen lehnten sich gegen die Ultra-Orthodoxen
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