Die letzte Zeugin
gehen, kommen Sie zur Straße. Dort gehen Sie nach links, und dann müssten Sie nach etwa fünfhundert Metern Ihr Auto sehen.«
»Okay. Danke. Ich …«
»Nehmen Sie Ihren Rucksack mit«, sagte sie, als er sich ohne ihn zum Gehen wandte.
»Okay.« Er ergriff ihn. Sein Blick glitt von ihrem Gesicht zur Pistole, zum Hund und wieder zurück. »Danke.«
»Bitte.«
Sie blickte ihm nach, als er eilig davonlief, bis er außer Sichtweite war. Im Haus beobachtete sie ihn weiter über den Monitor, während er im Laufschritt den Weg zur Straße entlanghastete, wobei er sich ständig verängstigt umsah.
Sie hatte ihm Angst eingejagt, dachte sie. Na ja, er ihr auch. Das glich es wieder aus.
Roland wusste ganz genau, wo sein Auto stand. Mit der Pistole hatte er nicht gerechnet. Er hatte gewusst, dass sie eine Alarmanlage und Kameras ums Haus hatte, aber niemand hatte erwähnt, dass die Kameras bis weit in den Wald hinein reichten.
Wenn er sie nicht bemerkt hätte, hätte er den Job vermasselt.
Sie hatte ihm den erschreckten, verirrten Wanderer abgekauft. Warum auch nicht? Er hatte schließlich tatsächlich Angst gehabt. Sie hatte die Glock so gehalten, als könnte sie damit umgehen. Und als würde sie sie auch benutzen. Das fand er bewundernswert, auch wenn er auf der anderen Seite stand.
Und der Hund. Von dem Hund hatte er auch gewusst, aber du liebe Güte , das war vielleicht ein Riesenvieh!
Dann die Schlösser an der Hintertür. Wirklich gut gesichert, dachte er, als er seinen Rucksack auf den Rücksitz warf. Er konnte ziemlich gut mit seinem Dietrich umgehen, aber diese Schlösser würde er nie knacken können. Doch darüber brauchte er gar nicht erst nachzudenken, weil er an den Kameras sowieso nicht vorbeikäme, jedenfalls nicht ohne jede Menge an Ausrüstung.
Diese Sicherheitsmaßnahmen waren reichlich übertrieben.
Der Job wurde auf einmal viel interessanter. Jemand, der eine solche Alarmanlage hatte, einen so großen Hund, eine Glock und der dieses Verhalten an den Tag legte, der hatte mit Sicherheit etwas zu verbergen.
Und herauszufinden, was die Leute verbergen wollten – das liebte er.
24
Brooks kam mit einem Strauß weißer Maßliebchen mit gelben Herzen und einem Kauknochen für Bert in die Küche.
»Du hast mir schon wieder Blumen mitgebracht.«
»Mein Daddy bringt meiner Mama ein oder zwei Mal in der Woche Blumen mit, und er tut das, um sie zum Lächeln zu bringen, so wie du jetzt lächelst.«
»Ich habe mir Sorgen gemacht, dass alles falsch laufen würde, wenn du heute Abend kämest. Und du hast mir Maßliebchen mitgebracht.«
»Dann kannst du ja jetzt aufhören, dir Sorgen zu machen.«
Sie holte eine Vase, wobei sie wünschte, sie hätte einen hübschen kleinen Krug für die Blumen. Insgeheim nahm sie sich vor, einen zu besorgen, wenn sie das nächste Mal in der Stadt war.
»Jedes Mal, wenn ich hierherkomme, riecht es gut, mal ganz abgesehen von dir.«
»Das ist der Rosmarin«, sagte sie und arrangierte die Blumen. »Er duftet so intensiv. Ich habe ein neues Rezept für Hühnchen gefunden, das ich ausprobieren wollte.«
»Ich bin gerne dein Testesser.«
»Es passt bestimmt gut zum Pouilly Fumé.«
»Wenn du das sagst.« Er strich ihr die Haare zurück und drückte seine Lippen auf ihren Hals. »Wie war dein Tag?«
»Ich war unruhig und abgelenkt, aber ich habe trotzdem einiges fertigbekommen. Und ein verirrter Wanderer, ein Fotograf, hat mich gestört. Ich verstehe nicht, warum die Leute Grenzschilder nicht respektieren. Hier gibt es so viel frei zugängliches Land, da braucht man doch nicht auf Privateigentum einzudringen.«
»Wahrscheinlich ist das Gras auf der anderen Seite immer grüner. Ist er bis ans Haus gekommen?«
»Ja. Der Alarm ging los, und ich habe ihn auf dem Monitor gesehen. Sein Kompass ist heruntergefallen und kaputtgegangen, und anscheinend hat er das Haus durch sein Fernglas gesehen.«
Brooks, der gerade dabei war, ihnen Wein einzuschenken, hielt inne. »Fernglas?«
Sie schaute nach dem Hühnchen. »Ja. Ich habe mich noch gefragt, ob er die Kameras damit gesehen hat, aber anscheinend hat er nur Ausschau nach Hilfe gehalten. Ich bin hinausgegangen und um das Gewächshaus herum, damit ich von hinten an ihn herankam.«
»Du bist hinausgegangen, als ein fremder Mann aufs Haus zukam?«
»Ich kann schon auf mich selber aufpassen. Ich mache das schließlich schon lange. Er war allein. Ich hatte meine Pistole und Bert. Er klopfte und rief, und er hat sich mächtig
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