Die letzte Zeugin
versuchen, sie auf der Stelle festzunehmen und das FBI zu verständigen. Vielleicht war er aber auch gar nicht zu Hause, was für sie irgendwie noch mehr Stress bedeuten würde. Oder er …
»Entspann dich«, sagte Brooks und hielt vor einem gepflegten zweistöckigen Haus mit angebauter Garage und einem schönen Fächerahorn im Vorgarten.
»Das kann ich nicht.«
Er blickte sie an. »Sollen wir hineingehen oder draußen bleiben, Abigail? Es ist deine Entscheidung.«
»Hinein, aber ich kann mich nicht entspannen.«
Wenn sie weglaufen musste, würde sie nicht zulassen, dass er zusammen mit ihr floh. Sie würde nicht zulassen, dass er sein Leben, seine Familie, seine Welt aufgab. Sie hatte einen Ersatzschlüssel in der Tasche, und wenn es sein musste, konnte sie auf der Stelle wegfahren. Wenn das passierte …
»Was auch immer passiert, du sollst wissen, dass die vergangenen Wochen die besten meines Lebens waren. Mit dir zusammen zu sein hat mich verändert. Nichts wird für mich je wieder wie früher sein, und ich bin froh darüber.«
»Wir werden das Spiel gewinnen, und jetzt fangen wir damit an.«
»In Ordnung.« Sie befahl Bert zu bleiben und stieg aus dem Auto.
Brooks kam um den Wagen herum zur Beifahrertür und ergriff ihre Hand. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, sosehr sie sich auch bemühte, sich auf den Kontakt zu konzentrieren.
Hinter den Fenstern schimmerte Licht, es roch nach Frühling und dem nahenden Sommer – das Gras, das Heliotrop, Nelken, ein paar frühe Rosen. Die Angst lag wie ein Amboss auf ihrer Brust, und sie schloss einen Moment lang die Augen, während Brooks klopfte.
Der Mann, der die Tür öffnete, hatte breite Schultern und graugesprenkelte dunkle Haare, die an den Schläfen schon dünn wurden. Er trug eine Khakihose und ein blaues Polohemd, aus dessen Brusttasche eine Lesebrille herausragte.
Seine Füße waren nackt, und im Hintergrund hörte Abigail den Kommentar zu einem Ballspiel.
Seine Augen waren stahlblau und hart, bis ein Lächeln sein Gesicht überzog.
»Verdammt! Chief Gleason steht vor meiner Tür!«
»Schön, Sie zu sehen, Captain.«
»Verdammt«, wiederholte Anson und zog Brooks mit einem Arm an sich. Er blickte Abigail an. »Wollen Sie mir die junge Dame nicht vorstellen?«
»Abigail Lowery, Captain Joe Anson.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Abigail. Nadine wird es bedauern, Sie verpasst zu haben. Sie ist mit ihrer Mom auf einer Frauenreise – in einem Spa –, die sie ihrer Mom zum Geburtstag geschenkt hat. Sie kommen erst am Sonntag zurück. Na, kommen Sie herein.«
Das Wohnzimmer sah behaglich aus, dachte Abigail, lässig und bewohnt, mit gerahmten Familienfotos auf einem Wandregal und Zimmerpflanzen in hübschen Töpfen auf der Fensterbank.
»Ich habe mir gerade im Arbeitszimmer das Spiel angeschaut. Warten Sie, ich mache nur rasch den Fernseher aus.«
»Wir müssen uns entschuldigen, dass wir einfach so hier hereinschneien.«
»Ach was. Ich bin schon den zweiten Abend alleine und langweile mich zu Tode.« Er ging in einen Nebenraum des Wohnzimmers. Kurz darauf verstummte der Ton, und die Dielen knarrten, als Anson, gefolgt von einem uralten blonden Labrador, wieder auftauchte.
»Er ist harmlos«, sagte Anson zu Abigail.
»Ich mag Hunde. Er hat ein intelligentes Gesicht.«
»Huck war schon immer sehr klug. Er ist jetzt allerdings fast blind und halb taub. Sollen wir uns nicht ins Wohnzimmer setzen? Wie geht es Ihrem Dad, Brooks?«
»Es geht ihm gut. Wirklich gut.«
»Das freut mich. Und der Job?«
»Er gefällt mir, Captain. Ich bin gerne dort und mag meine Arbeit.«
»Er ist ein guter Polizist«, sagte Anson zu Abigail. »Ich habe ihn nur äußerst ungern ziehen lassen. Wie wäre es mit einem Bier?«
»Da sage ich nicht nein.«
»Ich schon«, warf Abigail ein. »Ich meine, könnte ich bitte ein Wasser haben?«
»Ja, natürlich. Ich habe Limonade. Sie ist gar nicht übel.«
»Das wäre nett, danke.«
Auf Ansons Anweisung hin setzten sie sich auf eine Sitzgruppe neben der großen offenen Küche. Im Hintergrund führten breite Glastüren auf eine Terrasse, wo unter einer schwarzen Abdeckung ein riesiger Grill neben Gartenstühlen und einem Tisch stand.
Als Anson die Getränke holte, kam der alte Hund zu ihr geschlurft, schnüffelte an ihr und legte dann seinen Kopf auf ihr Knie.
Sie streichelte ihm über den Kopf und kraulte ihn hinter den Ohren.
»Wenn er Ihnen lästig wird, sagen Sie ihm einfach, er soll sich hinsetzen.«
»Er ist
Weitere Kostenlose Bücher