Die letzte Zeugin
Programme einbauen würden, dann würde das wieder Zeit kosten. Wenn ich in ihrer Lage wäre, würde ich Fallen einbauen. Wenn ich dann einen Fehler machte, könnten sie mich vielleicht aufspüren. Und wieder spielt die Zeit eine Rolle. Wenn ich Kontakt mit dem FBI aufnehme, dann müsste der ganze Prozess, Keegan und Cosgrove zu verhaften, andere Maulwürfe zu identifizieren und Korotkii und Ilya festzunehmen, sehr schnell vonstattengehen.«
»Wie fallende Dominosteine«, warf er ein.
»Ja, so ungefähr. Im Allgemeinen arbeiten Bürokratien nicht so schnell. Und bevor der Prozess beginnen kann, müsste die Agentin, müssten ihre Vorgesetzten mir erst einmal glauben.«
»Das werden sie.«
»Das Wort einer flüchtigen Person, die zumindest von einigen Leuten verdächtigt wird, den Tod von zwei U. S. Marshals verursacht zu haben, gegen das Wort von zwei anderen Marshals, von denen einer ausgezeichnet und befördert worden ist?«
Er nahm ihre zitternden Hände in seine. »Das Wort einer Frau, die mit sechzehn dem FBI einen hochkarätigen Mafia-Mörder auf einer Silberplatte serviert hat. Sie sind doch diejenigen, die es in den Sand gesetzt haben.«
»Du bist parteiisch, weil du mich liebst.«
»Ich liebe dich, aber ich habe auch gute Instinkte. Du glaubst, das FBI , die Marshals, die Polizei von Chicago würden nicht um jeden Preis die Organisation der Volkovs auffliegen lassen wollen? Sie werden schon mit dir verhandeln, Abigail.«
Sie entzog ihm ihre Hände. »Meinst du, ich soll darauf vertrauen, dass sie mich beschützen?«
»Nein. Du sollst mir und dir vertrauen.«
»Das könnte ich.«
»Dann brauchen wir als Erstes einen Verbindungsmann.«
»Ich verstehe nicht.«
»Jemand, der für dich spricht, der den Kontakt herstellt und die Tür für Verhandlungen öffnet.«
»Du kannst nicht …«
»Nein«, stimmte er zu. Dann fuhr er fort: »Ich kann das nicht. Ich bin zu dicht bei dir, emotional und geographisch. Sie werden den Verbindungsmann überprüfen. Aber sie hätten keinen Grund, mich – oder dich – mit meinem ehemaligen Captain bei der Polizei in Little Rock in Verbindung zu bringen.«
»Ich kenne ihn nicht.«
»Ich aber. Hör dir meinen Vorschlag an. Captain Joseph Anson. Du kannst ihn recherchieren. Er ist ein solider Polizist, hochdekoriert, seit fünfundzwanzig Jahren im Dienst. Er hat eine Frau – immer noch die erste –, zwei Kinder. Er ist ein guter Chef, ein kluger Polizist. Er ist gesetzestreu, ist aber auch flexibel genug, um mal ein Auge zuzudrücken, wenn es in der Situation das Richtige ist. Im Präsidium wird er respektiert und geachtet, weil er vertrauenswürdig und anständig ist. Und er hat Mumm.«
Sie stand auf und trat ans Fenster, um über Brooks’ Vorschlag nachzudenken. Ein Verbindungsmann machte Sinn. Das schuf eine Pufferzone. Aber …
»Warum sollte er mir glauben?«
»Er wird mir glauben.«
»Und warum sollte Special Agent Garrison ihm glauben?«
»Wegen seiner Laufbahn, wegen seiner Dienstzeit, weil er sauber ist. Weil er keinen Grund hätte zu lügen. In ein paar Jahren geht er in Rente. Warum sollte er es riskieren, das FBI anzulügen?«
Sie nickte. Das war logisch. »Aber warum sollte er das alles riskieren, indem er sich in diese Sache hineinhängt?«
»Weil er ein guter Mann und ein guter Polizist ist.« Brooks stand auf und trat zu ihr. »Weil er zwei Töchter hat. Und wenn er sich sie nicht an deiner Stelle vorstellen kann, dann werde ich schon dafür sorgen, dass er das Bild in den Kopf bekommt.«
»Du forderst mich auf, einem Mann zu vertrauen, den ich nicht kenne, dem ich noch nie begegnet bin.«
»Ich weiß, und glaub bloß nicht, dass mir nicht klar ist, was ich da von dir verlange. Wenn du es nicht kannst, dann finden wir einen anderen Weg.«
Erneut wandte sie sich zum Fenster. Ihr Garten machte sich so gut. Im letzten Jahr war ihr Leben wirklich glatt verlaufen. Und doch war alles erst gewachsen, als sie Brooks die Tür geöffnet hatte.
»Würdest du ihm dein Leben anvertrauen?«
»Ja, das würde ich. Du bist ja jetzt mein Leben.«
»O Gott, du sagst das, und ich habe das Gefühl, ich müsste sterben, wenn ich das verlöre, was ich mit dir gefunden habe. Du bringst mich dazu, dass ich die Stille riskieren möchte, Brooks, und dabei hatte ich immer geglaubt, die Stille sei alles, was ich wollte.«
»Du kannst nicht immer weiter weglaufen, Abigail.« Er packte sie an den Schultern und drehte sie zu sich herum. »Du kannst dich nicht immer
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