Die letzte Zeugin
eigentlich das Herzstück hätte sein sollen.
»Oh, mein Gott, das ist großartig!« Julie warf sich sofort auf das Sofa und streckte sich aus. »So dekadent.«
»So ist es auch gemeint, Baby.« Er ergriff eine Fernbedienung, drückte auf eine Taste, und hämmernde Musik erfüllte den Raum. »Ich mache euch was zu trinken.«
»Kannst du Cosmos machen?«, fragte Julie. »Ich liebe Cosmos.«
»Nach meinem wirst du süchtig sein.«
»Könnte ich vielleicht ein Wasser haben?«, fragte Elizabeth.
»Oh, Liz, sei doch kein Spielverderber.«
»Ich bin ein wenig dehydriert.« Und Gott, Gott, sie musste dringend an die frische Luft. »Kann ich mich draußen mal umsehen?« Sie trat auf die Terrassentüren zu.
»Klar. Mi casa es su casa. «
»Ich möchte tanzen.«
Julie sprang auf und bewegte sich verführerisch im Takt der Musik. Rasch öffnete Elizabeth die Terrassentüren und trat nach draußen. Die Aussicht war wahrscheinlich wundervoll, aber alles verschwamm ihr vor den Augen, als sie an das Geländer taumelte und sich dagegenlehnte.
Was machten sie hier? Was hatten sie sich dabei gedacht? Es war ein Fehler hierherzukommen. Sie mussten gehen. Sie musste Julie überreden, mit ihr zu gehen.
Aber trotz der lauten Musik hörte sie Julies betrunkenes Lachen.
Wenn sie sich hier draußen ein paar Minuten lang hinsetzte, damit ihr Kopf klar wurde und ihr Magen sich wieder beruhigte, konnte sie vielleicht behaupten, ihre Mutter habe angerufen. Was war schon eine Lüge mehr an einem Abend voller Lügen? Sie würde sich einfach eine gute Ausrede ausdenken – einen logischen Vorwand, warum sie gehen mussten. Aber dazu musste ihr Kopf erst mal wieder klar werden.
»Ach, da bist du.«
Sie drehte sich um, als Alex auf die Terrasse trat.
»Von jedem eins.« Das Licht fiel auf ein Glas Wasser mit Eiswürfeln in einer Hand und ein Martiniglas mit der hübschen rosa Flüssigkeit, bei deren Anblick ihr sich jetzt der Magen umdrehte.
»Danke. Aber ich glaube, ich nehme nur Wasser.«
»Du musst dem Rausch zu trinken geben, Baby.« Aber er stellte doch das Glas beiseite. »Du brauchst nicht alleine hier draußen zu stehen.« Er trat so dicht vor sie, dass sie mit dem Rücken ans Geländer gedrückt wurde. »Wir können auch zu dritt Party machen. Ich kann mich um euch beide kümmern.«
»Ich glaube nicht …«
»Wer weiß, wann Ilya kommt? Arbeit, Arbeit, Arbeit, er denkt an nichts anderes. Aber du bist ihm aufgefallen. Mir auch. Komm wieder mit hinein. Wir machen es uns schön.«
»Ich glaube … ich warte lieber auf Ilya. Ich muss mal zur Toilette.«
»Selber schuld, Baby.« Er zuckte zwar nur mit den Schultern, aber sie meinte, in seinen Augen etwas Gemeines aufflackern zu sehen. »Links hinter der Küche.«
»Danke.«
»Wenn du deine Meinung änderst«, rief er ihr nach, als sie zur Tür hastete.
»Julie.« Sie packte Julie am Arm, die gerade schwankend versuchte, sich zu drehen.
»Ich finde es großartig. Das ist der beste Abend meines Lebens.«
»Julie, du hast zu viel getrunken.«
» Phh. « Julie schüttelte ihre Hand ab. »Bestimmt nicht.«
»Wir müssen gehen.«
»Wir müssen hierbleiben und feiern !«
»Alex hat gesagt, wir sollten beide mit ihm ins Bett gehen.«
Julie brach in lautes Gelächter aus. »Er macht doch nur Spaß, Liz. Jetzt führ dich doch nicht so auf wie ein Superhirn-Nerd. Dein Typ kommt doch gleich. Trink noch was und entspann dich.«
»Ich will nichts mehr trinken. Mir ist schlecht. Ich will nach Hause.«
»Ich geh nicht nach Hause. Da ist ja doch keiner. Komm, Lizzie! Tanz mit mir!«
»Ich kann nicht.« Elizabeth presste sich die Hand auf den Magen. Der kalte Schweiß brach ihr aus. »Ich muss …« Sie konnte den Drang, sich zu übergeben, nicht mehr unterdrücken und stürzte zur Toilette. Aus den Augenwinkeln sah sie Alex, der an der Terrassentür lehnte und sie angrinste.
Halb schluchzend taumelte sie durch die Küche und brach im Badezimmer fast auf dem Fliesenboden zusammen.
Sie nahm sich gerade noch die Zeit, die Tür hinter sich zu verschließen, und sank dann vor der Toilette auf die Knie. Sie erbrach eine eklige, schleimige rosa Brühe und konnte kaum Luft holen, bevor der nächste Schwall kam. Tränen strömten ihr über die Wangen, als sie sich am Waschbecken hochzog. Halb blind ließ sie das Wasser laufen, bis es kalt war, dann schöpfte sie es sich in den Mund und spritzte es sich ins Gesicht.
Zitternd hob sie den Kopf und sah sich selbst im Spiegel –
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