Die letzte Zeugin
schrieb ihre E-Mail-Adresse auf eine Papierserviette.
Abigail hatte das Gefühl, es würde mehr als nur ein paar Tage dauern. »Ja, das mache ich. Vielen Dank für den schönen Nachmittag.«
»Abigail.« Sunny trat zu ihr, umarmte sie und flüsterte: »Keine Sorge. Ich lenke Mya ein oder zwei Wochen lang ab.«
Der Aufbruch dauerte seine Zeit. Anscheinend sagte man bei einem Barbecue nicht einfach auf Wiedersehen. Sie umarmten sie, begannen Gespräche, machten Zukunftspläne und spielten mit dem Hund. Und noch als sie schon im Auto saßen, riefen sie ihnen noch etwas zu und winkten ihnen nach.
»Bevor du mir erzählst, was Captain Anson gesagt hat, möchte ich sagen, dass deine Familie …«
»Laut und aufdringlich ist?«
»Nein. Nun ja, aber das wollte ich nicht sagen. Sie sind liebevoll, auf so eine natürliche Art und Weise. Ich verstehe dich nach diesem Nachmittag jetzt besser. Deine Mutter … Du brauchst kein Mitleid mit mir zu haben. Das mag ich nicht.«
»Okay.«
»Deine Mutter hat mir den Arm um die Schultern gelegt. Es war einfach nur eine sorglose Geste. Ich glaube nicht, dass sie darüber nachgedacht hat, und sie hat das Gleiche unzählige Male bei den anderen gemacht. Aber als sie es bei mir gemacht hat, da fühlte ich … ich dachte … Genau das macht eine Mutter. Sie berührt dich, sie umarmt dich, einfach nur so. Aus keinem besonderen Grund. Und dann dachte ich, wenn wir einmal Kinder haben, dann möchte ich auch so eine Mutter sein, die ihre Kinder einfach so berührt und umarmt, ohne irgendeinen besonderen Grund. Ich hoffe, ich habe die Chance, das zu tun.«
»Du wirst sie haben.«
»Anson hat mit dem FBI gesprochen?«
»Ja, fast den ganzen Tag. Ursprünglich haben sie seiner Meinung nach gehofft, über ihn eine Verbindung zu dir zu kriegen, aber er hat nichts durchsickern lassen. Sie haben ihm nicht allzu viele Informationen weitergegeben, aber er ist sich ziemlich sicher, dass sie Cosgrove und Keegan überwachen.«
»Denkt er, dass sie meine Geschichte geglaubt haben?«
»Du hast sie bis ins kleinste Detail aufbereitet, bis hin zu den Sätzen, die John zu dir gesagt hat. Und du warst über die Jahre eine wertvolle Informationsquelle. Warum solltest du in Bezug auf Cosgrove und Keegan lügen?«
»Das wäre nicht logisch.«
»Nein. Sie wollen mit dir persönlich sprechen. Sie wollen, dass du zu ihnen kommst. Sie versprechen dir Schutz.«
»Sie wollen mich vernehmen, um sicherzugehen, dass ich nichts mit dem Tod von John und Terry zu tun habe. Wenn sie das mit Sicherheit wissen, dann soll ich gegen Korotkii aussagen.«
»Ja, und sie werden noch mehr wollen. Du hast einen internen Zugang zu den Volkovs, du kommst an Daten heran, die noch mehr Personen aus der Organisation ins Gefängnis bringen und den Rest zersprengen würden.«
»Solange die Daten von einer anonymen Quelle kommen, kann das FBI sie nutzen. Aber wenn erst einmal bekannt wird, dass sie mit illegalen Mitteln erhoben worden sind, können sie nichts mehr damit anfangen.«
»Nein, das stimmt. Aber vielleicht finden sie ja eine Möglichkeit.«
Sie dachte nach. »Meine Vorgehensweise verrate ich ihnen nicht, selbst wenn sie mir Immunität fürs Hacken gewähren würden. Ich brauche das, um die Datenbank der Volkovs zu zerstören. Was ich vorhabe, können sie nicht, weder technisch noch juristisch. Und ehe ihre Datenbank nicht geknackt und ihr Vermögen abgezogen ist, würde ich wieder zur Zielscheibe.«
»Ihr Vermögen abgezogen? … Du hast Zugang zu ihrem Geld?«
»Ja, zu einem beträchtlichen Teil ihres Vermögens. Ich habe schon überlegt, wohin ich es umleiten soll, wenn ich es von den Konten abziehe. Am besten fände ich anonyme Spenden an wohltätige Organisationen.«
Er warf ihr einen Blick zu. »Du willst sie ausbluten.«
»Ja. Ich dachte, das wüsstest du. Wenn sie weiterhin über ihre hundertfünfzig Millionen auf verschiedenen Konten verfügen, dann fällt es ihnen leicht, sich wieder neu zu organisieren. Und dann haben sie natürlich auch noch Grundbesitz, aber ich habe schon ein paar Ideen, wie man damit umgehen kann.«
»Umgehen?«
»Steuerprobleme, Grundbucheintragungen – und ein paar Gebäude wird der Staat konfiszieren, weil sie für illegale Zwecke genutzt wurden. Andere hingegen haben sie clever getarnt. Aber das wird vorbei sein, wenn ich mit ihnen fertig bin. Es genügt nicht, einfach nur auszusagen, Brooks«, sagte sie, als er vor ihrem Haus hielt. »Es ist nicht genug, Korotkii,
Weitere Kostenlose Bücher