Die letzte Zeugin
war zwar nicht der geforderte Preis, aber Dean meinte, es sei immerhin ein bisschen mehr gewesen, als er erwartet hatte, und sie hat bar bezahlt.«
»Bar?«
»Genau. Bar auf die Kralle. Die Skeeters waren begeistert. Na ja, du weißt ja, Dean ist Geschäftsmann, und er verhandelt gerne. Aber er sagt, aus ihr hat er außer Ja und Nein nicht viel herausgekriegt. Sie hat die Anzahlung von einer Bank in Kansas City anweisen lassen. Und dann ist sie mit ihrem Hund und einem Anhänger am Auto hier angekommen, hat die Papiere unterschrieben und ihm einen Scheck überreicht, dieses Mal von einer Bank in Fairbanks, Alaska. Dean wollte sie zum Essen einladen, um den Abschluss zu feiern, aber das hat sie abgelehnt. Er musste sie sofort zum Haus fahren, ihr alles zeigen und danach wieder abschließen. Sie hat den Vertrag und die Schlüssel genommen, sich bei allen bedankt, und das war es dann.«
»Es ist ein Rätsel«, murmelte Brooks.
»Leute, die sagen, leben und leben lassen? Meiner Meinung nach haben die kein Leben.« Sie stand auf, weil das Funkgerät im Empfangsbereich krächzte. »Mich würde wirklich einmal interessieren, was mit ihr los ist.«
»Ja, mich auch«, stimmte Brooks ihr zu. Als Alma ans Funkgerät trat, klingelte sein Telefon. »Polizeiwache Bickford, Chief Gleason.« Für den Moment legte er alle Gedanken an Abigail Lowery auf Eis.
Er erledigte seinen Papierkram, die Telefonanrufe, patrouillierte zu Fuß durch den Ort und hörte sich die Klagen des Eigentümers des Töpfer-Ateliers an, der sich darüber beschwerte, dass der Eigentümer des benachbarten Kerzenladens ständig mit seinem Auto den Liefereingang versperrte.
Und wieder einmal ermahnte er den Eigentümer des Kerzenladens.
Er kaufte sich ein Brötchen mit Schinken und Käse, und als er es an seinem Schreibtisch verzehrte, begann er mit dem Lösen des Rätsels.
Während er an den Chips knabberte, die es zu seinem Sandwich gegeben hatte, überprüfte er sie. Er las ihr Geburtsdatum und stellte fest, dass sie achtundzwanzig war. Also hatte er mit seiner Schätzung richtiggelegen. Ihr Führerschein wies keine Einschränkungen auf. Sie war Organspenderin und hatte bisher noch keine Verkehrssünden begangen.
Und sie hatte auch keine Vorstrafen.
Das müsste eigentlich reichen, sagte er sich. Offensichtlich war sie eine gesetzestreue Bürgerin, die nicht einmal einen Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung bekommen hatte.
Aber …
Aus Neugier googelte er sie. Es gab mehrere Treffer mit dem Namen, aber keine davon war seine Abigail Lowery.
Jetzt hatte es ihn gepackt, und er grub weiter. Er hatte ihren Namen, ihre Adresse, ihr Autokennzeichen, ihre Führerscheindaten. Da er wusste, dass sie einen Waffenschein besaß, überprüfte er auch den.
Als die Daten auf den Bildschirm kamen, lehnte er sich zurück.
»Das ist ja ein ganzes Arsenal«, murmelte er.
Zusätzlich zu der Glock 19 Waffenscheine für eine Glock 36, eine Glock 26, eine Neun-Millimeter-Beretta, eine Long-Range-Sig, einen Neun-Millimeter Colt Defender, eine Smith & Wesson 19122 und zwei Walther P22.
Was machte eine Frau mit so vielen Waffen? Er war Polizist, du liebe Güte, und außer seiner Dienstwaffe hatte er nur noch zwei andere.
»Wer zum Teufel bist du?«
»Hey, Brooks.«
Die kurvige Blondine posierte im Türrahmen. Sylbies Haare fielen in glänzenden Wellen über ihre Schultern. Sie trug eine weiße, lockere Bluse über Jeans, die sich eng an ihre langen Beine schmiegten. Ihre Augen erinnerten ihn immer an einen Tiger, goldbraun und ein bisschen wild. Auf der Highschool hatte er sie mehr begehrt als alles andere auf der Welt. Und als er sie gehabt hatte, hatte er ständig zwischen Seligkeit und tiefstem Elend hin- und hergeschwankt.
Automatisch schaltete er auf Bildschirmschoner. »Wie geht es dir?«
»Oh, gut, ich habe bis zum Morgengrauen gearbeitet, deshalb mache ich jetzt eine kleine Pause.« Sie glitt auf ihren langen Beinen in den Raum und hockte sich, in eine provokative Duftwolke gehüllt, auf die Kante seines Schreibtischs. »Ich dachte, ich schaue mal vorbei, um zu fragen, ob wir den heutigen Abend zusammen verbringen.«
»Ich habe im Moment viel zu tun.«
»Wenn sich der Polizeichef abends nicht freinehmen kann, wer dann?«
»Das Verbrechen schläft nicht.«
Sie lachte und warf ihre prachtvolle Haarmähne zurück. »Ach komm, Brooks. Ich dachte, ich kaufe eine schöne Flasche Wein.« Sie beugte sich vor. »Und du kannst mit mir machen, was du
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