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Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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ob ich euresgleichen fürchte? Nicht immer. Ich hatte einmal eine Freundin, die sich in eine Wölfin verwandeln konnte. Ich bin nur hier, um euch zu helfen.«
    Colleen war die Unschlüssigkeit deutlich anzusehen. Sie war jung, vielleicht um die dreißig. Selbst jetzt versuchte Chris, die Puzzleteile zusammenzusetzen. Die Kinder mussten geboren worden sein, bevor der Wandel Kalifornien erfasst hatte. Konnten sie sich verwandeln? Wenn ja, hatten ihre Eltern diese Fähigkeit auf sie übertragen, oder hatten die Kinder sie durch den Wandel erworben?
    Doch er hatte es eigentlich schon vor langer Zeit aufgegeben, alles verstehen zu wollen. Es gab keine Hilfs mittel, um irgendeine Theorie zu beweisen oder zu widerlegen, und selbst wenn eine Möglichkeit bestanden hätte, hätte er bezweifelt, dass die Wissenschaft je eine eindeutige Antwort finden würde. Es lag einfach zu viel Unerklärliches in der Luft.
    »Er verwandelt sich nicht zurück in einen Menschen«, sagte Colleen entschieden. »Nicht solange du hier bist.«
    »Kein Problem.«
    »Und ich werde dich und deine Tasche nach Waffen durchsuchen.«
    Er nickte und betrachtete es als Erlaubnis näher zu kommen. Jacob, der als Bär ein drei Meter großer Koloss voll straffer Muskeln war, knurrte tief in der Kehle. Ein Schweißfilm breitete sich auf Chris’ Stirn aus. Nun lass deinen Worten auch Taten folgen, Welsh.
    Er ließ sich von Colleen durchsuchen und stellte fest, dass sie schnell und gründlich vorging; offensichtlich hatte sie Erfahrung damit. Sie beschützte ihre Kinder nun schon seit fast fünf Jahren. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, in welcher Angst diese Leute tagtäglich lebten. Wie er aus eigener Erfahrung wusste, war es weitaus schwerer, sich um einen anderen zu kümmern, als nur zu überleben.
    »Gut«, sagte Colleen. »Die Kinder schlafen. Die Mahlzeit hat sie wirklich erschöpft.«
    »Ich hatte keine Gelegenheit, euch noch mehr zu essen zu bringen.«
    Colleen winkte ab. »Du tust ehrlich gesagt schon mehr, als wir erwartet hätten.«
    Trotz seiner Meinungsverschiedenheit mit Rosa fühlte er sich verpflichtet, sich für sie einzusetzen. Sie glaubte immer noch, dass sie das Richtige tat. »Die Stadt hat schon viel durchgemacht«, sagte er. »Jemanden wie euch haben die Leute dort noch nie gesehen.«
    »Friedliche Gestaltwandler?«
    »Ja.«
    »Schade. Ich verstehe ihre Angst, obwohl sie mich wütend macht. Ich meine … Ich hätte wahrscheinlich das Gleiche getan.«
    Chris hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich so bereitwillig in die Position der Gegenseite versetzen würde. »Ich bin draußen in der Welt schon Gestaltwandlergruppen begegnet. Warum schließt ihr euch keiner von ihnen an?«
    »Viele von ihnen sind als Tiere zufriedener. Ihnen gefällt die Macht.« Sie schauderte. »Die Frau da hinten in der Stadt hat recht. Den meisten von ihnen kann man nicht trauen. Sie setzen ihre menschliche Gestalt als Köder ein.« Sie warf einen Blick auf ihre schlafenden Kinder und fügte hinzu: »Ich habe zu viel zu beschützen, um das Risiko einzugehen. Deshalb leben wir allein.«
    »Kannst du dich verwandeln?«
    Colleen nickte. »Aber ich vermeide es, wenn es nicht unbedingt sein muss. Es stört mich sehr, wenn mein Gehirn sich abschaltet. Außerdem«, fuhr sie mit einem leichten Lächeln fort, »ist Jacob weitaus eindrucksvoller.«
    »Was bist du?«
    »Irgendeine Raubkatze. Wir wissen nicht genau, was für eine. Vielleicht ein Ozelot?« In ihrem Lachen schwang ein Anflug von Hysterie mit, aber das konnte Chris ihr nicht verdenken. »Ist das nicht seltsam? Etwas zu sein und nicht einmal zu wissen, was es ist?«
    Er zuckte mit den Schultern und bemühte sich, das Gespräch locker zu halten. »Betrachte es doch wie deine Abstammung. Man kann nur bis zu einem gewissen Punkt zurückverfolgen, woher man kommt. In uns allen steckt noch etwas anderes, vermutlich etwas Überraschendes.«
    »Funktioniert das für dich, Doc?«
    »Mir ist alles recht, was wir tun können, um am Leben und bei Verstand zu bleiben. Das ist die beste Medizin, die ich verschreiben kann.«
    Er sah sich in der Höhle um und musterte die spärliche Ansammlung einfacher Habseligkeiten. Ihre Rucksäcke sahen wie die aus, die früher bei Collegestudenten beliebt gewesen waren. Jetzt war ihre Behausung eine Höhle, und die wenigen Gegenstände darin waren alles, was sie auf der Welt besaßen.
    »Bleibt hier«, sagte er. »Ich stelle sicher, dass niemand aus der Stadt euch belästigt.

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