Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
Wenigstens habt ihr dann eine Unterkunft, und die Patrouillen aus Valle sorgen dafür, dass es hier weniger potenzielle Feinde gibt. Das ist nicht viel, aber hoffentlich könnt ihr euch erholen.« Er unterbrach sich, um ein paar Verbände zusammenzulegen, die aus alten Bettlaken zugeschnitten waren. »Ich kann nichts versprechen, aber ich werde sehen, was ich hinsichtlich der Einstellung der anderen in Valle tun kann.«
Colleen lächelte. Obwohl sie immer noch erschöpft wirkte, waren um ihren Mund herum mittlerweile weniger angespannte Falten zu sehen. »Du hast uns schon mehr Freundlichkeit erwiesen, als wir sie seit Jahren erlebt haben. Danke.«
Chris fühlte sich plötzlich in der Rolle des einsamen Retters sehr unwohl und machte sich schweigend an die Arbeit. Er verbrachte die nächste halbe Stunde damit, für ihre blasenübersäten, wunden Füße zu tun, was er konnte. Sogar Jacob kehrte in menschlicher Gestalt in die Höhle zurück und ließ die Säuberung der Wunden und das Anlegen der Verbände über sich ergehen. Chris hätte gern mehr Zeit in ihrer Gesellschaft verbracht, aber je länger er blieb, desto treuloser kam er sich Rosa gegenüber vor – so irrational das auch war.
Und wenn es ganz schlimm kam, musste er herausfinden, ob Valle ihm nun endgültig verschlossen blieb. Wenn ja, musste er einen Unterschlupf finden. Die Höhlen würden natürlich ausreichen, aber Nahrung, Wärme und Sicherheit würde er sich dann wieder ganz allein suchen müssen.
Er hatte Kopfschmerzen. Gott, er wollte nicht weg.
Nachdem er für die Familie getan hatte, was er konnte, wünschte er den vieren alles Gute und verließ ihre Felshöhle. Der Junge hatte sich in einen Greifvogel verwandelt und saß nun hoch oben in einer Felsspalte. Chris konnte über dieses schwindelerregende Wunder nur den Kopf schütteln. Diese Kinder erinnerten sich wahrscheinlich nicht einmal mehr besonders gut daran, wie das Leben in der Welt vor dem Wandel gewesen war.
Er schulterte seine Tasche und machte sich langsam auf den Rückweg, immer an den Felsvorsprüngen entlang. Halb trödelte er, halb kundschaftete er die Umgebung aus, um zu wissen, ob er hier überleben konnte, wenn es so weit kam. Er war hungrig und erschöpft. Prellungen, die Falcos Hände ihm zugefügt hatten, schwollen entlang seiner Rippen an. Die schlimmsten Blutergüsse – dort, wo er mit dem Rücken gegen die Theke gestoßen worden war – pochten in einem stetigen, schmerzhaften Rhythmus. Er blieb einen Moment lang stehen und betastete die Schwellung am unteren Ende seiner Wirbelsäule. Diese Augenblicke schienen jetzt schon Jahre zurückzuliegen, genau wie seine seligen Stunden mit Rosa.
33
Als die Feuer ausbrachen, befürchtete Rosa das Schlimmste. »Wie sieht es aus?«
Jameson wippte auf den Fußballen. »Übel. Sechs Häuser. Wie viele Leute soll ich von den Patrouillen abziehen?«
Scheiße. Das war eine schwierige Entscheidung. Sie würde jede Wahl bereuen, die sie nun traf. »Die Hälfte. Wir können nicht zulassen, dass alles zerstört wird.«
Nicht alle Gebäude in der Stadt bestanden aus feuerfesten Lehmziegeln. Manche waren uralt – noch aus den Zeiten des Wilden Westens – und aus allem Holz errichtet, das die Leute damals in die Hände bekommen hatten. Wenn die Feuersbrunst sich bis zu diesen Häusern ausbreitete, konnte das eine Katastrophe bedeuten, von der sie sich nicht wieder erholen würden. Baumaterial war rar. Rosa war sich noch nicht einmal sicher, ob irgendjemand in Valle wusste, was zu tun war, wenn sie doch etwas auftreiben konnten. Es war ein großer Unterschied, ob man etwas nur reparieren oder von Grund auf neu bauen musste.
»Ich lasse Eimerketten zum Brunnen bilden«, sagte Jameson.
»Sind Tilly und Esperanza weit genug von den Flammen entfernt?«
Er nickte knapp, aber bevor Rosa sich den Löschenden anschließen konnte, brach Gewalt in Form von Schüssen aus. Sie stieß einen Fluch aus.
Ich wusste es. Verdammte Staubpiraten. Die Familie war wahrscheinlich ein Ablenkungsmanöver gewesen oder hatte die Schwachstellen der Stadt ausspioniert. Und jetzt die Feuer. Das konnte kein Zufall sein.
Jetzt ging es ums Überleben, und wie sie Chris schon gesagt hatte, hatte sie die Lektion gut gelernt. Wenn es »sie oder wir« heißt, dann wir. Jetzt ist Schluss damit.
Rosa rannte los, das Gewehr in der Hand, und erwiderte das Feuer der Angreifer. Kugeln schlugen in die Wand hinter ihr ein. Sie rannte in den Laden, um hinter der Fassade
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