Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
Deckung zu finden. Wicker kauerte mit einer Flinte in der Hand hinter der Theke.
»Wie viele?«, fragte er.
»Zu viele. Diesmal ist es keine Finte. Sie versuchen, die Stadt einzunehmen.«
»Wie zur Hölle haben sie die Brände gelegt?«
»Sie müssen jemanden hergeschickt haben, während wir mit den Gestaltwandlern beschäftigt waren.«
Ein Bandit in zerfetzten Jeans stürmte durch die Tür, vermutlich in der Annahme, dass eine Frau und ein alter Mann keine große Bedrohung darstellten. Es war offensichtlich, dass er sich seit Monaten nicht gewaschen hatte: Seine Haut war von körnigem Wüstenstaub bedeckt. Rosa zielte hoch, Wicker nach unten, und der Dreckskerl starb vier Schritte von der Tür entfernt, ohne auch nur seine Waffe angelegt zu haben. Als er fiel, spritzte Blut aus einer Arterie hervor und bildete eine rutschige Blutlache auf dem Boden. Rosa lauschte seinem Todesröcheln und versuchte abzuschätzen, ob er draußen einen Partner hatte.
Ihre Umsicht erwies sich als gerechtfertigt, als eine Minute später eine Stimme leise rief: »Gil? Wo steckst du?«
Rosa stieß Wicker an, der glaubwürdig einen Verwundeten imitierte: »Hier. Aber ich bin getroffen.«
»Du klingst nicht gut.« Der zweite Mann kam in Sichtweite.
Rosa richtete sich gerade eben weit genug auf, um über den Ladentisch auf ihn zu zielen, und traf ihn in die Brust. Ihre Kugel durchschlug sein Herz. Er fiel hintenüber, ein dunkler Umriss im Türrahmen. Sauberer Schuss, keine Munitionsverschwendung. Die Luft roch nach Kupfer, ein süßlicher, fürchterlicher Gestank, der allzu vertraut war.
So zornig sie auch auf Chris gewesen war und so wenig sie seinen Überzeugungen abgewinnen konnte, sie hoffte, dass er an einem sicheren Ort war und nicht unter denen, die draußen verbluteten. Furcht nagte an ihr; sie wollte nicht, dass es zwischen ihnen so endete; schließlich musste er noch ihre verletzenden Worte im Ohr haben.
»Was meinst du, wie die Jungs zurechtkommen?«, fragte der alte Mann.
Sie hörte Kampfeslärm in der Umgebung, schnelle Schussfolgen und Triumphgeheul, aber sie konnte nicht einschätzen, welche Seite die Oberhand hatte.
Eines stand jedoch fest: Um Valle zu erobern, würden die Staubpiraten sie töten müssen.
» No sé . Aber unsere Bravos werden ihr Bestes geben.«
»Willst du, dass ich mit an die Front komme?« Wicker richtete sich auf, die Flinte noch immer in der Hand. Die entschlossene Miene, die er so beiläufig wie seinen Cowboystrohhut trug, zeigte ihr, dass er bereit war, für seine Heimat zu kämpfen, ganz gleich, wie alt er war.
Es waren die Menschen, die Valles Größe ausmachten. Nicht Rosa Cortez.
Sie rieb sich mit den Fingerknöcheln die brennenden Augenhöhlen. »Nein. Schieß sie aus der Deckung ab, wenn sie herkommen, um den Laden zu plündern. Aber spiel nicht den Helden. Wenn du sie in großer Anzahl kommen hörst, flieh durch die Hintertür und such dir ein Versteck oben auf dem Berggrat. Nimm das Wertvollste mit, was die Stadt zu bieten hat – Medikamente und Saatgut. Sie sind unsere Zukunft. Ich will dich lebend vorfinden, wenn ich wiederkomme.«
»Verstanden.«
Die Schüsse ertönten nun weiter entfernt vom Laden, durchsetzt von schreienden Frauenstimmen.
Mierda . Sie hatten es auf die Frauen abgesehen.
Natürlich war das vollkommen logisch. Hier draußen in der Wildnis waren Frauen ein genauso kostbares Gut wie Kugeln oder Waffen. In der Hinsicht war Valle reich, aber ihre Bravos behandelten die neuen Frauen wenigstens zivilisiert. Es waren Männer, die im Leben vor dem Wandel in jeglicher Hinsicht versagt hatten. Dieses neue Dunkle Zeitalter stellte einen riesigen Spielplatz dar, auf dem sie ihre Perversionen ausleben konnten.
Wickers faltiges Gesicht blickte ernst. »Das klingt nicht gut.«
»Erschieß jeden Fremden, den du siehst«, sagte Rosa und schwang sich über die Theke.
Die meisten neuen Frauen hielten sich auch jetzt noch am liebsten im Rathaus auf. Allison war die Einzige, die sich mit jemandem angefreundet hatte, und so hoffte Rosa, dass sie sich in Ex’ Schmiede versteckt hielt. Aber das hieß, dass die anderen schutzlos waren, während die Bravos einen Zweifrontenkrieg gegen die hungrig lodernden Flammen und den brutalen Angriff der Plünderer führten. Ein paar ihrer Männer würden vielleicht die verzweifelten Schreie hören und angerannt kommen, aber erst nachdem sie die Feinde getötet hatten, gegen die sie im Augenblick kämpften.
Schwer atmend sprintete Rosa
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