Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
es seltsam für ihn – »wusste ich, dass du mir wichtig warst, und habe dich erkannt. Ich war immer noch ich .«
»Ich kann dein Wort nicht über das Leben anderer Leute stellen. Die Vorschriften haben sich nicht geändert.«
»Zum Teufel mit deinen Vorschriften.« Er trat einen Schritt auf sie zu, und sie zuckte zurück. Seine Hände waren noch immer mit dem Blut des Mannes befleckt, den er zerfleischt hatte – des Mannes, der bereit gewesen war, sie zu töten.
Sie hasste diese Welt, in der es keine einfachen Regeln mehr gab, um Gut und Böse zu unterscheiden. Jetzt war alles grau in grau. Sie konnte nichts und niemandem vertrauen, nicht einmal ihrem eigenen Herzen. Dummes, verräterisches Ding. Von allen Männern, die sie je begehrt hatten, hatte ausgerechnet dieser sich als so katastrophal erwiesen, wie sie es von Anfang an befürchtet hatte.
»Du musst deine Sachen holen und gehen. Bevor die anderen dich sehen. Es wäre mir lieber, wenn sie nie erfahren, wie sehr ich mich getäuscht habe.«
»Sogar jetzt noch machst du dir Sorgen um deine Macht? Um deine Stadt, obwohl sie um uns herum niederbrennt? Und du schickst mich in die Wüste?« Er bückte sich und nahm sich eine Decke, die eine der geraubten Frauen benutzt hatte. »Du schämst dich jetzt für mich, für das, was wir miteinander geteilt haben. Nicht wahr?«
Erinnerungen an die Lust blitzten in ihrem Kopf auf, dichtauf gefolgt von seinem Anblick in Leopardengestalt, geschmeidig und tödlich. Das hatte sie also in ihr Bett eingeladen und nachts geküsst und gestreichelt. Rosa antwortete nicht; sie konnte es nicht.
»Mein Gott, Rosita, du brichst mir das Herz.«
»Bitte nenn mich nicht so«, flüsterte sie. »Nicht jetzt.«
»Das hier ändert nichts. Nicht für mich.« Er ließ die Schultern hängen und bedeckte seine Blöße. Er sah so aus wie noch vor ein paar Stunden, als er vor ihrem Bücherregal gestanden und Shakespeare gelesen hatte. »Aber wenn du mir nach allem, was wir miteinander erlebt haben, nicht vertrauen kannst, dann kann man dich einfach nicht überzeugen.«
Der Gedanke an eine Zukunft ohne ihn – den menschlichen, vertrauenswürdigen Cristián – zwang sie beinahe in die Knie. Aber irgendwie hielt sie sich auf den Beinen, bis er in den heraufdämmernden Tag hinausgetreten war.
Dann ließ Rosa sich fallen, rutschte langsam an der Wand herab und barg den Kopf in den Armen. Sie saß endlose Augenblicke lang da und wiegte sich, während die Qual als weiß glühender Ball in ihrer Brust tobte, zu heftig für Tränen. Stattdessen brach sie sich als Schrei Bahn, der sich ihr in heulenden Wellen entrang, als urtümliches Klagelied. Sie gab sich der Verzweiflung hin, schlug mit den Fäusten auf den vor Blut klebrigen Boden ein, bis sie sich die Handflächen an Holzsplittern aufriss. Viv lag weiter dort, wo sie hingestürzt war. Es blieb nur Verwüstung.
Niemand kam, um nach ihr zu sehen. Valle lag in Trümmern. Rosa musste sich sammeln, musste den Schmerz beiseiteschieben. Wenn sie die Bravos nicht zusammentrommelte und eine Bestandsaufnahme der Schäden machte, würde es niemand tun. Sie war immer noch la jefa , und es spielte keine Rolle, ob ihr das Herz aus der Brust gerissen worden war. Sie würde durchhalten. Die Stadt war alles, was sie noch hatte.
Sie war überrascht über die Schmerzen, als sie sich auf die Beine kämpfte. Seltsam, dass ihr Körper verwundet sein sollte, da es doch ihre Seele war, die verblutete. Sie hob ihr Hemd und fand eine oberflächliche Wunde. Vage erinnerte sie sich daran, wie ein Messer unmittelbar unterhalb ihrer Rippen an ihrer Seite entlanggeschrammt war. Wenn es sie im besseren Winkel getroffen hätte, hätte sie eine Stichwunde abbekommen, die schwerer zu behandeln war und einen langsamen Tod infolge einer Entzündung nach sich ziehen konnte. Sie hatte Glück gehabt, aber so kam sie sich nicht vor. Sie fühlte sich fast, als ob Viv das bessere Ende erwischt hatte, ein Ende allen Leids.
Rosa bereute den Gedanken beinahe sofort. Ihr Herz zog sich zusammen. Was war Valle ohne Viv?
Es war immer noch ihr Zuhause, für das sie verantwortlich war. Sie würde niemand anders enttäuschen.
Eine Hand auf ihre Seite gepresst, verließ Rosa das Rathaus, entschlossen, die Verwüstung in Augenschein zu nehmen. Sie fand Jameson auf der Plaza, wo er Leichen zur Verbrennung aufschichtete. Sie würden alle Toten zusammen verbrennen; es waren zu viele für eine Zeremonie. Aber er hatte die Staubpiraten von den
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