Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
Stadtbewohnern getrennt, um diesen so viel Ehre wie möglich zu erweisen. Sein Gesicht zeigte Blut und Erschöpfung, Schmutzflecken und verschiedene Kratzer. Die Messer in seinem Gürtel waren noch nicht gereinigt und zeugten von dem tödlichen Werk, das er vollbracht hatte.
»Tilly und la bebé ?«, fragte sie.
»In Sicherheit. Ich habe sie mit meinem Leben verteidigt.«
Und deshalb hatte Tilly sich für ihn entschieden, lange bevor sich irgendetwas wie Liebe zwischen ihnen herausgebildet hatte. Seltsam, wie eine rein pragmatische Entscheidung solch schöne Folgen zeitigen konnte.
»Verluste?«
»Wir haben fünf Bravos verloren«, antwortete er bekümmert, »darunter Ingrid.«
»Falco?«
»Er sammelt schon einen Stoßtrupp, um zurückzuschlagen.«
Ja, das sah ihm ähnlich. Es hatte seine Gründe, dass er sich Hoffnungen gemacht hatte, ihr Mann zu werden. Es mangelte ihm eindeutig nicht an Entschlossenheit und Führungsqualitäten.
»Ex und Rio?« Vielleicht war es nicht fair von ihr, dass sie sich über ihr Schicksal größere Gedanken machte, aber sie waren ihre Lieblinge. Oder eher ihre Freunde. Zumindest das, was für sie Freunden nahekam.
»Sie sind hier. Aber Ex ist nicht …« Er hielt inne und suchte anscheinend nach dem richtigen Ausdruck. »Er ist nicht bei Sinnen. Sie haben Allison mitgenommen. Er konnte zu Fuß nicht mithalten.«
Auf seine Art hielt Ex alle anderen genauso auf Distanz wie Rosa. Aber sie hatte gesehen, dass zwischen ihm und Allison echte Zuneigung bestand. Für einen Mann wie Ex war solch eine Bindung von entscheidender Bedeutung, und er würde zur Naturgewalt werden, bis er Allison wieder in Sicherheit gebracht hatte. Rosa tat der Abschaum, der seinen Zorn erregt hatte, beinahe leid.
»Hast du Singer gesehen?«
Jameson schüttelte den Kopf. »Ich dachte, sie wäre bei dir.«
Sie war auch bei Rosa gewesen, bis alles den Bach hinuntergegangen war. Kalte Finger gruben sich in Rosas Wirbelsäule. Sie erinnerte sich an Singers Aufschrei und erkannte ihn als das, was er gewesen war – als den einer Frau, die gegen ihren Willen genommen wurde. Rosa kniff die Augen zusammen.
»Haben sie sie?«
Die Bitterkeit des Versagens schnürte Rosa die Kehle zu. »Ich fürchte, ja. Wo ist Brick?«
»Schwer verwundet. Jolene ist bei ihm. Ich weiß nicht, ob er durchkommt. Wo ist der Doc?«
»Ich weiß es nicht.«
Zum ersten Mal nagte Verunsicherung an ihr. Sie hatte etwas Unvernünftiges getan, als sie die medizinische Hilfe so vorschnell verbannt hatte. Wenn Valle ihr tatsächlich so wichtig war, wie sie behauptete, musste sie das tun, was das Beste für die Stadt war. Brick brauchte einen Arzt.
Vielleicht sollte ich nach ihm suchen. Wenn er die Verwundeten verarztet hat, kann er immer noch weiterziehen. Ich werde ihn nicht aus den Augen lassen – und sein schreckliches Geheimnis für mich behalten. Allein der Gedanke daran ließ ihr übel werden.
»Ich halte Ausschau nach ihm«, sagte Jameson leise.
»Wo ist Wicker?«
Zur Antwort deutete er stumm auf den Scheiterhaufen. Oh nein. Der alte Mann hatte genau das getan, was sie ihn zu unterlassen gebeten hatte – und war als Held gestorben. Genau wie Viv. Da die Hälfte der älteren Leute der Stadt nicht mehr da war, hatte Rosa unerklärlicherweise das Gefühl, ins Schwimmen zu geraten und sich ihres Ankerplatzes und ihres Kurses nicht mehr sicher zu sein. Aber so dachte eine Anführerin nicht. Sie durfte angesichts der schlimmsten Katastrophe, die je über Valle hereingebrochen war, keine Schwäche zeigen. Die Leute brauchten jetzt Autorität und das Gefühl, dass jemand wusste, was zu tun war, obwohl sie nur weinen und trauern wollte.
»Es ist ein schrecklicher Morgen«, sagte Jameson.
Rosa konnte nicht widersprechen. Abgesehen von dem Tag, an dem ihr Bruder gestorben war, hatte sie nie einen schlimmeren erlebt.
»Und es gibt noch mehr schlechte Nachrichten«, fuhr er fort. »Lem ist verschwunden. Ich kann seine Leiche nicht finden.«
Qué raro. Sie hatte noch nie gehört, dass Staubpiraten männliche Gefangene machten, aber sie nahm an, dass manche von ihnen bei ihren Folterungen und Verstümmelungen gern etwas Abwechslung hatten. Armer Lem.
Ex kam in Sicht, bis an die Zähne bewaffnet. Sein Gesicht war wutverzerrt. »Die Lebenden brauchen uns mehr als die Toten. Wann bringen wir diese Dreckskerle um?«
Rosa atmete tief durch. Die Mädchen würden misshandelt, vergewaltigt und vielleicht sogar gefoltert werden, das wusste sie.
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