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Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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einer Schlucht entlang verlief. Die Staubpiraten hatten in all ihrer stinkenden Abscheulichkeit dort unten ihr Lager aufgeschlagen.
    Chris benötigte nur ein paar Sekunden, um sich einen Überblick über den Aufbau des Lagers zu verschaffen. Dann duckte er sich tief an den Felsboden und lauschte. Raubkatze und Mensch gingen ineinander über, als er seine animalischen Sinne durch Mathematik und Logik ergänzte. Erst als er die Schreie einer Frau, die gerade vergewaltigt wurde, erkannte, riss er sich aus seiner Trance los und war froh, nicht zu wissen, welches der Mädchen missbraucht wurde. Er fühlte sich ohnehin schon wie ein Voyeur.
    Sein Instinkt drängte ihn, sich zu verwandeln. Er spürte die wachsende Verschwommenheit und den Schmerz in sein menschliches Bewusstsein eindringen. Er kämpfte dagegen an und hielt den Impuls in Schach. Er wollte sich nicht aus Wut und aus dem Bedürfnis nach spontaner Rache heraus verwandeln. Er hätte allein gegen viele gestanden, und die Bravos wollten schließlich auch ihre Rache.
    Die Sonne war untergegangen, als er in Valle eintraf. Die Explosion hatte ein Loch in die Stadtmauer gerissen, und so hätte er sich unbemerkt hineinschleichen können, aber er benutzte das Tor. Ein Bravo namens Hector hielt mit trostloser Miene und tief eingesunkenen Augen Wache.
    »Doc«, flüsterte er, »verdammt, ich bin froh, dich zu sehen. Wo …? Oh Mann, deine Kleider!«
    »Wo ist Rosa?«
    » La taberna . Sie macht Pläne und versucht, Ex und Rio bei Sinnen zu halten. Die Banditen haben Allison und Singer.«
    »Scheiße. Brick also auch, ja?«
    »Nein, Mann«, sagte Hector und schüttelte den Kopf. »Brick ist übel zugerichtet. Hat einen Gewehrschuss in die Brust abbekommen.«
    Chris sagte nichts mehr, als er durchs zerstörte Tor ging, aber Hector legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Du hilfst ihm doch, oder?«
    Er konnte ein zynisches Lächeln nicht unterdrücken. »Wenn ich darf.«
    Er ließ Hector mit fragendem Gesicht stehen. Die Stadt stank nach angesengtem, nassem Holz, verbranntem Fleisch und verschossenem Pulver. Chris hatte den Geruch schon zuvor durchdringend gefunden, aber für seine geschärften Sinne war er jetzt geradezu überwältigend. Er konzentrierte sich zunächst darauf, sich in sein Zimmer über dem Laden zu schleichen und sich etwas zum Anziehen zu holen. Nachdem er sich gewaschen hatte, um den Gestank des Todes von der Haut zu spülen, kleidete er sich an und ging in die Taverne.
    Zornige Stimmen übertönten seine Ankunft. Er spähte durch den Türspalt und wartete ab.
    »Wir hätten schon vor Stunden aufbrechen sollen«, knurrte Ex, der angespannt und nervös auf und ab ging. »Wann sollen die Patrouillen denn zurück sein? Und zweifelst du auch nur im Geringsten daran, was diesen Mädchen jetzt gerade zustößt?«
    »Nein.« Rosa saß allein an einem Tisch, einen Teller mit Essen, das sie nicht angerührt hatte, neben sich. Chris fragte sich kurz, wer es wohl jetzt, da Viv tot war, zubereitet hatte. »Sie werden benutzt, Ex. Benutzt wie eine Waffe, ein Hemd oder ein Reifen. Als Gebrauchsgut. Aber das heißt zugleich auch, dass sie einen Wert haben.«
    »Wie lange?«
    »Das wird sie schützen«, sagte Rosa, als hätte sie ihn nicht gehört.
    Rio saß still an einem anderen Tisch und konzentrierte sich ganz darauf, sein Gewehr zu reinigen. Er zitterte vor kaum gezügeltem Zorn. »Sie wird keine Jungfrau mehr sein.« Als er zu Rosa aufschaute, war jede Spur von Jugend aus seinen Zügen verschwunden. »Singer, meine ich. Sie ist dann keine mehr.«
    »Vielleicht nicht«, sagte Rosa leise, »aber sie wird es überleben, und wir werden sie wieder gesund pflegen.«
    »Da kannst du dir nicht sicher sein. Du weißt noch nicht einmal, wo der Doc steckt.«
    Falco saß auf der Theke, ließ die Beine baumeln und schlug mit den Hacken gegen das metallene Bein eines Barhockers. »Ja, und du scheinst dich darüber nicht einmal besonders aufzuregen, Jefa . Ich dachte, es würde dir mehr bedeuten, dass er vermisst wird.«
    Rosas Rücken wirkte so steif, dass es wehtun musste. »Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Vielleicht ist er zum Verräter geworden, was? Vielleicht hat er dich die ganze Zeit über getäuscht und nur auf einen solchen Tag gewartet. Hast du darüber schon einmal nachgedacht?«
    »Er ist kein Verräter«, sagte sie.
    Das hätte Chris wenigstens ein gewisses Maß an Befriedigung verschaffen sollen, aber er konnte die Energie dazu nicht aufbringen.
    »Davon bin ich

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