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Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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grimmige Satz war nicht wild, sondern gezielt auf sein Opfer gerichtet. Seine Tatzen prallten gegen den Brustkorb des Banditen. Ein Knochen knackte. Sie landeten zusammen im Staub. Ein rascher Biss, ein Aufschrei, ein Röcheln. Dann Stille.
    Der Leopard kehrte zu dem gefallenen Bravo zurück. Aber da war keine Bewegung. Kein Atem. Kein Laut.
    Tot.
    Sein Rückenfell kribbelte, juckte und richtete sich auf. Auch der Tod hatte einen Geruch. Er stupste das schlaffe Gesicht des Bravos an.
    Lebewohl.
    Ein neuer Duft erregte seine Aufmerksamkeit. Aus einem nahen Zelt, dessen weiße Wände schmutzig waren, ertönten die Schreie einer Frau. Es roch nach Sex. Er dachte an Rosa, aber das war nicht richtig. Seine Gedanken sprangen so schnell hin und her, dass er sie kaum festhalten konnte.
    Er schlich sich tief geduckt an und lauerte darauf, dass ein Mann herauskommen würde. Er wusste, dass ein Mann dort sein würde. Ein Feind. Andere kämpften, aber dieser Mann versteckte sich und brachte eine Frau zum Weinen. Der Leopard zitterte vor angeekeltem Hass, halb Tier, halb Mensch.
    Ein Rascheln hinter ihm ließ ihn herumfahren. Ein vertrautes Gesicht. Falco.
    Es gab kein Wort für Falco, weder Feind noch Freund. Seine Körperhaltung verriet Angriffslust, Argwohn und sogar Angst. Aber er war trotz allem ein Bravo.
    Der Leopard wartete, beobachtete. Er konzentrierte sich.
    »Scheuch du ihn heraus«, sagte Falco.
    Die Worte ergaben einen Sinn. Es war jetzt einfacher. Rosa. Er hatte Rosa auch verstanden.
    Der Leopard erhob sich aus seiner angespannten Lauerstellung und schlich vorwärts. Empfindliche Tasthaare streiften die Zeltbahn aus steifem, stinkendem Leinen. Pisse. Und Fäulnis. Drinnen befand sich noch ein vertrautes Gesicht. Das Menschenmännchen schloss gerade seinen Gürtel; er stand über eine nackte Frau gebeugt. Maryann. Ihre Kleider waren zerrissen. Sie blutete und weinte leise.
    Ein Knurren stieg in der Kehle des Leoparden auf. Abscheu und Empörung über den Verrat. Er sprang.
    Der Mann schrie. Tatzen nagelten seine Schultern an den Boden. Seine Kehle lag bloß und hätte einen schnellen Tod ermöglicht, aber so großzügig war die Raubkatze nicht.
    »Lem!«, rief Falco. Seine Stimme verriet Entsetzen. »Scheiße, hombre , was hast du getan?«
    »Halt’s Maul, und hol dieses Ding von mir runter!«
    Rosa kam ins Zelt. »Falco?«
    Der Leopard knurrte tief in der Kehle. Er wäre gern zu ihr gelaufen, aber der Abschaum wand sich unter ihm. Er ließ die Krallen spielen.
    »Was zur Hölle geht hier vor?«, fragte Rosa.
    »Ich habe ihn hier drinnen gefunden«, sagte Falco. »Über ihr.«
    » Dios, no. « Rosa fiel auf die Knie und umarmte Maryann. »Hast du uns verraten?«
    »Leck mich am Arsch, Jefa .«
    Dem Leoparden sträubte sich das Fell. Er verstand dieses Wort und las zugleich Angst im Gesicht des Mannes. Er fuhr die Krallen wieder aus und grub sie kräftig und tief ins weiche Menschenfleisch. Er knurrte Rosa eine Frage zu. Sie strich Maryann das feuchte Haar aus dem verzweifelten Gesicht und kniff die Augen zusammen. Zorn duftete wie Feuer oder Blut – durchdringende Gerüche.
    »Tu es, Cristián.«
    Er genoss es immer, wenn sie ihm etwas erlaubte. Nun setzte er seine starken Rückenmuskeln ein, um seinen Krallen Kraft zu verleihen, und riss dem Verräter den Bauch auf. Lem krümmte sich, schrie und starb, wie er gelebt hatte.
    Feigling.
    Rosa schnippte mit den Fingern. Der Leopard ließ sein Opfer liegen und schmeckte das Blut des Siegs. Er führte die Menschen zurück in die Dunkelheit hinaus. Falco stützte Maryann. Der Leopard schnupperte und knurrte.
    »Was ist?«, fragte Falco. Die missbrauchte Frau stützte sich schwer auf ihn.
    Mit der Luft stimmte etwas nicht. Sie roch ölig. Faulig. Der Leopard knurrte noch einmal und ärgerte sich, dass das Wort ihm nicht einfiel. Dann brach das Wissen so heftig wie ein plötzlicher Schmerz über ihn herein.
    Benzin. Und Feuer.
    Er rannte los. Rosa würde ihm schon folgen.
    Das große Zelt war leer. Die Männer waren auseinandergestoben, aber ihr fauliger Gestank folgte ihnen wie ein Lichtschein. Manche waren noch am Leben, aber nicht viele. Sie scharrten auf dem Fels und im Staub. Jedes Geräusch war in den Ohren der Raubkatze klar und deutlich. Der Leopard hielt inne und lauschte tiefer in die Nacht hinein.
    Vielfraß.
    Ex.
    Die verbliebenen Banditen würden nicht weit kommen. Sie hatten im Dunkeln Gesellschaft.
    Aber das Benzin blieb. Er rannte zum Truck, wo Menschen

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