Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
mit tödlicher Ruhe: »Du wirst uns diese Medikamente überlassen.«
»Den Teufel werde ich tun.«
»Jameson, leg das Messer weg.« Rosas Befehl war so schneidend wie Stacheldraht.
Tillys Mann? Sie hatte erwähnt, dass er ein harter Bursche war, aber Chris hatte nicht damit gerechnet, dass er sich anschleichen und ihn angreifen würde.
»Du kennst die Regeln«, sagte Rosa. »Wir haben ihm Zuflucht gewährt. Er bleibt. Unversehrt .« Sie musterte Chris mit derselben Gründlichkeit, aber einem weit höheren Maß an Verachtung von oben bis unten.
»Er hat Medikamente«, sagte Jameson leise und drückte Chris das Messer an den Haaransatz. »Tilly braucht sie vielleicht. Also lasse ich ihn wohl kaum gehen.«
»Vielleicht braucht sie Medikamente. Aber wir werfen die Regeln nicht über den Haufen, nur weil du dir Sorgen machst.«
Rosa nickte zu Wicker hinüber, der ein Gewehr unter dem Tresen hervorgezogen hatte. Nicht dass das Chris sehr beruhigt hätte. Jamesons Atmung verriet, dass er nahe bei ihm stand – ganz nahe. Bei solchen Distanzen machten Schusswaffen kaum einen Unterschied zwischen den Zielpersonen und Unbeteiligten. Außerdem hatten alle hier einen Grund, ihm den Garaus machen zu wollen, ungeachtet dessen, was Rosa behauptete.
Das hier war nicht wie der Kampf gegen Brick, Mann gegen Mann in der Wüste. Es war eine Pattsituation auf engstem Raum. Unter solchen Umständen gaben die meisten Leute ihr Gehirn an der Tür ab. Chris konnte nur hoffen, dass das bei Jameson nicht der Fall war, ganz gleich, wie besorgt er um seine Frau war.
»Also kannst du Phenobarbital von Azithromycin unterscheiden? Dextromethorphan von Sulfamerazin?« Chris ließ seine Tasche zu Boden gleiten. »Dann tu dir keinen Zwang an. Und danach kannst du Manuel fragen, wie ich die entzündete Schnittwunde an seiner Ferse behandelt habe, oder Abigail, was für ein desinfizierendes Mundwasser ich ihr für ihr geschwollenes Zahnfleisch gegeben habe. Heute habe ich überwiegend Toilettenartikel eingetauscht, nicht die wichtigen Medikamente, die ich umsonst weggegeben habe, seit ich hier angekommen bin.«
Rosa ging zum Tresen hinüber und schob Wickers Gewehrlauf nach unten. »Steck das Messer weg, Jameson, dann einigen wir uns schon.«
Der Mann zögerte. Dann lag sein Messer plötzlich nicht mehr eiskalt an Chris’ Hals.
»Das war keine Bitte«, sagte sie. »Willst du, dass ich dich verbanne?«
»Du würdest uns wegschicken? Jetzt ?«
»Von Tilly habe ich nichts gesagt.« Rosa bedachte ihn mit ihrem furchterregenden Lächeln – und Chris entspannte sich. Sie hatte die Lage im Griff, obwohl es ihm gegen den Strich ging, dass sie seine Probleme löste. »Was meinst du, Jameson? Glaubst du, dass sie dieses Leben aufgeben und mit dir in die Wildnis ziehen würde? Dass sie das Baby aufs Spiel setzen würde? Liebt sie dich so sehr?«
Schachmatt.
Rosa fuhr fort: »Ich habe den Damen eingeschärft, dass sie nichts tun müssen, was sie nicht auch tun wollen. Wir passen hier auf unsere Frauen auf.«
Jameson zog sich zurück, und Chris wirbelte herum und hob seinen Tornister vom Boden auf. Er stellte sich neben Rosa, Schulter an Schulter mit ihr. Erst jetzt konnte er seinen verhinderten Mörder, den Vater des einzigen ungeborenen Kindes von Valle, in Augenschein nehmen.
Jameson war ein furchteinflößender Dreckskerl.
Er war hager und drahtig und trug die Ärmel seines weißen T-Shirts wie ein Straßenkämpfer aufge rollt. Seine Wangen waren eingefallen, und seine Augen lagen in tiefen Höhlen. Das Bowiemesser, das er Chris gerade noch an den Hals gepresst hatte, baumelte lose in seinen Fingern. Sechs weitere Messer verschiedener Größe steckten in einem tief sitzenden Gürtel.
»Wir einigen uns auf Folgendes«, sagte Rosa. »Und zwar nur darauf, weil ich nicht mit mir handeln lasse. Der Doc tut für Tilly, was er kann, und stellt auch alle Medikamente zur Verfügung, die sie vielleicht braucht, wie er es bisher schon getan hat. Er hat sie schon kennengelernt und sie gestern untersucht, als du auf Patrouille warst. Du regst dich über nichts und wieder nichts auf, mano . Und er bleibt, bis das Baby unbeschadet zur Welt gekommen ist.«
Chris stieß einen unverbindlichen Laut aus. Jameson war merklich erleichtert.
»Im Gegenzug bekommt er Kost und Logis, solange er hier ist.«
»Ich bin keiner dieser Hunde, Rosa. Wenn du meine Fachkenntnisse haben willst, musst du mir etwas Besseres bieten als ein paar Essensreste.«
»Ich sehe
Weitere Kostenlose Bücher