Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
beharrte, nur auf der Durchreise zu sein.
»Du könntest es aber«, sagte sie. »Vielleicht kannst du ja eine unserer Damen überzeugen, dich offiziell willkommen zu heißen.« Die neckischen Worte hinterließen einen säuerlichen Nachgeschmack, aber sie tat so, als ob es ihr nichts ausmachte, und zeigte ihm eine nach der anderen. »Das da ist Jolene, aber ich glaube nicht, dass du Brick heute Abend noch von ihr wegbekommst. Aber da ist ja noch seine kleine Schwester Singer …« Sie wies mit dem Kopf auf die schlanke junge Frau mit dem seidigen schwarzen Haar und der karamellfarbenen Haut. »Aber sie ist zu jung für dich.«
»Finde ich auch.«
Hm. Rosas Erfahrung nach konnte die Einstellung der meisten Männer zu Sex mit jüngeren Frauen in wenigen abscheulichen Worten zusammengefasst werden: Nichts anbrennen lassen. Chris’ Reaktion sprach für ihn, sofern er nicht nur sagte, was sie seiner Meinung nach hören wollte.
»Das da ist Mica.« Schlechte Zahnpflege und ein schwaches Kinn machten sie geradezu unattraktiv, aber sie war körperlich fit, und mehreren Männern schien alles andere nichts auszumachen. Sie war so beliebt, dass gleich zwei Bravos um ihre Aufmerksamkeit buhlten. Der Fackelschein betonte gnädig ihre starken Beine und ihr schönes Haar.
»Und Abigail.« Sie deutete auf die rundliche, großmütterliche Frau mit den weißen Haaren, die fröhlich mit dem Fuß den Takt schlug. »Sie backt all unser Brot.«
»Dann sollte ich sie vielleicht besser kennenlernen.«
Rosa musterte ihn. » Sí , vielleicht hat sie Lust. Nach ein paar Drinks ist sie da nicht abgeneigt.«
Der Doc wirkte überrascht. »Ernsthaft?«
»Sie ist eine Frau, oder?«
»Würde das heißen, dass ich Kuchen zum Frühstück bekomme?«
»Ich nehme an, das hängt von dir ab, Cowboy. Bist du Kuchen zum Frühstück wert ?«
¿ Qué haces, estúpida? Man hätte ihren Tonfall fast als kokett deuten können, und Rosa ließ sich doch nicht auf solche Flirts ein. Die Männer mussten sie ernst nehmen.
Zum Glück konzentrierte er sich auf die Frage. »Zum Teufel, das weiß ich nicht.«
Sie fuhr fort, als wäre sie gar nicht ins Stolpern geraten: »Viv ist die kleine Chinesin da. Die geht vielleicht mit dir ins Bett.«
»Gut zu wissen.«
Dann blieben noch Bee, die nie in die Stadt kam, und Ingrid, die selten tanzte. Heute Abend musste sie beschlossen haben, Falcos Behauptung, sie sei lesbisch, zu widerlegen, indem sie sich mit Ex zusammentat, dem stillen ehemaligen Sträfling, der alle zeremoniellen Tätowierungen stach.
Ex war groß und hager, hatte stahlgraue Augen und dunkles Haar, das an den Schläfen schon silbern zu werden begann. Er sprach nicht viel, aber seine Bewegungen verrieten ihn. In Rosas Augen war der Tätowierer gefährlicher als Jameson, weil er seine Bedrohlichkeit nicht offen zur Schau trug. Er war Mitglied in irgendeinem Verein gewesen, in dem man eine mittelalterliche Lebensweise gepflegt hat. Vermutlich war so ein sonderbares Hobby nach dem Wandel nützlich gewesen. Es passte nur nicht zu dem, was sie über seine Haftzeit wusste. Sie hatte sich schon oft gefragt, wofür er eigentlich hinter Gitter geschickt worden war, aber sie würde ihn nie danach fragen. Der Gefängnisaufenthalt hatte ihn nur noch geschickter bei der Metallverarbeitung gemacht.
»Wo ist Tilly?«, fragte Chris nach einer Weile.
Er steht also auf Schwangere? Pervertido . Oder vielleicht mag er Tilly einfach. Sie war schließlich ein sehr netter Mensch, gutgelaunt und unschuldig – was Rosa kaum nachvollziehen konnte.
»Sie fühlt sich nicht gut genug, um zu tanzen, und Jameson würde dir ein Messer ins Auge rammen, wenn du sie auch nur ansehen würdest. Sie sind unser einziges monogames Paar.«
Gott sei Dank. Wenn die anderen Frauen feste Beziehungen eingegangen wären, wären zu viele enttäuschte, sexuell frustrierte Männer übrig geblieben, und Rosa wäre nicht mehr in der Lage gewesen, die Situation im Griff zu behalten. Der tägliche Balanceakt war ohnehin kaum zu bewältigen, und sie hoffte, dass künftig mehr Frauen aus anderen, weniger attraktiven Siedlungen nach Valle kommen würden. Unterdessen forderte Falco schon seit sechs Monaten, die Einwanderung von Männern nicht mehr zuzulassen.
Chris lachte leise. »Ich habe mich gefragt, ob sie stark genug sein könnte mitzumachen, aber vielleicht ist sie das nicht. Ich bin nicht … interessiert .« Er hielt inne und beobachtete das Fest mit melancholischem Ausdruck. »Ich hätte
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