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Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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doch, was unser Essen dir bedeutet. Honigbrot. Wein. Und du hast Vivs Eintopf probiert. Schon der allein ist deine Zeit wert.«
    Chris verschränkte die Arme, um zu überspielen, dass sein Magen sich zusammenzog; er wusste, dass sie ihn erwischt hatte. Aber er weigerte sich nachzugeben, ohne ein bisschen Widerstand zur Schau zu tragen. »Bis zur Entbindung könnte es noch Wochen dauern.«
    »Stimmt.« Rosas Gesicht blieb unbewegt; sie beobachtete ihn. »Wicker, das Zimmer oben bei dir ist doch noch frei?«
    »Ja.«
    »Na bitte, Doc. Sogar Kost und privates Logis.«
    Schön. Er fragte sich, wie vielen anderen Bravos wohl das Vorrecht eingeräumt wurde, mit la jefa zu feilschen, wenn auch nur in so geringem Maße.
    »Warum ist dir das alles so wichtig?« Jameson, Wicker und … alle. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich mit Herzblut, Leib und Seele um diesen Ort kümmerte – und um die Schwierigkeiten aller anderen.
    »Ich will, dass Tillys und Jamesons Baby gesund zur Welt kommt. Ich will, dass sie danach bei Kräften bleibt.« Sie nagelte ihn mit einem harten Blick fest, der es gerade noch vermied, flehentlich zu sein. »Das ist wichtig für unsere Zukunft. Sie müssen alle sehen, dass es möglich ist, mehr zu erreichen, als nur zu überleben.«
    Was sie unausgesprochen ließ, war unschwer zu erraten. Wenn es mit der Moral bergab ging, konnte es mit ihrer Führungsrolle schnell vorbei sein.
    Menschen waren verdammt komplizierte Tiere.
    »Frag mich«, sagte er.
    Rosas Verletzlichkeit verflog. Aber anders als Jameson, der alles zu verlieren drohte, was er seit dem Wandel gewonnen hatte, war Chris ohne Bindungen. Ohne Schwachpunkte.
    So wartete er.
    »Gut«, stieß sie hervor. »Bleibst du, bis das Baby geboren ist?«
    »Soll mir recht sein. Klar.«
    »Du bist ein echter Hurensohn, nicht wahr?« Sie stürmte aus dem Laden und stapfte die Stufen vor der Tür hinunter, wobei sie auf Spanisch etwas darüber, Männer am Spieß zu braten, vor sich hin murmelte.

9
    Rosa war zufrieden. Seit ihrem erfolgreichen Über fall auf die letzten Trucker, die hier eingedrungen waren, waren zehn Tage vergangen – und damit auch zehn Tage, seit Chris Welsh in die Stadt gekommen war. Da nun nichts mehr auf drohende Gewalt oder Intrigen hindeutete, war es an der Zeit zu feiern. Heute Abend würden sie endlich ein bisschen Dampf ablassen. Eine richtige Feuernacht.
    Die Fiedel erklang und verlockte mit hellen, ansteckenden Tönen die Bravos dazu, auf der Plaza zu tanzen, die im Orange der Flammen eines Freudenfeuers erstrahlte. Da nicht genug Frauen da waren, um in Paaren zu tanzen, formierten die Männer sich zu einer großen Gruppe. Rosa konnte sich nicht erinnern, wer diese Tradition ins Leben gerufen hatte, vielleicht als Parodie auf den alten Linedance, der auch zu den Melodien gepasst hätte, die Wicker spielen konnte. Aber der Spaß hatte ein Eigenleben entwickelt und war mittlerweile auch zu einem Beweis ihrer Männlichkeit geworden: Jeder strengte sich an, mehr komplizierte Schrittfolgen, immer schnellere Bewegungen und flinkere Beinarbeit als die anderen zu zeigen.
    Rosa sah vom Rande zu und unterdrückte ein Lächeln. Jeder wollte eine Frau so sehr beeindrucken, dass sie ihn über Nacht mit nach Hause nahm, aber die meisten von ihnen hatten es längst aufgegeben, für Rosa zu tanzen. Niemand warf ihr mehr bedeutungsvolle Blicke zu – bis auf Falco. Der Feuerschein tanzte auf seiner sonnenverbrannten Haut und zeichnete geheimnisvolle Wellenmuster. Alle Männer trugen Rosas Zeichen – die Tätowierung, die jeder nach seiner Initiation erhielt –, was sie heimlich lächeln ließ.
    Es war schön und zugleich archaisch, dass die Männer zum Vergnügen der Frauen tanzten. Die Bravos waren stolz auf ihre Anmut. Es war im gleichen Maße ein Kampf wie jeder andere Aspekt ihres Lebens, aber hier war die Belohnung begehrenswerter.
    Wicker war zu alt, das Spiel noch mitzuspielen, und so beschränkte er sich aufs Fiedeln. Rosa bewunderte seine Beherrschung des Instruments. Nur wenn er darauf spielte, wirkte er vollkommen glücklich. Rosa kannte ein paar der Lieder, die er zum Besten gab, etwa Turkey in the Straw und Cotton-Eyed Joe . Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, welche Angehörigen Wicker wohl verloren hatte, aber solche Fragen stellte man hier nicht. Nach Valle de Bravo zu kommen war, wie neu geboren zu werden.
    Falco trat aus der Reihe hervor und tanzte munter mit wirbelnden Füßen auf sie zu. Die anderen Männer johlten

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