Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
hast du schon Welpen auf die Welt geholt? Das hat man wohl davon, sich mit Gestaltwandlern herumzutreiben.«
»Nein, meine ersten Erfahrungen damit habe ich gesammelt, als ich bedrohten Wildkatzen geholfen habe, Junge zu werfen.« Er runzelte die Stirn und umklammerte sein Glas so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. »Die Gestaltwandler sind nicht alle so, weißt du? Nicht alle sind Monster.«
Rosa überging seine Bemerkung und winkte Viv zu. »Noch einen Wein, bitte.«
Viv brachte die Flasche und ließ sie auf dem Tisch stehen. Ein Bravo zückte seine Flöte, und ein anderer baute seine Trommeln auf. Anscheinend wollten sie das neue Leben feiern. Tilly hatte noch nicht beschlossen, wie sie ihre Tochter nennen wollte, aber Rosa dachte im Stillen, dass Hope eine gute Wahl gewesen wäre, vielleicht gar die perfekte Wahl, denn das kleine Mädchen stand für die Hoffnung der ganzen Stadt.
»Lenk nicht vom Thema ab, Rosita«, sagte Chris so leise, dass sie annahm, niemand sonst hätte es gehört, aber sie sah sich um, um sicherzugehen.
Sie hätte wirklich nicht bei ihm sitzen sollen. Das würde zu Gerede führen. Falco kochte jetzt schon und versuchte herauszufinden, warum sie Chris’ Gesell schaft duldete, seine aber nicht. Sie hatte behauptet, es läge daran, dass der Doc ihnen den Arsch gerettet hatte, indem er das Baby unbeschadet auf die Welt geholt hatte. Jameson wäre weiß Gott unberechenbar gewesen, wenn Tilly oder seinem Baby etwas zugestoßen wäre. Sie hatte Angst gehabt, dass sie ihn wie einen tollwütigen Hund würden töten müssen. Dann hätten sie die ganze Familie verloren.
»Warum? Ich habe es dir doch schon gesagt – was das betrifft, ändere ich meine Meinung nicht. Ich weiß, was ich weiß.«
»Du bist eine starrköpfige Nervensäge.« Er stürzte den Wein hinunter, lauschte eine Weile der Musik und sah zu, wie Brick und Jolene den Tanz eröffneten.
»Das sagt man mir nach.« Aber ihr Ton war nicht verbittert. Sie freute sich über das Neugeborene, und der Wein machte sie nachsichtig, sodass die Welt ihr heute alles andere als schlecht erschien.
Das hier war kein Fest wie die Feuernacht, nur ein einfacher Tanz. Feiern waren wichtig, weil sie eine Gemeinschaft zusammenschweißten. Singer kam mit Brot und Honig herein und trug Tabletts zu den Männern. Rio versuchte, sie ins Gespräch zu ziehen, aber das Mädchen grinste ihn nur an und huschte davon. Rosa war sich nicht sicher, ob sie ihn nur hinhielt oder wirklich kein Interesse hatte. Für eine so junge Frau hatte Singer schon ein ziemlich undurchdringliches Pokerface.
»Mir war nicht klar, dass es Regeln und Einschränkungen geben würde.«
Sie warf mit hochgezogener Augenbraue einen Blick zu Chris hinüber. »¿ Qué? «
»Für uns. Aber ich bin ziemlich schnell dahintergekommen: Du willst nicht, dass irgendjemand etwas erfährt. Ich darf dich nicht vor anderen Leuten berühren oder zeigen, dass ich dich besser kenne als sie. Weil niemand nahe an dich herankommt, stimmt’s?«
»Das geht nun einmal damit einher«, sagte sie schulterzuckend. »Ich habe kein Privatleben.«
»Ich verstehe.«
» Dios , nun sei doch heute fröhlich! Du hast etwas Großartiges geleistet. Konzentrier dich darauf.« Sie grinste ihn an und fuhr so leise fort, dass die Trommeln ihre Stimme übertönten: »Und nebenbei haben wir Sex. Das macht Spaß, und wir haben einen sicheren Rückzugsort. Gutes Essen. Ist das nicht alles, worauf es ankommt?«
»Ja. Wir haben ziemliches Glück.«
Rosa kippte den Rest ihres Weins hinunter und sprang auf. Sie schenkte Chris zum Abschied ein kurzes Lächeln, wirbelte dann im Takt der Musik herum und winkte Ex zu sich. Auf solchen Festen wie diesem tanzte sie immer mit ihm und Rio, den einzigen beiden Männern, von denen sie wusste, dass sie nicht einmal daran denken würden, sie mit nach Hause zu nehmen. Ex kam zu ihr. Er war trotz der noch nicht verheilten Schulterwunde ein guter Tänzer. Dies hier war ein gesellschaftlicher Anlass, kein romantisches Schäferstündchen, und Rosa musste unter Beweis stellen, dass sie noch immer la jefa war, ganz die Alte. Ein neuer Bravo hatte den Schwur geleistet. Manuel war gestorben. Ein Baby war geboren. Bald würde sich die Lage beruhigen, wenn Falco sie nur endlich in Ruhe ließ. Sonst musste sie etwas unternehmen.
Rosa tanzte am liebsten Samba, und so gab sie den Musikern ein Zeichen. Ex ergriff ihre Hand und schlang ihr die andere um die Taille. Sie waren es
Weitere Kostenlose Bücher