Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)
überall verbreiten. Lad so viele wichtige Persönlichkeiten wie möglich ein.«
Kurz darauf klopfte es, und Cale wurde hereingeführt. Bosco erklärte ihm, dass er mit Gil nach Süden entsandt würde, wo er sich um das Problem mit den Folk kümmern solle. Cale widersprach nicht und stellte auch keine Fragen.
»Ich will ihn haben. Hooke, meine ich«, sagte Cale.
»Warum?«
»Weil ich seine Führungsakte gelesen und mir seine Zeichnungen genau angesehen habe. Manches mag so sein, wie Ihr sagt, aber der Entwurf für eine Belagerungsmaschine scheint mir sehr gut zu sein– vielleicht sogar die Riesenarmbrust. Überall in seinen Unterlagen finden sich gute Einfälle. Und Ihr habt selbst gesagt, dass sein Wehr gut funktioniert.«
»Er hat den Papst beleidigt.«
»Und Ihr habt vor, den Papst zu töten.«
»Nicht doch. Aber selbst wenn ich ihn tötete, würde ich ihn nicht vorher beleidigen.«
»Hookes Maschinen können dazu beitragen, dass Ihr Euch darüber keine Gedanken zu machen braucht.«
Bosco seufzte und trat an ein Fenster. »Wir haben viele Kohlen im Feuer und nur wenige Kessel, in denen wir unsere Pläne garen können. Ich muss widersprüchliche Bedürfnisse zum Ausgleich bringen.«
»Meine Bedürfnisse haben Vorrang.«
»Du bist der Zorn Gottes, aber du bist nicht der Allmächtige selbst. Das ist ein gewaltiger Unterschied, wie du spätestens dann erfahren wirst, wenn du es zu weit treibst.« Er lachte, als er Cales Gesichtsausdruck sah. »Mein Lieber, das war keine Drohung. Wenn du scheiterst, scheitere ich mit dir.«
»Ich dachte immer, Ihr wärt so mächtig, dass sich niemand gegen Euch stellen kann.«
»Nun, dann hast du dich eben geirrt. Wir beide, du und ich, tanzen auf äußerst dünnem Eis. Ich will es so ausdrücken: Wenn du am Duffer’s Drift Erfolg hast, wird dein Sieg uns beiden mehr Macht bescheren; dann werden wir es uns leisten können, Hookes Hinrichtung hinauszuschieben. Im Moment habe ich nicht die Macht, um das zu tun; so ist es eben. Gib ihm eine Aufgabe, während du unterwegs bist. Wer weiß, was sein wird, wenn du mit deinen Purgatoren in Duffer’s Drift Erfolg hast? Es liegt in deinen Händen.«
Cale, Bruder Gil und zwei weitere Erlösermönche brauchten sechs Tage, bis sie Duffer’s Drift erreichten. An jedem Tag hatten sie mehr als siebzig Meilen zurückgelegt, wobei sie die Pferde in den Pferdestationen gewechselt hatten, die in Abständen von jeweils zwanzig Meilen an der Straße lagen. Nur auf den letzten achtzig Meilen gab es keine Stationen mehr, da die Antagonisten dieses Gebiet unsicher machten. Als sie ankamen, war Cale erschöpft; seine Schulter und sein Finger schmerzten höllisch, fast so sehr wie an dem Tag, an dem er ihm von Solomon Solomon in der Roten Oper abgetrennt worden war.
»Gönnt Euch ein wenig Schlaf, Bruder«, sagte Gil, als er Cale zu einem Zelt aus blauem Sackleinen geleitete. Cale schlief gewöhnlich nicht leicht ein, aber an diesem Tag brauchte er nur zwei Minuten, nachdem er sich auf dem entsetzlich unbequemen Lager ausgestreckt hatte. Etwa acht Stunden später weckte ihn Gil auf und reichte ihm einen Becher, der mit einer widerlich schmeckenden Flüssigkeit gefüllt war. Als er davon trank, wurde Cale allmählich klar, dass er inzwischen so verweichlicht sein musste wie ein Weib, denn noch vor ein paar Monaten hätte er dieses Gesöff für erträglich gehalten.
»Das schmeckt absolut widerlich«, sagte er zu Gil, der ihn nachdenklich beobachtet hatte.
Gil sah ehrlich betroffen aus. »Tut mir leid.« Er nahm den Becher und probierte das Getränk selbst. »Ich finde es völlig in Ordnung.« Sie sahen sich an– ein sinnloser Blickkontakt. »Geht hinaus, und schaut Euch die Umgebung an. Dann könnt Ihr alles besser einschätzen. Wenn Ihr zurückkommt, haben wir das Essen vorbereitet.«
»Kann es kaum erwarten.«
Das Veldt des Transvaal ist eine weite Prärie, die sich vierhundert Meilen südwestlich der Ordensburg erstreckt. Die hier lebenden Menschen nennen sich Folk; sie leben von der Landwirtschaft und der Jagd. Sie hatten sich erst in jüngerer Zeit zum Antagonismus bekehrt. Aus diesem Grund, und weil sie ohnehin ein seltsamer Haufen sind, hegen sie sehr rigide und geradezu fanatische Überzeugungen. Da sie vor ihrer Bekehrung nicht dem Erlöserglauben angehört und auch sonst wenig Umgang mit dem Erlöserorden gepflegt hatten, waren ihre Verachtung und ihr Hass auf den aggressiven Mönchsorden so intensiv, dass es an Wahnsinn grenzte.
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