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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Berater des Richters gewesen sein – neben seinem unsympathischen Charakter ein weiterer guter Grund, nichts mit ihm zu tun haben zu wollen.
    Immerhin aber hatte er sie mit »Herrin« angeredet. Sie würde den Disput wohl auf später verschieben. Das war vielleicht nicht der rechte Zeitpunkt, ihre äußerst riskante Position auszureizen. Doch dann änderte sie ihre Meinung. Vielleicht wären sie am nächsten Tag alle tot und ermordet. Es war ihre erste und einzige Nacht als Befehlshaberin von irgendwas. Da konnte sie auch gleich ernsthaft Königin sein. Sie versuchte, sich zu erinnern, wie die Könige, Halbgötter und Helden in den Dramen und Tragödien sprachen, die Yorsh zum Zeitvertreib an langen Sommerabenden am Strand unter dem Felsen erfunden hatte. »Langsam«, wiederholte Yorsh immer wieder bei den Proben, »ein König spricht immer langsam. Er muss sich nicht beeilen, um den Fisch vom Feuer zu nehmen oder die Netze zu überprüfen. Könige haben nie etwas anderes zu tun, als König zu sein. Sie haben immer alle Zeit der Welt.«
    »Daligar wird morgen nicht sterben«, entgegnete sie in langsamer und gemessener Sprechweise. »Von Euch könnte ich dasselbe nicht behaupten. Meine Geduld muss mir mit den Schuhen abhandengekommen sein, war aber auch in besseren Zeiten nie sonderlich reichlich vorhanden. Das solltet Ihr nie außer Acht lassen, würde ich Euch empfehlen.«
    Dass Daligar überleben würde, war die erste wirklich zweifelhafte Aussage, die sie machte. Um die Unterhaltung gleich auf eine praktischere Ebene zu lenken, fragte sie den Hofmeister des Königlichen Hauses nach einem Ort, wo sie ihre Tochter schlafen legen konnte, wenn möglich nicht das Bett des Verwaltungsrichters. Der alte Mann verneigte sich und bat sie mit einer Handbewegung, ihm ins Innere des Palasts zu folgen. Jastrin trottete hinter ihnen drein, immer müder. Steif und kerzengerade beschloss der Seneschall den Zug.
    Vor einer bemalten Tür standen imposant und nutzlos vier Wachsoldaten. Sie betraten einen Raum, der ganz mit weißer Seide ausgeschlagen war und »Saal des Neuen Throns« genannt wurde, darin stand ein mit Silberintarsien verzierter Holzsessel, der dem Richter gehört hatte. Der Stoff, mit dem er bespannt war, zeigte Stickereien in einem Margeritenmuster. Über die Rückenlehne geworfen war ein kostbarer Mantel aus dunkelblauem Samt mit einem raffinierten Besatz aus Perlen und Goldfäden, wodurch er aussah wie das Meer im nächtlichen Glanz des Mondscheins.
    Schließlich wurde die neue Herrscherin in »ihre Gemächer« geführt, eine Flucht von großen Sälen, in deren Innerstem ein riesiges Bett mit Baldachin stand und ein Kamin vorhanden war.
    Robi legte die schlafende Erbrow aufs Bett und deckte sie mit einer hellen Wolldecke zu, die sich federleicht um sie schmiegte. Endlich verließ Angkeel ihre Schulter und hockte sich neben Erbrow, die ihn, ohne ganz aufzuwachen, in die Arme schloss.
    Robi beugte sich hinunter und küsste ihre Tochter auf die Stirn. Am liebsten hätte sie sich neben ihr ausgestreckt, um nach Herzenslust auszuschlafen, aber ihr war klar, dass sie in diesem Fall von den Orks geweckt werden würde.
    »Bleibt bei der Kleinen und wacht bei ihr«, sagte sie sanft zum Hofmeister des Königlichen Hauses, »und Ihr«, sagte sie knapp zum Seneschall, »führt mich sofort auf die Wehrgänge; wir wollen doch einmal sehen, ob es mir auch ohne Schuhe gelingt, diese Stadt von Dummköpfen zu retten, wo es, selbst um die Zugbrücke hochzuziehen, eines Befehls von mir bedurfte.«
    An der Tür sah sich Robi noch einmal nach der schlafenden Erbrow um.
    »Wir gehen jetzt in den Kampf«, sagte sie zum Hofmeister des Königlichen Hauses. »Wir kämpfen. Wer immer es kann. Alle. Ihr nicht. Ihr bleibt als Wache hier.« Sie zeigte auf das Kind. »Sollte ich nicht in diesen Raum zurückkehren, werdet Ihr Euch um meine Tochter kümmern, als ob sie Euer eigenes Kind wäre.«
    Der Hofmeister des Königlichen Hauses verneigte sich tief zum Zeichen des Gehorsams.
    »Ich will sagen«, fuhr Robi fort und musste dabei gegen Ekel und Schwindel ankämpfen, die diese Worte in ihr hervorriefen, »falls ich nicht wiederkehre und die Orks kommen … ich will sagen … wenn die Orks bis zu meiner Tochter vordringen …«, sie zögerte noch einmal, dann schloss sie ernst: »Lasst nicht zu, dass sie ihnen lebendig in die Hände fällt.«
    »Das hatte ich schon verstanden, Herrin«, antwortete der Alte.
    Der Weg, den der Seneschall

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