Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
flüsterte Zeelail, der jüngste der Bogenschützen, auch er aus dem Äußeren Bezirk und trotz der Schrammen ein hübscher Bursche, seine Finger waren noch vollzählig. »Es steht drei zu eins mit den Orks. Wir kommen morgen nicht zurück. Keiner von uns.«
»In Varil war es vier zu eins«, sagte Roxtoil, blind, sehr groß und blond aus den Sümpfen des Nordens.
»Da hatten wir einen Elfen dabei. Hier gibt es niemand, der die Pfeile ablenkt und unsere Pferde schneller laufen lässt. Hier sind nur wir und sie und die Sonne scheint auf uns genauso wie auf sie. Sie sind dreimal so viele wie wir.«
»Unser Hauptmann ist noch nie unterlegen. Morgen schaffen wir es, und dann suchen wir uns die, die uns die Flicken von ihrem Rock geschickt hat«, sagte Trakrail.
Sie dämpften ihre Stimmen, damit der Hauptmann sie nicht hörte.
»Es ist drei zu eins. Und die sind Orks.«
»Auch das im Osten waren Orks und immer haben wir gesiegt«, sagte Daverkail, ein Riese von einem Kerl.
»Aber zum Schluss sind wir abgezogen und das ist doch auch ein bisschen wie Flucht«, sagte Nirdly.
»Es gab einen Rückzug, das ist doch keine Flucht …«, präzisierte Workail, ebenfalls riesengroß, den nur Daverkail an Größe übertraf.
»Wo früher wir waren, sind jetzt die Orks. Wie nennst du denn das?«
»Lasst euch nicht lebendig erwischen, ihr habt gesehen, was sie mit den Gefangenen machen …«
»Wie bringt man sich denn selber um?«
»Du sprichst dich mit einem anderen ab, du bringst ihn um und er dich.«
»Aber wenn der andere schon tot ist, wie kann er mich denn dann umbringen?«
»Ihr stellt euch einander gegenüber auf, schaut euch ins Gesicht; ihr haltet das Schwert mit beiden Händen, die Spitze nach vorn, und lasst euch beide gleichzeitig ins Schwert des anderen fallen.«
»Na ja, hier haben wir keinen Elfen, aber wir haben seine Frau. Etwas wird die wohl auch können. Wir haben eine Königin-Hexe. Sie ist doch Nachfahrin Arduins, oder nicht? Sie sieht aus wie eine Bettlerin, ist aber eine Königin.«
»Ja, sie ist eine Königin-Hexe, der Adler schläft auf ihrer Schulter. Bei den Kommandanten der Orks schläft nirgendwo ein Adler auf der Schulter. Das ist doch ein Zeichen, oder nicht?«
»Morgen ziehen wir hinaus und keiner kommt zurück. Macht euch keine Illusionen. Falls wir aber doch zurückkommen, ändert das nichts. Wir werden nach wie vor die Leichte Kavallerie sein. Heute Abend haben sie uns Brot und Stücke aus ihren Röcken gebracht, aber das ist nur, damit wir zufrieden sind. Denn dann siegen wir vielleicht, während wir verrecken, und sie sind gerettet; wenn wir dagegen verlieren und verrecken, gehen sie genauso drauf wie wir. Aber sie haben es wenigstens versucht. Für sie macht einen Unterschied bloß, ob wir siegen oder nicht; ob wir krepieren oder nicht, das macht bloß für uns einen Unterschied.«
»Sei still, der Hauptmann hört uns.«
»Er ist zu weit weg.«
»Von wegen, er ist zu weit weg! Er hört etwas, wo andere nichts hören, hast du das noch nicht bemerkt?«
»Ja, das stimmt. Er sieht auch, wo andere nichts sehen.«
»Er sieht im Dunkeln.«
»Der Hauptmann ist noch nie unterlegen.«
Rankstrail stand auf. Das Gespräch verstummte. Ruhig wartete er ab, bis alle den letzten Bissen hinuntergeschluckt und sich zu ihm umgewandt hatten. Er sah jedem Einzelnen ins Gesicht.
»Wir werden siegen morgen«, sagte er mit leiser Stimme. Das war eine Mitteilung. »Wir werden siegen, und basta. Wir hauen sie in Stücke. Wir durchbrechen die Belagerung. Morgen Abend überhäufen wir die Stadt mit Mehl, Pökelfleisch und Öl, denn morgen stürmen wir ihre Vorratslager. Morgen Abend stellt ihr euch in die Mitte des Hofes und füllt jeder Frau, die euch darum bittet, die Schürze mit Esswaren, zum Dank für heute Abend. Morgen siegen wir, denn wir sind nicht mehr die Leichte Kavallerie, sondern wir sind die Kavallerie, und basta.«
Der Hauptmann schwieg und sah jedem Einzelnen ins Gesicht.
»Ihr werdet siegen morgen, denn woher auch immer ihr kommt, wofür ihr hier kämpft, das ist euer Land, sind eure künftigen Kinder. Diejenigen, für die ihr kämpft, sind euer Volk geworden, und euer Volk kämpft mit euch. Wir werden nicht allein hinausziehen morgen. Die Männer von Daligar sind mit uns, und die Frauen bleiben auf den Wehrgängen mit den Bögen, die sie zu gebrauchen gelernt haben, und mit den Kübeln ungelöschten Kalks, den sie eben anrühren. Wir werde alle gemeinsam kämpfen morgen und alle
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