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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Wasser, wo wir Frösche fangen! Der unterirdische Gang wurde angelegt, um im Falle der Belagerung einen Ausweg zu haben, aber dann hat man ihn vergessen. Wir wussten nicht mehr, dass es ihn gibt, sie aber wohl.«
    Immer aufgeregter, oder richtiger wäre wohl zu sagen, in blankem Entsetzen erklärte Jastrin Erbrow, dass Sire Arduin die Stadt, als sie in die Hände der Orks gefallen war, zurückerobern konnte, weil Prinzessin Jade sich an die Existenz dieses Gangs erinnerte. Auch die Orks hatten einen Begriff von Geschichte. Auch sie mussten wohl ein Buch besitzen, ein Pergament, oder womöglich verfuhren sie noch nach dem alten Prinzip der Geschichtenerzähler, die alles mündlich weitergeben, von Generation zu Generation. Die Orks hatten sich die Erinnerung an die strategischen Gegebenheiten bewahrt, die Menschen hingegen hatten sie eingebüßt, und nur durch puren Zufall, nur weil Dame Aurora freundlicherweise Jastrin etwas noch nicht Gelesenes geben wollte, war sie wiederbelebt worden.
    Das war alles etwas schwierig, aber Erbrow verstand trotzdem. Die Orks, die sie hatten entführen wollen, waren auf diesem Weg gekommen, wo sie nicht gesehen wurden. So viele Soldaten auch auf den Wehrgängen Wache halten mochten, so viele Augen auch den Fluss absuchen mochten, sie konnten jeden Augenblick wiederkommen.
    Jastrin stand auf und nahm sie bei der Hand.
    »Komm«, sagte er voller Furcht, aber entschieden, »jetzt gehen wir zu deiner Mama und sagen ihr, was ich entdeckt habe. Sie wird dich schützen. Diesmal lasse ich dich nicht allein. Diesmal kämpfe ich für dich, wie deine Mama für mich und die anderen gekämpft hat. Es ist die Stunde der Helden«, flüsterte er mit bebender Stimme, sodass er kaum verständlich war.
    Erbrow nickte, dann spürte sie die Eiseskälte. Sie sah das Grauen und den Schrecken in Jastrins Gesicht und begriff, dass es zu spät war. Ein triefnasser Ork pflanzte sich vor ihr auf, andere folgten nach. Diesmal waren weder Angkeel noch ihr Wolfsjunges da. Sie war allein. Der Ork packte sie. Erbrow spürte die böse Umklammerung und beschloss, die Augen zuzumachen, um nichts zu sehen. Der Hass war so stark, dass sie das Gefühl hatte, in eisigem Wasser zu sein. Sie hörte die Glocke schlagen, zwei Schläge und dann noch einmal vier, dann Jastrins Schrei. Er hatte Alarm gegeben: Orks innerhalb der Mauern, Kind entführt. Hinter ihren geschlossenen Lidern sah Erbrow den Drachen mit seinen Schuppen und dem Fell, die in Schlangenlinien miteinander verschlungen waren, und sah Jastrin, der ihren Vater umarmte, und begriff, dass Jastrin getötet worden war. Die Orks waren böse geworden, weil er die Glocke geläutet hatte. Der Hass des Orks war furchtbar, fast so schlimm wie der Griff seiner klobigen Hand, die sie zwischen Bauch und Brustkasten umklammert hielt. Erbrow erwog zu gehen, ihr Herz anzuhalten und nichts mehr zu spüren. Sie würde mit ihrem Vater und Jastrin auf dem weichen, warmen und kräftigen Rücken des Drachen sitzen. Ihr Papa würde ihr zeigen, was auf der anderen Seite des Windes war, sie würden gemeinsam die Sterne zählen, dort, wo es keine Angst und keinen Schmerz mehr gab. Doch sie erinnerte sich daran, dass ihr Vater sein Herz nicht angehalten hatte. Sie erinnerte sich, wie furchtbar die Pfeilspitze gewesen war, die ihn getroffen hatte, und doch war er dem Schmerz des folgenden Pfeils nicht ausgewichen, auch wenn er das gekonnt hätte. Erbrow begriff, dass etwas falsch war daran, das eigene Herz anzuhalten, ein bisschen wie Nasenbohren. Eins von den Dingen, die man nicht tut, und basta. Auch sie würde es nicht tun. Jastrin war gestorben, weil er die Glocke geläutet hatte, damit sie am Leben blieb.
    Erbrow fühlte, wie man sie durch einen engen und kalten Gang schleppte, das ging immer weiter und immer weiter und hörte gar nicht mehr auf, dann fühlte sie eine andere Kälte, das war kein Hass, sondern kaltes Wasser. Sie waren im Fluss. Erbrow stellte sich vor, ein Fisch zu sein, und das Wasser drang nicht dorthin, wo man atmet, dann wurde sie auf ein Pferd gehoben, wo es sie kräftig durchschüttelte, aber das dauerte nicht lang.
    Der Griff, der sie umklammert hielt, gab plötzlich nach. Erbrow fiel. Sie spürte den Schwindel des freien Falls, kniff die Augen fest zu, weil sie den schmerzhaften Aufprall ihres Körpers am Boden erwartete, doch der kam nicht. Ein Arm fing sie auf, ein Arm, der in einer verstümmelten, aber nicht bösartigen Hand endete.
    »He, Hauptmann«,

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