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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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das Honigbrot Fliegen setzten, die sich eben noch an den Augenhöhlen abgeschlagener Köpfe gütlich getan hatten.
    Als der Mann gegangen war, dachte die Königin von Daligar noch lang über Aurora und Rankstrail nach und dass sie es längst hätte verstanden haben müssen …
    Sie wünschte den beiden von ganzem Herzen eine lange Zeit der Gemeinsamkeit und Liebe, wünschte ihnen, dass sie Söhne und Töchter bekämen, sie heranwachsen und gedeihen sähen.
    Sie wünschte ihnen, dass sie ihre Enkelkinder auf die Welt kommen sähen und die Kinder ihrer Enkelkinder.
    Sie wünschte ihnen ein hohes Alter und einen gemeinsamen friedlichen Tod, Hand in Hand.
    Dann brach sie in Tränen aus. Es war ein furchtbares Weinen, ein unaufhaltsames, nicht zu bezwingendes, heftiges Schluchzen, das sie schüttelte wie der Herbstwind ein welkes Blatt. Zusammengekauert auf ihrem Steinthron, auf dem auch Arduin vor Verzweiflung über die für immer verlorene Gattin geweint haben musste, empfand Rosalba all den Schmerz, den sie bis zu diesem Augenblick in einen Winkel ihrer Seele verbannt hatte, weil die Schlachten vordringlich waren. Jetzt war der Krieg gewonnen, und nichts schützte sie mehr vor der Erkenntnis, dass ihr Gemahl jenseits des Winds und der Sterne auf immer für sie verloren war.
    Ihre eine Hand lag auf Yorshs Schwert, die andere auf Arduins grüner Jadekugel.
    Rosalba weinte fast die ganze Nacht hindurch. Die Kälte wurde unerträglich. Der steinerne Thron war eisig. Sie begann zu zittern. Sie erhob sich und schleppte sich in ihre Gemächer. Auf dem großen Bett, auf feinen Tüchern und inmitten von duftigen, kostbaren Spitzen lagen, ruhig und leise atmend, ihre Kinder. Rosalba entledigte sich ihrer Waffen, streckte sich unter der Decke neben ihren Kindern aus und umarmte sie. Deren Wärme ging auf sie über. Ihr Schluchzen beruhigte sich. Ihr Töchterchen wachte auf. Sie sah ihre Mutter im Schein des Feuers an, das in dem riesigen steinernen Kamin prasselte und den Raum erwärmte. Sie berührte ihr tränennasses Gesicht.
    »Mama aua«, sagte sie mitleidig.
    »Es ist vorbei«, sagte Rosalba.
    Das Mädchen nickte. Sie war ihrer beider Kind. Sie hatte Yorshs Augen. Neben ihr schliefen die beiden Brüderchen, die Kinder von ihr und Yorsh. Jenseits der Palastmauern unter den letzten Sternen schliefen die anderen Wesen dieser Stadt. Yorsh war jenseits des Winds, aber auch so würde jeder Augenblick ihres Lebens ein unschätzbares Geschenk sein und sie würde es genießen.
    Rosalba umarmte Erbrow und vergrub ihr Gesicht in den dunklen Locken.
    »Papa hia«, sagte die Kleine.
    »Hast du Papa gesehen? Hast du von deinem Papa geträumt?«
    Die Kleine nickte noch einmal.
    »Papa hia«, bestätigte sie. Dann legte sie sich mit Entschiedenheit die Hand auf die Brust. »Schön«, ergänzte sie.
    »Du hast Papa gesehen, und er hat dir gesagt, dass du schön bist«, übersetzte Robi.
    Erbrow nickte. Robi fragte sich, wie lang sie sich wohl die Erinnerung an ihren Vater bewahren würde. Sie war froh, dass sie von ihm geträumt hatte.
    »Das anne’e Papa.«
    »Ein anderer Papa. Da ist noch ein Papa? Ein anderer Mann! Da war ein anderer Mann, der das hier hatte? Den Anhänger?«
    Die Kleine nickte.
    »Hast du ihn gesehen?«
    Wieder wies sie auf den Kamin.
    »G’ooß un schwaaz.«
    »Er war groß und schwarz. Ein großer, kräftiger, dunkler Mann? Mit einem Mantel? Und er trug diesen Anhänger um den Hals? Du hast einen großen, kräftigen, dunkel gekleideten Mann gesehen, der diesen Anhänger um den Hals trug?«
    Erbrow nickte wieder, dann legte sie sich die Hand auf die linke Wange und schaute finster drein.
    »Aua.«
    »Seine Wange war … verletzt? Verbrannt?«
    »Aua«, bestätigte das Mädchen düster. Dann lächelte sie wieder und legte sich noch einmal die Hand auf die Brust. »Schön«, wiederholte sie zufrieden.
    »Auch er hat dir gesagt, dass du schön bist?«
    Erbrow nickte. Ihre Mutter drückte sie an sich.
    Sie sah sie noch lange an. Vielleicht war es nur ein Traum gewesen. Ein merkwürdiger Traum, in dem die Kleine sich an ihren Vater erinnerte und in gewisser Weise auch das wahre Gesicht Arduins erblickte.
    Vielleicht konnte die Kleine ja in der Vergangenheit lesen, wie sie selbst in die Zukunft blicken konnte.
    Oder vielleicht war der Tod etwas anderes als das Nichts, war er ein Ort, von wo man gelegentlich zurückkehren und jemanden grüßen konnte. Vielleicht war es Yorsh und Arduin ja vergönnt gewesen, die Pforten des

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