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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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oben im Windschatten zwischen prallen Kohlköpfen, dem Schwarz der Auberginen und dem Rot der Peperoncini Wäsche zum Trocknen aufgehängt, viel bunte Wäsche, denn einer der wichtigsten Berufe im Äußeren Bezirk war der der Waschfrau.
    Die Stütz- und Verbindungsbögen zwischen dem äußeren und dem mittleren Mauerring waren nicht überwuchert von Blumen, wie in der Zitadelle, sondern quollen über von Essbarem: Große Rebstöcke hatten sich dort ebenso festgekrallt wie kleine Himbeer- und Brombeersträucher, und sobald da etwas zur Reife kam, stürzten sich die Rinder des Äußeren Bezirks ebenso wie die Wachsoldaten darauf.
    Wie überall, wo Bettler und Hungerleider zu Hause sind, war auch im Äußeren Bezirk ständig Markt.
    Die einzigen offiziell zugelassenen Berufe waren hier, neben dem des Bettlers, Waschfrau und Krämer. Das waren die Aufgaben der zuletzt Gekommenen: Die Einwohner der Stadt satt zu machen, ihre Wäsche sauber zu halten und ihnen zum eigenen Seelenheil die Tröstung des Almosens zu vergönnen. Dinge roh einzukaufen und gekocht weiterzuverkaufen, konnte einiges einbringen und einem helfen, über die Runden zu kommen. Die meisten Handwerker im Mittleren Bezirk aßen zu Hause, in ihrer Küche, die bei der Werkstatt lag, aber die Gesellen und Lehrlinge, die oft vom Land kamen, aßen nicht mit ihnen am Tisch, ebenso wenig ihre zahlreichen Kunden, und das waren alles Leute, die satt werden wollten. Bei der regulären Armee bekamen die Soldaten täglich Verpflegung, aber die war so eintönig, dass nicht wenige von ihnen gern etwas springen ließen, um ein bisschen Abwechslung zu haben.
    So fantastisch Menge und Vielfalt der unablässig angebotenen Esswaren auch sein mochten, sie hätten nicht im Entferntesten ausgereicht, den Hunger all derer zu stillen, die welchen hatten. Alle boten alles feil, und der Duft des Gesottenen und Gebratenen traf den, der sich kein Essen leisten konnte, wie ein Schwerthieb. Die Farbe der Auberginen und Tomaten blendete all jene, die keine besaßen. Das Gegacker der Hühner betäubte all jene, die keine hatten, und viele von ihnen hätten alles dafür gegeben, eins zu besitzen. In den Pfützen spielten die Kinder zusammen mit den Gänsen, zum Spaß und um sie nicht aus den Augen zu lassen. An einigen Ständen wurden Schnecken mit Petersilie feilgeboten, gebratene Froschschenkel und manchmal, an Festtagen, in Peperoncini karamellisierte Hühnerflügel und der Duft stieg aus allen Winkeln der Gassen auf bis hinauf zu den Wehrgängen der Wachsoldaten hinter den Mauerzinnen oberhalb der Kohlköpfe und Auberginen.
    Überall huschten Iltisse herum, man hielt sie in den Häusern als Mäusefänger, als Spielzeug für die Kinder, zur Aufbesserung der Polenta im Winter und um ein hübsches Stückchen Fell zum Füttern der Schuhe zu haben. Sie waren schwer zu überwachen; dauernd liefen sie davon und machten Jagd auf Hühner, was entsetzliche Streitereien zwischen ihren Besitzern und denen ihrer vermeintlichen oder tatsächlichen Opfer heraufbeschwor. Der Reis wurde in großen Jutesäcken verkauft oder, mit Peperoncini gekocht, in kleinen geflochtenen Strohkörbchen. An den Hausecken wurden auf improvisierten Feuerstellen je nach Jahreszeit Kichererbsen oder Kastanien geröstet.
     
    Während sie durch die schmutzigen Gassen gingen, die trotz der fortgeschrittenen Stunde noch im Schatten lagen, begann seine Mutter, eine Geschichte zu erzählen, genauer gesagt die einzige Geschichte, die sie kannte: von der Prinzessin, die in ihrem Garten einen Frosch trifft und ihn vor Dankbarkeit küsst, weil er sie aus ihrer grauen, traurigen Einsamkeit herausgeholt hat, woraufhin er sich in einen Prinzen verwandelt. Der Vater hingegen hatte eine andere Geschichte, mit der er Rankstrail nachts unterhielt, wenn Sommergewitter ihre Hütte durchrüttelten wie ein Nest auf einem Zweig: die Geschichte vom Wolf und der Ziege, die bei einem Gewitter in derselben Hütte Zuflucht finden, und im Dunkeln hält einer den anderen für einen Artgenossen und so kommen sie friedlich bis zum nächsten Morgen.
    Rankstrail hasste Geschichten. Für alle anderen waren sie ein Segen, eine Art Geschenk. Eine Geschichte zu kennen, war ein seltener und kostbarer Schatz. Sogar im Äußeren Bezirk, wo niemand etwas umsonst gab, konnte die Fähigkeit, eine Geschichte zu erzählen, für ein unschätzbares Stück Brot mit Zwiebel eingetauscht werden. Manchmal war es Mama und Papa gelungen, mit dem Geschichtenerzählen etwas

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