Die letzten schönen Tage
Sprüchemacher. Für heute will ich ihm nicht mehr antworten. Bei
Kati zu liegen, ist gut. Ich bin hier, und Kati ist hier. David nun mal nicht,
und jede Nacht könnte ein Fest sein. Wir sind die Toten von morgen, heißt es in
einem Lied. Und ich habe Kati – jede Sekunde mit ihr ist mir heilig. Was für
ein süßes Mädchen sie ist. Anbetungswürdig. Sie hat mit diesem Kerl gefickt.
Sein Schwanz ist in ihrer Möse gewesen. Er hat den Tod verdient. Dieses
Arschloch. Wär er jetzt hier, ich könnte ihn mit bloßen Händen erwürgen, ich
bin so betrunken, daß die Wahrheit mich erschreckt. Aber was ist schon
Wahrheit? Ein Gefühl, das vorübergeht.
16. Februar
Heute Nacht wurde
ich wach, als Serge sich an mich preßte. Er war völlig betrunken und schlief
bald ein, aber zuvor hat er mich noch geleckt, ganz gierig. Ich hätte gern mit
ihm geschlafen, seine Gier hat mir gefallen, so tierisch hab ich ihn lange
nicht erlebt. Dann kippte er einfach weg, schlief ein, mit dem Kopf zwischen
meinen Füßen. Das war um fünf Uhr morgens, ich sah auf den Wecker und bekam
Hunger. Ein paar Stunden später bekam ich Post in Form eines Briefes. Ich
hoffte, endlich etwas von Greta und Ralf zu hören, aber der Brief war von Dr.
Huytens. Von wem ich denn Post bekäme, hierher, fragte Serge in seiner
neugierigen Art. Das Klingeln des Briefträgers hatte ihn geweckt, er torkelte
schlaftrunken in die Küche, ihm entgeht einfach nichts. Das nervt. Was kümmert
das dich – fragte ich zurück, und er gab keine Ruhe, dachte wohl, ich würde
etwas vor ihm verheimlichen wollen und daß Roger der Absender sei. Ich zeigte
ihm den Brief. Da standen sieben Ziffern und
Würden Sie mich bitte anrufen?
Danke. Ergebenst, Dr. Pieter Huytens
Serge wunderte sich nicht
schlecht. Also los, ruf an, meinte er, Huytens weiß schon, was er tut. Ich
wollte ihn nicht anrufen, während Serge mir über die Schulter guckt, er
heuchelte Verständnis, aber seinem verkaterten Gesicht war anzusehen, wie viel
Arbeit dahinter im Gange war. Ich bin runter zum Strand und wählte die Nummer.
Huytens ging ran und bat mich, in seine Praxis zu kommen, möglichst sofort. Es
gebe etwas zu bereden.
*
Heute hat Kati Post
von Huytens bekommen. Sie soll Kontakt mit ihm aufnehmen. Ich weiß nicht, was
davon zu halten ist. Was geht da vor? Ich habe zu Huytens ein
Vertrauensverhältnis. Wie kann er sich so geheimnistuerisch an meine Freundin
wenden und weswegen? Andererseits – wenn Huytens hinter meinem Rücken etwas
gegen mich unternehmen wollte, würde er nicht einen solchen Brief schreiben,
von dem er ja annehmen muß, daß ich ihn zu sehen bekomme. Warum frage ich ihn
nicht einfach?
Ich habe ihn angerufen und
einfach gefragt. Er erklärte mir, daß er meinen Fall künftig mit einer Art
Paartherapie behandeln und Kati ein paar Fragen stellen wolle, ob ich etwas
dagegen hätte?
Grundsätzlich nein, sagte ich,
sofern ich darauf vertrauen könne, daß die Dinge, die ich ihm erzählt hätte,
also die gewissen Dinge, er wisse schon, unter die ärztliche Schweigepflicht
fallen. Jaja, antwortete er, selbstverständlich. Und legte auf. Wie ein
Vielbeschäftigter auflegt. Beleidigend.
Von nun an kann ich Huytens
nicht mehr vertrauen. Er spielt falsch, und ich müßte ein Idiot sein, wenn ich
nicht wüßte, daß da was im Gange ist. Zu meinem Nachteil. Ich fürchte, daß er
Kati alles sagen wird. Aber vielleicht ist das okay. Soll er ihr doch sagen,
wozu ich den Mut nie besaß. Dann muß ich es nicht mehr tun. Dann weiß sie es.
Und alles wird gut. Oder eben nicht. Wahrscheinlich ist er verliebt in sie. Man
muß in Kati verliebt – oder schon tot sein.
*
Danach war ich bei
Huytens in der Praxis. Er sprach mich beim Vornamen an, nannte mich liebe Katharina und sagte, daß er sehr froh sei, mich zu sehen. Es sei
wichtig, leider. Er fragte zuerst, ob Serge mit dem Rauchen angefangen habe.
Ihm komme es so vor. Tatsächlich hat Serge in letzter Zeit hin und wieder eine
Zigarette geraucht, ja, wieso?
Huytens schnalzte mit der
Zunge. In diesem Fall müsse das Zyprexa unbedingt durch Risperdal ersetzt
werden, denn bei Rauchern könne Zyprexa seine Wirkung verlieren. Aber das sei
nicht der primäre Grund für unsre Unterredung, nein. Ich solle ihn verstehen
und auch Serge besser verstehen lernen. Er überreichte mir dann eine Akte,
sagte dazu, daß er normalerweise nicht tun dürfe, was er da tue. Aber es gebe
einen Grund. Außergewöhnliche Umstände erforderten außergewöhnliche
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