Die letzten Tage von Pompeji
herrlich und voll wahrhaft frommer Begeisterung.«
»Isis scheint eine Lieblingsgottheit in Pompeji zu sein,« fiel Glaukus ein.
»Ja,« entgegnete Pansa, »sie steht besonders gegenwärtig in hohem Ansehen; ihre Bildsäule hat die außerordentlichen Orakel ausgesprochen. Ich bin nicht abergläubisch, und doch muß ich gestehen, daß sie mir schon mehr als einmal in meinem öffentlichen Amte herrliche Rathschläge ertheilt hat. Auch sind ihre Priester so fromm! Keine stolzen Diener des Jupiters und der Fortuna – sie gehen baarfuß, genießen kein Fleisch und verbringen den größten Theil der Nacht in der Einsamkeit mit Gebet zu.«
»In der That ein Beispiel für unsre andere Priesterschaften. Der Jupitertempel bedarf einer großen Reform,« sagte Lepidus, der bei Andern, aber auch nur bei Andern, ein gewaltiger Reformator war.
»Der Egypter Arbaces soll den Priestern der Isis einige ganz neue Mysterien mitgetheilt haben,« bemerkte Sallust; »er rühmt sich, von Ramases abzustammen, und behauptet, seine Familie sei im Besitze der Geheimnisse des entferntesten Alterthums.«
»Unstreitig ist er im Besitze der Gabe des bösen Auges,« sagte Klodius; »so oft ich dieser Medusenstirne begegne, ohne mich durch einen Zauber dagegen geschützt zu haben, verliere ich unfehlbar ein Lieblingspferd oder werfe die canes [Fußnote: Im Würfelspiel nannte man den niedersten Wurf cannes oder caniculæ . ] neunmal hintereinander.«
»Letzteres wäre in der That merkwürdig,« sagte Sallust ernsthaft.
»Wie meinst Du das?« erwiderte der Spieler erröthend.
»Ich meine, was Du mir ließest, wenn ich oft mit Dir spielte, nämlich – Nichts.«
Klodius antwortete nur durch ein verächtliches Lächeln.
»Wenn Arbaces nicht so reich wäre,« sagte Pansa mit wichtig thuender Miene, »so würde ich mein Amt ein wenig gebrauchen und untersuchen, ob das Gerede, das ihn zu einem Magier und Sterndeuter macht, Grund hat. Als Agrippa Aedil von Rom war, verbannte er alle diese gefährlichen Bürger. Aber ein reicher Mann! – Es ist die Pflicht der Aedile, die Reichen zu beschützen.«
»Was denket Ihr von jener neuen Sekte, die sogar in Pompeji einige Proselyten gemacht haben soll, – von jenen Verehrern des hebräischen Gottes – Christus?«
»Oh! dies sind bloß spekulative Träumer,« sagte Klodius, »und es befindet sich kein einziger angesehener Mann unter ihnen. Ihre Proselyten sind arme, unbedeutende und unwissende Leute!«
»Die man jedoch für ihre Gotteslästerungen kreuzigen sollte,« erwiderte Pansa hastig; »sie verläugnen die Venus und den Jupiter! Nazarener ist bloß ein anderer Name für Gottesläugner. Lasset sie nur unter meine Hände kommen!«
Der erste Gang war vorbei; die Gäste hatten sich auf ihre Ruhebetten zurückgelegt, es trat eine kurze Stille ein, während der sie auf die sanften südlichen Stimmen und auf die Töne des arkadischen Rohres hörten. Glaukus war am meisten entzückt und zur Brechung des Stillschweigens am wenigsten geneigt; aber Klodius meinte schon, daß man die kostbare Zeit verderbe.
» Bene vobis! (auf Deine Gesundheit!) mein Glaukus!« sagte er, indem er mit der ganzen Leichtigkeit eines erfahrenen Trinkers auf jeden Buchstaben in dem Namen seines Freundes einen Becher leerte. »Willst Du Dich wegen Deines gestrigen Unglücks nicht rächen? Sieh! die Würfel lächeln uns an.«
»Wie es Dir gefällig ist,« sagte Glaukus.
»Im August Würfel spielen, und ich Aedil!« [Fußnote: Alle Hazardspiele waren durch das Gesetz verboten (» Vetita legibus alea « – Horat. Od. I, 24, 3), außer während der Saturnalien im Monat December. Die Aedilen waren beauftragt, dieses Gesetz zu handhaben, das übrigens, wie alle Gesetze gegen das Spiel zu allen Zeiten, gänzlich unwirksam war. ] sprach Pansa mit einer Amtsmiene; »dies ist gegen alles Gesetz.«
»Nicht in Deiner Gegenwart, würdiger Pansa,« sagte Klodius, indem er in einer langen Büchse die Würfel schüttelte; »Deine Gegenwart wird jede Übertretung verhindern. Nicht die Sache selbst, sondern nur der Mißbrauch ist schädlich.«
»Welche Weisheit!« flüsterte der Schatten.
»Gut! so will ich nach einer andern Seite sehen,« sagte der Aedil.
»Noch nicht, guter Pansa, wir wollen warten, bis das Essen zu Ende ist,« sagte Glaukus.
Klodius gab unwillig nach und verbarg seinen Ärger unter einem Gähnen.
»Er gähnt, um das Gold zu verschlingen,« sagte Lepidus leise zu Sallust, indem er eine Stelle aus der Aulularia des
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