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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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auf.«
    Die Unterhaltung wurde nun allgemein und lebhaft; der Wein machte freier die Runde und Ione wurde wiederholt Gegenstand der Lobsprüche.
    »Statt hier länger als die Sterne zu wachen, wollen wir diejenige besuchen, vor deren Schönheit die Sterne erbleichen,« bemerkte Lepidus.
    Klodius, der keine Aussicht hatte, das Spiel wieder in Gang zu bringen, unterstützte diesen Vorschlag, und obgleich Glaukus aus Höflichkeit in seine Gäste drang, noch nicht vom Tische aufzustehen, so konnte er sich doch nicht enthalten, sie merken zu lassen, daß seine Neugierde durch die Lobpreisungen Ione's rege geworden sei. Sie beschlossen daher Alle, mit Ausnahme Pansa's und des Schattens, sich zu der schönen Griechin zu begeben. Sie brachten darum die Gesundheit des Glaukus und des Titus aus, vollzogen ihre letzten Libationen, legten ihre Sandalen wieder an, stiegen die Treppe hinab und schritten, ohne gebissen zu werden, über den wilden, auf der Schwelle abgebildeten Hund, und traten nun beim Scheine des eben aufgehenden Mondes in die noch mit Menschen angefüllten, lebhaften Straßen von Pompeji.
    Sie durchwanderten das Quartier der Goldschmiede, dessen glänzende Lichter die in den Gewölben ausgelegten Edelsteine auffingen und zurückwarfen, und gelangten endlich vor Ione's Thor. Das Vestibulum war von langen Lampenreihen erleuchtet; gestickte, purpurne Vorhänge hingen an beiden Eingängen des Tablinums herab, in welchem Wände und Mosaikboden von den reichsten Farben der Kunst strahlten; unter dem Porticus, der das balsamisch duftende Viridarium umgab, fanden sie ihre bereits von einer Menge von Verehrern und applaudirenden Gästen umringt.
    »Habt Ihr nicht gesagt, sie sei eine Athenerin?« fragte Glaukus ganz leise, ehe er in das Peristyl trat.
    »Nein, sie ist von Neapolis.«
    »Von Neapolis!« wiederholte Glaukus, und in diesem Augenblick trennte sich die Gruppe, die Ionen umgab, und er sah plötzlich jene nymphenartige Schönheit wieder, die seit Monaten auf die Wogen seiner Erinnerungen hingeleuchtet hatte.

Viertes Kapitel.
Der Isistempel – Dessen Priester – Der Charakter des Arbaces entwickelt sich.
    Unsere Erzählung führt wieder auf den Egypter zurück. Wir verließen Arbaces am Nachmittage am Meeresufer, nachdem er von Glaukus und seinen Freunden hinweggegangen war. Als er sich dem besuchtesten Theile des Meerbusens näherte, blieb er stehen und betrachtete diese belebte Scene mit gekreuzten Armen und einem bittern Lächeln auf seinem düstern Angesichte.
    »Thoren, Kurzsichtige und Narren, die ihr seid!« murmelte er leise bei sich selbst; »möget ihr den Geschäften oder dem Vergnügen, dem Handel oder der Religion euch widmen, ihr seid immer die Spielbälle der Leidenschaften, die ihr beherrschen solltet! Wie müßtet ihr mich anekeln, wenn ich euch nicht haßte; ja, ich hasse euch! Griechen oder Römer! – von uns, von der dunklen Weisheit Egyptens, habt ihr das Feuer gestohlen, das euch Seelen gibt – eure Wissenschaft – eure Poesie – eure Gesetze – eure Künste – eure barbarische Meisterschaft im Kriege; Alles (wie klein und verstümmelt im Vergleich zu dem gewaltigen Original) – habt ihr uns gestohlen, wie ein Sklave die Überbleibsel eines Gastmahls. Und jetzt seid ihr , ihr Nachäffer von Nachäffern, ihr Römer, die ausgeschossene Heerde von Räubern! – ihr seid unsere Herren! die Pyramiden blicken nicht mehr auf das Geschlecht des Ramases herab, der Adler schwebt über die Schlange des Nils hin. Unsere Herren? Nein, nicht die meinigen. Meine Seele ist euch durch die Macht der Weisheit überlegen, beherrscht euch und legt euch unsichtbare Fesseln an. So lange die List über die Stärke siegen und die Religion eine Höhle besitzen wird, aus deren Innerem die Orakel das Menschengeschlecht täuschen können, beherrscht der Weise die Erde. Selbst aus euern Lastern bereitet sich Arbaces Genüsse, die kein gemeines Auge entweiht – unermeßliche, reiche, unerschöpfliche Genüsse, die euer entnervtes Gemüth in seiner geistlosen Sinnlichkeit weder begreifen noch ahnen kann. Fahret in eurem Streben nur fort, ihr Sklaven des Ehrgeizes und der Habsucht; euer kleinlicher Durst nach Fasces, Quästuren und allen Mummereien der knechtischen Gewalt erregt nur mein Lachen und meinen Hohn. Meine Macht reicht so weit, als die Menschen glauben ; ich herrsche selbst über Seelen, die der Purpur umhüllt. Theben mag fallen und Egypten nur noch ein Name sein; die Welt selbst liefert dem Arbaces

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