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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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neudurchglühte Strahlen baden
Sich an den cyprischen Gestaden;
Und durch die grünen Wipfel zittert
Ein neues Leben luftumwittert,
Ein Leben, das mit Glutverlangen
Sogleich die ganze Welt umfangen.
Heil dir, Heil!
Ihr huldigten des Meeres Tiefen,
Die Reife ihr am Sternenzelt,
In ihrem hohen Schweigen riefen
Sie: Heil der Königin der Welt!
Heil dir, Heil!
Der Zephyr schwamm auf Silberlocken
An sie heran mit Liebeslust, [Fußnote: Nach der Mythologie der Alten entstieg Venus dem Meere in der Nähe von Cypern, wohin sie sodann von den Zephyren geweht wurde. Hier warteten die Jahreszeiten ihrer, um sie zu bewillkommnen. ]
Und koste mit den goldnen Locken
Und koste mit der Schwanenbrust.
Und auf des Ufer's weichem Sand
Drehn sich die Horen Hand in Hand,
Sie zu empfangen auf der Erden,
Die ihr soll unterwürfig werden.
     
2.
Sieh, wie sie in der Muschel ruht,
Die Königsperle in der Flut!
Und dieser Muschel Rosenschimmer
Sich auf dem Schnee des Nackens gießt,
Und mit verschämten Glutgeflimmer
Die zarten Glieder überfließt.
Indem sie leise durch die Tänze
Der Silberwogen ringt,
Der Tochter seine Freudenkränze
Das Licht entgegenschlingt.
Heil, Heil!
Dein sind wir Alle für und für,
Kein Ländchen auf dem Land ist hier,
Kein Tropfen in den Meeren,
Kein Seufzer in des Himmels Plan,
Und keine Perle in dem Thau,
Die dein nicht ewig wären.
     
3.
Und du, Geliebte, die ich meine,
Mir ist, als müßt ich aus dem Scheine,
Dem tiefen, deiner blauen Augen,
Die Göttin in das Herz mir saugen.
Die Lieder sind die Muschelschaale,
Worin die junge Liebe glüht;
Sieh, wie sie mir mit Einemmale
Aus dem Gehäus entgegensprüht!
Heil, Heil, Heil!
Sie steigt, wie sie der See entstiegen,
Ins Herz hinab aus deinen Zügen,
Ins Herz hinab, ins Herz hinab.
Sie steigt wie sie der See entstiegen
Ins Herz hinab aus deinen Zügen,
Ins Herz hinab, ins Herz hinab.
     
     

Drittes Kapitel.
Die Christenversammlung.
    Gefolgt von Apäcides, erreichte der Nazarener das Ufer des Sarnus. Dieser Fluß, der heutzutage zu einem Bächlein eingeschrumpft ist, stürzte sich damals munter in das Meer, bedeckt mit zahllosen Fahrzeugen und aus seinen Wogen die Gärten, die Weinberge, die Paläste und die Tempel von Pompeji zurückwerfend. Von seinen geräuschvolleren und besuchteren Gestaden wandte Olinth seine Schritte einem Pfade zu, der in geringerer Entfernung vom Flusse unter dem Schatten von Bäumen sich hinabschlängelte. Dieser Weg war des Abends ein Lieblingsplätzchen der Pompejaner, während der Hitze und Lasten des Tages aber selten besucht, außer etwa von einigen Gruppen spielender Kinder, einem nachdenkenden Poeten oder einigen streitsüchtigen Philosophen. Auf der vom Ufer entferntesten Seite tauchten unter dem zarteren und schwindenden Laubwerk mehre Buchsbäume auf, und diese waren in tausend wunderliche Gestalten geschnitten, indem sie bald Faunen und Satyre, bald die Nachahmung egyptischer Pyramiden, bisweilen auch die Buchstaben darstellten, welche den Namen eines beim Volke beliebten oder hochgestellten Bürgers bildeten. So ist der falsche Geschmack ebenso alt als der reine, und die Kaufleute, welche sich vor hundert Jahren nach Hackney und Paddington zurückzogen, ahnten vielleicht nicht, daß sie zu ihren verstümmelten Eibenbäumen und ihrem ausgeschnittenen Buchs in der versteinerten Periode des römischen Alterthums, in den Gärten Pompeji's und den Villen des so schwer zu befriedigenden Plinius ihre Vorbilder finden konnten.
    Dieser Spaziergang war jetzt, wo die Mittagssonne senkrecht durch das bunte Laub herabbrannte, gänzlich verlassen. Wenigstens brachen keine andere Gestalten als die des Olinth und des Priesters auf die Einsamkeit herein. Die Beiden setzten sich auf eine der Bänke, die in gewissen Entfernungen in der Weise zwischen die Bäume gestellt waren, daß unsern Freunden die schwache Brise, die langsam vom Flusse herkam, ins Gesicht wehte, dessen Wellen vor ihnen tanzten und funkelten; – ein eigenthümliches und merkwürdig contrastirendes Paar! – ein Bekenner des jüngsten und ein Priester des ältesten Cultus der Welt!
    »Bist Du,« fragte Olinth, »glücklich gewesen, seit Du mich so plötzlich verlassen? Hat Dein Herz seine Zufriedenheit gefunden unter diesem priesterlichen Gewande? Hast Du in Deinem Verlangen nach der Stimme Gottes etwas gehört, daß sie Dir aus den Orakeln der Isis Trost zuflüsterte? Dieser Seufzer, dieses abgewandte Gesicht, geben mir diejenige Antwort, die meine Seele

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